Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 308/1996 vom 05.07.1996

Finanzplanungsrat

Der Finanzplanungsrat trat am 12. Juni 1996 unter Vorsitz des Bundesministers der Finanzen, Dr. Theo Waigel, und unter Teilnahme des Mitglieds des Direktoriums der Deutschen Bundesbank, Prof. Dr. Ottmar Issing, zu seiner 83. Sitzung zusammen.

Der Finanzplanungsrat erörterte den Haushaltsabschluß 1995, die Haushaltsentwicklung 1996 sowie die Gestaltung der Haushalte 1997 und der Finanzpläne bis 2000. Des weiteren wurden die Berichte zum Fortschritt der Haushaltssanierung in der Freien Hansestadt Bremen und im Saarland für das Jahr 1995 sowie die Vorarbeiten zur Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) beraten. Die Mitglieder des Finanzplanungsrates stellten fest:

Die deutsche Wirtschaft befindet sich noch in einer Phase der Wachstumsschwäche. Die wirtschaftlichen Auftriebskräfte dürften jedoch im weiteren Verlauf dieses Jahres wieder an Kraft gewinnen, denn die binnen- und außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für ein inflationsfreies Wachstum haben sich verbessert. Aus heutiger Sicht werden insbesondere die Auslandsnachfrage, aber auch der Private Verbrauch die Stützen der wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung sein. Auch bei einer wirtschaftlichen Belebung wird sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt aber kaum entspannen und insbesondere die Sockelarbeitslosigkeit unerträglich hoch bleiben. Deshalb wird die kritische Lage auf dem Arbeitsmarkt weiterhin äußerste Anstrengungen der Politik und der Tarifpartner erfordern.

In den neuen Ländern hat sich die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung erheblich abgeschwächt. Eine Hypothek für den Aufbau der ostdeutschen Wirtschaft sind insbesondere die - gemessen an der Produktionsentwicklung - zu hohen Lohnsteigerungen, die vor allem im Verarbeitenden Gewerbe die Wettbewerbsfähigkeit stark beeinträchtigen. Das Wirtschaftswachstum in Ostdeutschland hat nach wie vor noch keine hinreichende Eigendynamik entfaltet. "Konjunkturlokomotive" in Ostdeutschland war in den vergangenen Jahren die Bauwirtschaft, die diese Rolle aber ab 1996 nicht mehr zu spielen vermag. Die industrielle Basis ist in den neuen Ländern eindeutig zu schmal, um eine selbsttragende Wirtschaftsentwicklung gewährleisten zu können.

In der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen betrug das Staatsdefizit 1995 3,5 v.H. des Bruttoinlandsproduktes. Bestimmende Ursachen hierfür waren beträchtliche Steuermindereinnahmen, die auch durch entsprechende Konsolidierungsanstrengungen der Gebietskörperschaften nicht vollständig aufgefangen werden konnten, sowie ein Defizit in der Sozialversicherung. Aus heutiger Sicht wird das Staatsdefizit in der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung auch 1996 rd. 3 ½ v.H. des Bruttoinlandsproduktes betragen. Bund, Länder und Gemeinden sind sich einig, durch strikte Ausgabendisziplin und durch wirtschaftliches Wachstum das Defizit zurückzuführen.

Die Haushaltsentwicklung bei Bund, Ländern und Gemeinden ist 1996 durch Steuermindereinnahmen in bisher nicht gekanntem Ausmaß aufgrund der Wachstumsschwäche und der Auswirkungen von Steuerrechtsänderungen der letzten Jahre geprägt. Deshalb müssen konsequent Einsparmöglichkeiten in den Haushalten zur Begrenzung der Nettokreditaufnahme genützt werden.

Ziel muß es sein, das jährliche Ausgabenwachstum der öffentlichen Hand mittelfristig auf etwa 2 v.H. zu begrenzen. Nachhaltig wirkende strukturelle Eingriffe zur Ausgabenbegrenzung aller öffentlichen Haushalte sind ebenso notwendig wie eine konsequente Durchforstung von Steuervergünstigungen und Steuerprivilegien. Für 1997 müssen sich die Ausgaben für Bund, Länder und Gemeinden insgesamt an dem Ausgabenrahmen des Jahres 1996 orientieren. Eine stabilitätsorientierte Haushaltspolitik ist notwendig, um das Vertrauen in die Finanzpolitik im In- und Ausland zu sichern. Entscheidend ist die Konsolidierung der Haushalte aller Gebietskörperschaften und der Sozialversicherungssysteme. Insbesondere müssen die konsumtiven Ausgaben einschließlich der Personalausgaben energisch begrenzt werden. Eine Senkung der Gesamtabgabenbelastung ist eine weitere notwendige Maßnahme zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland. Steuerrechtsänderungen dürfen nach Auffassung aller Länder nicht ohne finanziellen Ausgleich für die Haushalte von Ländern und Gemeinden erfolgen. Konsens besteht, daß die außerordentlich hohen Lohnzusatzkosten als wichtige Ursache für die hohen Arbeitskosten zu senken sind.

Im Finanzplanungsrat wurden auch die Sanierungsberichte der Freien Hansestadt Bremen und des Saarlandes für 1995 erörtert, die nach Art. 33 § 11 Abs. 6 des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms dem Bundesministerium der Finanzen und den obersten Finanzbehörden der Länder jährlich zu erstatten sind. Beide Länder haben die Sanierungsauflagen nach der Verwaltungsvereinbarung zur Sanierung der Haushalte für Bremen und Saarland erfüllt. Der Ausgabenanstieg lag 1996 im Saarland und in Bremen unter dem durchschnittlichen Zuwachs in den alten Ländern einschließlich ihrer Gemeinden. Insgesamt haben die Freie Hansestadt Bremen und das Saarland damit den in der Verwaltungsvereinbarung zur Sanierung der Haushalte übernommenen eigenen Beitrag zur Sanierung erbracht. Angesichts der zu erwartenden Steuermindereinnahmen bleibt die finanzielle Situation der beiden Länder jedoch sehr kritisch. Der Finanzplanungsrat fordert deshalb beide Länder auf, ihre Sanierungsanstrengungen und Umstrukturierungsbemühungen zu verstärken, um in den kommenden Jahren eine spürbare Erhöhung der Nettoschuldentilgung zu erreichen.

Im Finanzplanungsrat wurde ein Sachstandsbericht über die Vorbereitungen zur Einführung der europäischen Währung im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion gegeben. Bund, Länder und Kommunen sind sich über die Notwendigkeit einig, die Vorarbeiten für die spätere Umstellung von DM auf Euro im öffentlichen Sektor zügig in Angriff zu nehmen.

Der Bund kündigt an, in Kürze einen Vorschlag zur innerstaatlichen Umsetzung der EU-Vorgaben zur Diskussion zu stellen. Die Länder sind bereit, sich an dieser Diskussion konstruktiv zu beteiligen.

Az.: V-900-04

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