Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr

StGB NRW-Mitteilung 545/1997 vom 05.11.1997

Europäische Leitlinien für Beschäftigungspolitik

Die Mitgliedstaaten der EU sollen die derzeit günstigen Wachstumsaussichten als Chance zu durchgreifenden Strukturreformen ihrer Beschäftigungssysteme nutzen. Die folgenden Leitlinien (der Europäischen Kommission zum Beschäftigungsgipfel am 21. November 1997 in Luxemburg) fordern nicht zu höheren Ausgaben, sondern zu einer Neuordnung der Ausgaben, einer Reform der Leistungs- und Steuersysteme und einem Übergang von passiven Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu aktiven Maßnahmen auf , um mit den heutigen Haushaltsmitteln einen maximalen Erfolg erzielen zu können. Insbesondere wird eine Änderung der Politik angestrebt, um die Investitionsfähigkeit und -bereitschaft der Unternehmen zu steigern und den Menschen die Möglichkeit zu bieten, sich vielseitige neue Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen und so mit dem technischen Wandel Schritt zu halten.

Die wirtschaftliche Erholung soll also mit der Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze und stabilen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen einhergehen. Nach Ansicht der Kommission sollten sich die Mitgliedstaaten auf folgende Schwerpunkte konzentrieren:

a/ Unternehmergeist,

b/ Beschäftigungsfähigkeit,

c/ Anpassungsfähigkeit und

d/ Chancengleichheit.

Diese Maßnahmen müssen sich in ein Gesamtkonzept und in eine Gesamtstrategie einfügen. Das längerfristige Ziel der EU muß die schrittweise Erreichung einer Erwerbsquote von 70 % sein, die der Quote der wichtigsten Handelspartner entspricht.

Im Mittelpunkt stehen Maßnahmen, die auf Erfahrungen und vorbildlichen Verfahren der Mitgliedstaaten beruhen, so daß erwartet werden kann, daß diese auch greifen und zusätzlichen Nutzen bieten, wenn auch ehrgeizige Zielvorgaben anvisiert sind, um die Entscheidungsträger aller Ebenen zum Handeln anzuspornen.

zu a/ Der Unternehmergeist

Die Förderung des Unternehmergeistes bedeutet die Schaffung eines Klimas, in dem Unternehmen gedeihen und Menschen ermuntert werden, ihre kreative Energie und neue Ideen in vollem Umfang zu nutzen und dadurch neue Arbeitsplätze zu schaffen. Örtliche Beschäftigungsinitiativen und regionale Beschäftigungspakete, die alle Beteiligten auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene in einer umfassenden Partnerschaft zusammenführen, haben sich als besonders erfolgreich erwiesen. Die Lehren aus diesen erfolgreichen Experimenten sollen als Teil eines umfassenden Anstoßes der lokalen und regionalen Entwicklung in der gesamten EU gefördert werden. Außerdem soll die EU neue Technologien und Innovationen zum Auf- und Ausbau von Unternehmen und zur Förderung umweltpolitisch tragfähiger Produktionsverfahren und Verbrauchsgewohnheiten nutzen.

Weitere Anstrengungen sind aus der Sicht der Kommission jedoch erforderlich:

Leichtere Gründung und Führung von Unternehmen durch klare, dauerhafte und berechenbare Vorschriften. Die Mitgliedstaaten sollten die administrativen Belastungen der mittelständischen Wirtschaft überprüfen und vereinfachen und dabei die künftigen Vorschläge der Task Force "Vereinfachung des Unternehmensumfeldes" berücksichtigen.

Auf- und Ausbau von Risikokapitalmärkten, damit europäische Kapitalgeber kapitalsuchende Unternehmer und Innovatoren finanzieren können.

Beschäftigungsfreundlicheres Steuersystem. Die Mitgliedstaaten müssen, um die Unternehmen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze zu bewegen, das derzeit günstige Klima der Gesamtwirtschaft nutzen, um den langfristigen Durchschnittstrend zu einer höheren Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit umzukehren.

zu b/ Die neue Beschäftigungsfähigkeit

Europa verfügt in seinen Arbeitskräften über ein großes Potential für wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand. Ausbildung allein reicht aber nicht aus. Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeiten ihrer Arbeitsverwaltung, den Stellensuchenden zu helfen und den Unternehmen eine bessere Marktübersicht zu verschaffen, nach dem Vorbild der erfolgreichsten Verfahren, insbesondere durch die Nutzung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, neu konzipieren und ausbauen.

