Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 257/2003 vom 24.03.2003

Europäisches Gericht zur Investition öffentlicher Mittel

Das Europäische Gericht erster Instanz hat im so genannten WestLB-Fall (verbundene Rechtssachen T-228/99 und T-233/99) entschieden, dass eine rechtswidrige staatliche Beihilfe auch dann vorliegen kann, wenn öffentliche Mittel in ein rentables Unternehmen investiert werden. Eine solche Beihilfe liegt nach Auffassung des Gerichts dann vor, wenn die vom Staat für eine solche Anlage geforderte Rendite niedriger ist als diejenige, die ein privater, marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber für eine vergleichbare Anlage verlangt hätte.

Trotzdem hat das EuG die Entscheidung der Europäischen Kommission für nichtig erklärt, wonach von der WestLB 807.700.000 Euro als rechtswidrige Beihilfe zurückzufordern sein sollten. Nach Ansicht des Gerichts hat die Kommission den Bezugssatz, anhand dessen sie die von der WestLB an das Land NRW gezahlte Vergütung als unangemessen eingestuft hat, nicht hinreichend begründet.

Durch Gesetz vom 18. Dezember 1991 übertrug das Land NRW die Wohnungsbauförderungsanstalt des Landes (WfA), eine Anstalt des öffentlichen Rechts, deren alleiniger Anteilseigner das Land NRW war und deren Aufgabe es war, finanzielle Hilfen für den Wohnungsbau zu gewähren, auf die Westdeutsche Landesbank Girozentrale (WestLB), eine Kreditanstalt des öffentlichen Rechts. Mit der Übertragung ging keine Erhöhung der Beteiligung des Landes NRW an der WestLB einher; es war jedoch vorgesehen, dass das Land NRW ab Januar 1992 ein Entgelt für das eingebrachte Kapital erhalten sollte, das auf einen Satz von 0,6 % nach Steuern pro Jahr festgesetzt wurde. Aufgrund einer Beschwerde des Bundesverbandes deutscher Banken stufte die Europäische Kommission am 8. Juli 1999 die beanstandete Transaktion als rechtswidrige und mit dem gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe ein. Sie hielt insbesondere die Vergütung, die das Land NRW als Gegenleistung für die WfA-Übertragung erhielt, für nicht angemessen. Ihrer Ansicht nach hätte sich eine marktkonforme Vergütung für einen Teil des der WestLB übertragenen Vermögens auf 9,3 % nach Steuern pro Jahr belaufen müssen. Für den Zeitraum 1992 - 1998 setzte sie den Unterschied zwischen der marktkonformen Vergütung und derjenigen, die das Land NRW tatsächlich erhalten habe, auf insgesamt 1.579.700.000 DM (807.700.000 Euro) an. Nach Auffassung der Kommission stellt diese Zahl somit den Gesamtbetrag der Beihilfe dar, die Deutschland von der WestLB zurückfordern müsse.

Das Gericht geht in seinem Urteil u.a. der Frage nach, ob die Kommission nach den einschlägigen Gemeinschaftsbestimmungen der Auffassung sein durfte, dass die WfA-Übertragung eine staatliche Beihilfe darstellt. Es geht in seiner Entscheidung davon aus, dass eine rechtswidrige staatliche Beihilfe auch dann vorliegen kann, wenn öffentliche Mittel in ein rentables Unternehmen investiert werden. Eine solche Beihilfe liegt dann vor, wenn die vom Staat für eine solche Anlage geforderte Rendite niedriger ist als diejenige, die ein privater, marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber für eine vergleichbare Anlage verlangt hätte (sog. market-economy-invester-test). Die Kommission habe insoweit die Durchschnittsrendite für Anlagen in dem betroffenen Sektor berücksichtigen dürfen, um die angemessene Vergütung festzustellen, die das Land NRW für die Zufuhr öffentlicher Mittel an die WestLB hätte erhalten müssen.

Das Gericht stellt jedoch auch fest, dass die Kommission entgegen ihrer Begründungspflicht den Renditesatz von 9,3 %, den sie konkret als angemessene Vergütung angibt, hinsichtlich zweier Aspekte nicht ausreichend begründet hat. Dies betrifft zum einen die Höhe des Grundrenditesatzes, d. h. die Durchschnittsrendite für Anlagen im Bankensektor, und zum anderen den Aufschlag, der auf diesen Satz vorgenommen worden ist, um den Besonderheiten der Transaktion Rechnung zu tragen. Zum Grundrenditesatz führt das Gericht aus, die Kommission habe nur die ihrer Wahl zugrunde liegenden Informationsquellen aufgezählt, ohne aber die wesentlichen Erwägungen darzulegen, die sie zu dieser Wahl veranlasst hätten. Die Entscheidung lasse auch die Überlegungen der Kommission in Bezug auf die Wahl der Höhe des Aufschlagsatzes nicht klar erkennen. Das Gericht erklärt deshalb die Entscheidung der Kommission angesichts der wesentlichen Bedeutung, die diesen Aspekten darin zukomme, für nichtig.

Das Urteil kann im Internet unter curia.eu.int/jurisp/cgi-bin/form.pl mit Hilfe der Eingabe des Aktenzeichens T-228/99 abgerufen werden.

Der für das Beihilferecht zuständige Wettbewerbskommissar Monti kündigt nach dem Urteil eine neue Entscheidung der Europäischen Kommission im Verfahren WestLB an. Außerdem ist nach seiner Auffassung nunmehr der Weg frei, um die Fälle von ähnlich gelagerten Kapitaleinlagen in sechs weiteren deutschen Landesbanken zu entscheiden.

Az.: IV/1 961-08

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