Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr

StGB NRW-Mitteilung 735/2003 vom 10.09.2003

Fahrradparken

Das Abschleppen von Fahrrädern im öffentlichen Verkehrsraum ist rechtlich weitgehend geregelt. Hier hat das VG Lüneburg zuletzt mit Urteil vom 25.9.2002 festgestellt, das für einen Bahnhofsbereich angeordnete "eingeschränkte Halteverbot für eine Zone" auch für Radfahrer erstrecke sich nicht auf das Abstellen von Fahrrädern auf öffentlichen Verkehrsflächen, die ausschließlich Fußgängern vorbehalten seien.

Das OVG Lüneburg hat mit Urteil vom 6. Juni 2003 dieses Urteil bestätigt und ausgeführt:

"Das von der Beklagten für den Bahnhofsbereich angeordnete eingeschränkte Haltverbot für eine Zone mitsamt den angebrachten Zusatzschildern erfasst nicht das Abstellen von Fahrrädern auf den der Fußgängernutzung vorbehaltenen Flächen. Dabei ist es unerheblich, ob der Vorbehalt für die Fußgängernutzung seine Grundlage in einer ausdrücklichen Widmung als Fußweg hat, wie dies für den Bereich vor dem Hauptportal des Bahnhofsgebäudes der Fall ist, oder sich lediglich aus einer baulichen Ausgestaltung als Gehweg in den übrigen als Ortsstraße gewidmeten Teilen des Bahnhofsgeländes ergibt. Dieses Ergebnis folgt zwar nicht eindeutig aus dem Wortlaut des § 41 Abs. 2 Nr. 8 StVO, wohl aber aus einer an der Entstehungsgeschichte, dem Bedeutungszusammenhang und dem Zweck dieser Vorschrift orientierten Auslegung.

Nach dem Wortlaut des § 41 Abs. 2 Nr. 8 StVO verbietet das eingeschränkte Haltverbot nach Zeichen 286 das Halten auf der Fahrbahn über drei Minuten, ausgenommen zum Ein- oder Aussteigen oder zum Be- oder Entladen. Das Zusatzschild „auch auf Seitenstreifen“ (hinter Zeichen 283) kann auch hier angebracht sein

Hiernach kann die von der Beklagten befürwortete Erstreckung des Geltungsbereichs eines angeordneten eingeschränkten Zonenhaltverbots auch auf das Abstellen von Fahrrädern auf Gehwegen nicht als von vornherein ausgeschlossen angesehen werden. Denn Fahrräder unterfallen - abgesehen von Kinderfahrrädern im Sinne des § 24 Abs. 1 StVO - unbestritten dem Fahrzeugbegriff der Straßenverkehrsordnung. Ebenso gelten für Fahrräder, sofern sie gemäß § 2 Abs. 1 und 4 StVO auf Fahrbahnen geführt werden, die straßenverkehrsrechtlichen Halt- und Parkregelungen, etwa das Zeichen 286. Auch daran, dass Gehwege öffentliche Verkehrsflächen darstellen, kann ein Zweifel nicht bestehen.

Diese Begrenzung der nach dem Wortlaut möglichen Normauslegung findet ihre Rechtfertigung zunächst in der Entstehungsgeschichte der in § 41 Abs. 2 Nr. 8 StVO zu den Zeichen 290 und 292 enthaltenen Regelungen. (wird ausgeführt)

Die Auslegung nach dem Bedeutungszusammenhang der in § 41 Abs. 2 Nr. 8 StVO enthaltenen Regelungen zu den Zeichen 290 und 292 spricht – wovon das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeht - ebenfalls für die Annahme eines gegenüber dem weiten Wortlaut eingeschränkten Bedeutungsgehaltes der Vorschrift. (wird ausgeführt).

