Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 390/2014 vom 23.06.2014

Finanzierung von Reservekraftwerken

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat ein Gutachten über die finanziellen Auswirkungen eines dezentralen Leistungsmarktes auf den deutschen Strommarkt vorgestellt. Mit der Einführung eines solchen Marktes soll die Bereitstellung gesicherter Leistung aus konventionellen Kraftwerken zusätzlich zu den Erlösen aus dem Stromverkauf honoriert werden, so dass diese künftig wieder wirtschaftlich betrieben werden können. Ergebnis des Gutachtens ist, dass in den Anfangsjahren zwar Mehrkosten notwendig wären, sich diese Investitionen jedoch schnell durch dann deutlich geringere Systemkosten auszahlen. Aus kommunaler Sicht ist der Ansatz sinnvoll, damit vor allem neue, flexible und umweltfreundliche Gaskraftwerke wieder rentabel betrieben werden können und die Versorgungssicherheit in Deutschland garantiert bleibt.

Unter dem Leistungsmarkt kann man sich einen neuen Marktplatz vorstellen, der neben dem bereits bestehenden Energy-Only-Markt (EOM) die durch konventionelle Kraftwerke vorgehaltene Leistung vergütet. Kraftwerksbetreiber würden damit ein Entgelt schon für die Bereitstellung der von ihren Anlagen gesicherten Leistung erhalten. Ziel des Leistungsmarktes ist es, dass konventionelle Kraftwerke, insbesondere neue, flexible und umweltfreundliche Gaskraftwerke, die als Reservekraftwerke neben den erneuerbaren Energien für die Versorgungssicherheit benötigt werden, wieder verstärkt zum Einsatz kommen und wieder wirtschaftlich betrieben werden können. Der VKU hatte sich bereits im März 2013 für die Einführung eines solchen Leistungsmarktes im Rahmen eines integrierten Energiemarktes der Zukunft für die Energiewende ausgesprochen.

Hintergrund

Der starke Anstieg der erneuerbaren Energien ist derzeit mit erheblichen Auswirkungen auf die Rentabilität von konventionellen Kraftwerken verbunden. In Zeiten, in denen viel EEG-Strom produziert wird, verdrängt dieser EEG-Strom den Strom aus den zunächst teuersten konventionellen Kraftwerken und senkt so über den sog. „Merit-Order-Effekt“ deren Preise an der Börse. Der Strom aus EEG-Anlagen wird damit zu günstigeren Konditionen angeboten als Strom aus konventionellen Kraftwerken. Dadurch kommen insbesondere neue, flexible und umweltfreundliche Gaskraftwerke immer weniger zum Einsatz und können kaum noch wirtschaftlich betrieben werden.

Für eine Vielzahl an Energieversorgungsunternehmen hat sich die Wirtschaftlichkeit ihrer konventionellen Erzeugungsanlagen dadurch grundlegend verschlechtert. Die aktuellen Preise am Strommarkt in Verbindung mit weiter zurückgehenden Einsatzzeiten führen zu fehlenden Deckungsbeiträgen. Bestandsanlagen kommen so in wirtschaftliche Schieflagen. Die Betreiber versuchen, nicht lukrative Kraftwerke vom Netz zu nehmen. Eine Vielzahl an Unternehmen haben Planungen zum konventionellen Kraftwerkspark zurückgestellt oder aufgegeben.

Ergebnis des Gutachtens

Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die Einführung des Leistungsmarktes bezüglich der Systemkosten und auch aus Verbrauchersicht vorteilhaft ist. Anfänglich - etwa bis 2022 - lägen die Systemkosten leicht über dem Szenario ohne Leistungsmarkt, da höhere Fixkosten für die Anlagen im Bestand zu tragen wären. Die Kosten fielen jedoch langfristig, also über den Betrachtungshorizont von 2014 bis 2034 hinaus, geringer aus als bei Fortführung des derzeitigen Marktmodells.

Der Leistungsmarkt gewährleiste Versorgungssicherheit und liefere stabile Preissignale für die Bereitstellung von elektrischer Leistung. Da dadurch hohe und häufige Knappheitspreise im EOM verhindert werden können, könne im Gesamtsystem Kosten gespart werden. Die Systemkosten würden laut Gutachten bis 2034 um etwa 24 bis 27 Milliarden Euro sinken, was etwa 2,1 bis 2,3 Euro pro Megawattstunde entspräche. Für Verbraucher würden die Kosten bis 2034 auf insgesamt 25 bis 41 Milliarden Euro fallen. Dies entspräche einer spezifischen Verbraucherentlastung von 2,2 bis 3,5 Euro pro Megawattstunde.

Anmerkung

Auch die Städte und Gemeinden sind von der derzeitigen, wirtschaftlich schwierigen, Ausgangssituation für den Betrieb konventioneller Kraftwerke unmittelbar betroffen. Derartige Kraftwerke sind vielerorts nur noch mit Verlusten zu betreiben. Bereits getätigte Planungen und Investitionen werden aufgegeben oder zurückgestellt. Für die Eigentümer-Kommunen hat dies erhebliche Einnahmeverluste zur Folge, die nur schwer wieder ausgeglichen werden können.

Aus kommunaler Sicht muss daher ein neues Energiemarktdesign entwickelt werden, das der Rolle der konventionellen Energieträger im deutschen Energiemix ausreichend Rechnung trägt. Um die Versorgungssicherheit auf dem bisher hohen Niveau zu halten und sicherzustellen, sind insgesamt langfristige, sichere Planungs- und Investitionsbedingungen notwendig. Dabei muss vor allem sichergestellt werden, dass sich der Betrieb der hocheffizienten, flexiblen und klimafreundlichen Gaskraftwerke wieder lohnt.

Das vom VKU verfolgte Entlohnungsmodell, das Anreize für Kraftwerksbetreiber schaffen und den wirtschaftlichen Betrieb dieser Reservekapazitäten sicherstellen will, ist hierfür ein sinnvoller Ansatz. Zudem müssen auch Betreiber von EEG-Anlagen mehr Verantwortung für die Versorgungssicherheit übernehmen und künftig dazu beitragen, dass eine verlässliche Stromproduktion trotz Schwankungen garantiert wird. Die Bundesregierung ist gefordert, das neue Energiemarktdesign als nächsten Schritt nach der EEG-Reform auf den Weg zu bringen.

Az.: II/3 811-00/8

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