Das Maßnahmenpaket setzt sich zusammen aus:

der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Die Mitgliedstaaten sollten vorbeugende und beschäftigungsorientierte Strategien entwickeln, die auf einer frühzeitigen Feststellung dessen, was die Arbeitslosen brauchen, und auf einem frühzeitigen Handeln beruhen.

der Erleichterung des Übergangs von der Schule zum Beruf. Die Mitgliedstaaten müssen die Zahl der Schulabbrecher innerhalb von fünf Jahren halbieren und den Anteil der Schulabgänger ohne Sekundarschulabschluß schrittweise verringern.

dem Übergang von passiven zu aktiven Maßnahmen. Die Leistungs- und Ausbildungssysteme sollten überprüft und so angepaßt werden, daß sie die Beschäftigungsfähigkeit fördern und den Arbeitslosen klare Anreize bieten, Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten zu suchen und zu nutzen.

der Förderung eines Partnerschaftskonzepts. Unternehmen und Sozialpartner sollten gemeinsam in die Zukunft investieren, indem sie Ausbildungsplätze bereitstellen und die Möglichkeit bieten, Berufserfahrung zu erwerben.

zu c/ Die Anpassungsfähigkeit

Die Anpassungsfähigkeit ist für den Fortbestand von Unternehmen und ihre Fähigkeit, neue Chancen zu nutzen, wie auch für die Beschäftigung und die Sicherheit des Arbeitsplatzes von entscheidender Bedeutung. Die Mitgliedstaaten sollten daher die Anpassungsfähigkeit der Unternehmen und der Beschäftigten dieser Unternehmen zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeitsmarktpolitik machen. Den Sozialpartnern fällt hier eine Schlüsselrolle zu, d.h.

Modernisierung der Arbeitsorganisation. Die Sozialpartner sollten auf den entsprechenden Ebenen, insbesondere in Wirtschaftszweigen, in denen ein tiefgreifender Strukturwandel stattfindet, Vereinbarungen über die Arbeitsorganisation und flexible Arbeitsregelungen gegebenenfalls mit Arbeitszeitverkürzungen aushandeln, um die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu verbessern und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Flexibilität und Sicherheit zu erreichen. Die Mitgliedstaaten sollten einen Rahmen für flexible Formen von Arbeitsverträgen schaffen und dabei berücksichtigen, daß immer vielfältigere Beschäftigungsverhältnisse entstehen.

Förderung der Anpassungsfähigkeit der Unternehmen. Um Kenntnisse und Fertigkeiten ihrer Beschäftigten auf den neuesten Stand zu bringen, sollten die Mitgliedstaaten steuerliche und sonstige Hemmnisse beseitigen, die Fortbildungsmaßnahmen im Wege stehen, und steuerliche Anreize für innerbetriebliche Fortbildungsmaßnahmen bieten. Sie sollten weiterhin ihre Beihilfepolitik unter Beachtung der Beihilferegelungen der Gemeinschaft auf die Hebung des Ausbildungsstandes ihrer Arbeitnehmer, die Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze und geordneterer Arbeitsmärkte konzentrieren.

zu d/ Die Chancengleichheit

Es gibt wichtige wirtschaftliche und soziale Gründe, die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Förderung der Chancengleichheit am Arbeitsmarkt zu unterstützen. Die starren Arbeitsmarktverhältnisse, die das wirtschaftliche Wachstum und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in der EU behindern, müssen überwunden werden, d.h.

Überwindung des Gefälles zwischen der Arbeitslosigkeit von Frauen und Männern: Die Mitgliedstaaten sollten ihrem Engagement für die Chancengleichheit Taten folgen lassen, d.h. die Erwerbsquote der Frauen steigern, die Geschlechtertrennung auf dem Arbeitsmarkt aufheben und das Gefälle zwischen der Arbeitslosigkeit von Frauen und Männern vermindern.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Umsetzung mehrerer Richtlinien und Vereinbarungen der Sozialpartner im Bereich Unterbrechung der Erwerbstätigkeit, Elternurlaub und Teilzeitarbeit sollte beschleunigt und überwacht werden. Die Mitgliedstaaten sollten das Angebot an

Versorgungseinrichtungen für Kinder verbessern und dabei die fortschrittlichsten Mitgliedstaaten zum Maßstab nehmen.

Erleichterung der Rückkehr in den Beruf. Besondere Beachtung sollte Frauen geschenkt werden, die nach einer Unterbrechung ins Arbeitsleben zurückkehren wollen. Sie könnten wegen überholter Kenntnisse und Fertigkeiten schwer zu ermitteln sein und kaum Zugang zu Ausbildungsmöglichkeiten erhalten, wenn sie nicht als Stellensuchende erfaßt werden.

Az.: III-750-75

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