Zwingender ist denn auch eine andere gesetzessystematische Überlegung: Die Aufgabe des Zeichens 286 besteht darin, die Fahrbahn an bestimmten Stellen für den fließenden Verkehr von Behinderungen durch haltende und parkende Fahrzeuge - inklusive Fahrrädern - freizuhalten, es richtet sich mithin nur an den Fahrverkehr auf der Fahrbahn. Hingegen sollen die Zeichen 290 und 291 über eine bloße Bündelung mehrerer eingeschränkter Haltverbote hinaus auch diejenigen öffentlichen Verkehrsflächen erfassen, die nach den allgemeinen Vorschriften für den ruhenden Verkehr bestimmt sind. Auszugehen ist dabei von § 12 Abs. 4 StVO als der Grundvorschrift für den ruhenden Verkehr. Aus dieser Vorschrift ergibt sich für Kraftfahrzeuge das Verbot, auf Gehwegen zu parken oder zu halten, etwas anderes gilt nur in den Fällen einer ausnahmsweisen Gestattung durch das Zeichen 315 oder durch eine Markierung nach § 41 Abs. 3 Nr. 7 StVO. Abgesehen von diesen Ausnahmen können Gehwegflächen daher insoweit mangels ihrer Bestimmung für den ruhenden Verkehr auch nicht in ein eingeschränktes Haltverbot für eine Zone einbezogen sein.

Hinsichtlich des Abstellens von Fahrrädern auf Gehwegflächen gilt nichts anderes. Denn dieses wird von dem in § 12 Abs. 4 StVO enthaltenen grundsätzlichen Verbot des Haltens und Parkens auf Gehwegen überhaupt nicht erfasst, vielmehr handelt es sich dabei – wie das Verwaltungsgericht zu Recht feststellt – um eine straßenverkehrsrechtlich grundsätzlich zugelassene Nutzung jenseits der Reglementierung des ruhenden Verkehrs auf Gehwegen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass Fahrräder – obschon Fahrzeuge im Sinne der Straßenverkehrsordnung – gemäß § 25 Abs. 1 und 2 StVO Gehwege benutzen dürfen, wenn sie dort geschoben werden. Auch gehen von abgestellten Fahrrädern – anders als dies etwa bei Motorrädern der Fall ist – für Fußgänger in der Regel keine durch die allgemeinen Regelungen des Straßenverkehrsrechts und des Ordnungsrechts nicht beherrschbare Gefahren aus. So ist denn auch im Zusammenhang mit der Frage der Rechtmäßigkeit eines auf der Fahrbahn eingerichteten Fahrradabstellplatzes das Abstellen von Fahrrädern auf dem Gehweg als Regelfall angesehen worden.

Eine Anwendbarkeit des eingeschränkten Haltverbots für eine Zone auf das Abstellen von Fahrrädern auf Fußgängerflächen liefe weiterhin dem objektiv erkennbaren Zweck der in § 41 Abs. 2 Nr. 8 StVO zu den Zeichen 290 und 292 enthaltenen Regelungen zuwider. Denn diese sollen eine flexible und sinnvolle Regelung des ruhenden Verkehrs ermöglichen. Dieser Zielrichtung entgegen würde durch ein verkehrsrechtliches Verbot des Abstellens von Fahrrädern auf Fußgängerflächen der ohnehin knappe Parkraum für Kraftfahrzeuge weiter verringert. Hierauf hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen in seiner an den Senat gerichteten Stellungnahme vom 8. April 2003 zu Recht hingewiesen.

Zur weiteren Vertiefung der Problematik wird auf den Aufsatz von Ketteler, Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht 2003, S. 209 ff. verwiesen. Dort sind die Handlungsmöglichkeiten der Kommune bereits aufgeführt. Die Grenze des Tätigwerdens liegt offensichtlich da, wo mit dem Aufstellen von Fahrrädern Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung verbunden sind. Planerische und gestalterische Maßnahmen können dazu beitragen, daß das Problem in einem erträglichen Rahmen bleibt. Rechtsprechung und Literatur legen darüber hinaus offensichtlich Wert darauf, daß auch die Laufwege, also die wesentlichen Relationen des Fußgängerverkehrs, deutlich erkennbar sind. Wenn dies erfolgte, sind auch die ordnungsrechtlichen Handlungsmöglichkeiten rechtssicher umsetzen."

Diese Rechtssituation ist aus Sicht der Geschäftsstelle gerade für radverkehrsfreundliche Städte und Gemeinden unbefriedigend, denn sie erfordert vielfach einen hohen, kostenintensiven Gestaltungsaufwand, der mit anderen städtebaulichen Belangen kollidieren kann. Die Geschäftsstelle hat daher den Deutschen Städte- und Gemeindebund aufgefordert zu prüfen, durch welche gesetzgeberischen Maßnahmen diese Lücke in der StVO geschlossen werden kann.

Az.: III/1 642 - 39

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