Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 367/2014 vom 21.05.2014

EuGH zur Zulässigkeit horizontaler In-House-Geschäfte

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 08.05.2014 - Rs. C-15/13 — in einem „Hamburger Fall“ zur Zulässigkeit horizontaler In-House-Geschäfte im Vergaberecht Stellung bezogen. Die Grundaussagen, die sich aus der EuGH-Entscheidung für ein In-House-Geschäft ergeben, sind im Folgenden wiedergegeben:

  1. Es ist weiterhin nicht abschließend entschieden, ob die Ausnahme für In-House-Geschäfte auch in Konstellationen greift, in denen derselbe oder dieselben öffentlichen Auftraggeber eine „Kontrolle wie über eigene Dienststellen" über zwei verschiedene Wirtschaftsteilnehmer ausüben, von der eine einen anderen Auftrag an den anderen vergibt (horizontales In-House-Geschäft).
  2. Die für ein ausschreibungsfreies In-House-Geschäft erforderliche Kontrolle setzt eine umfassende Kontrolle voraus. Nicht ausreichend ist die Kontrolle über den Beschaffungsbereich.
  3. Universitäten können nicht im Wege einer In-House-Vergabe von Bundesländern beauftragt werden, wenn ihnen auf dem Gebiet von Forschung und Lehre eine weitgehende Autonomie zusteht.

Die Technische Universität Hamburg-Harburg ist eine staatliche Hochschule der Stadt Hamburg und öffentlicher Auftraggeber. Sie plante die Beschaffung eines IT-Hochschul-Managementsystems. Nach einem Marktvergleich entschied sie sich für die Beschaffung ohne vorheriges Vergabeverfahren bei einer privatrechtlichen Gesellschaft, die im Anteilseigentum des Bundes und der Bundesländer steht. Zur Rechtfertigung für den Verzicht auf ein Vergabeverfahren beruft sich die Universität auf die Rechtsfigur des sog. „horizontalen In-House-Geschäfts", da sowohl Universität als auch der ausgewählte Dienstleister im (Mit-)Anteilseigentum der Stadt Hamburg stehen. Hiergegen wendet sich ein Konkurrent. Das OLG Hamburg (Beschluss vom 06.11.2012 - 1 Verg 7/11) legt darauf dem EuGH die Frage vor, ob eine ausschreibungsfreie In-House-Vergabe zwischen Schwestergesellschaften überhaupt zulässig ist.

Der EuGH lässt die Frage ausdrücklich offen, ob die Ausnahme für In-House-Geschäfte auch in Konstellationen greift, in denen derselbe oder dieselben öffentlichen Auftraggeber eine „Kontrolle wie über eigene Dienststellen" über zwei verschiedene Wirtschaftsteilnehmer ausüben, von der eine einen anderen Auftrag an den anderen vergibt (horizontales In-House-Geschäft). Hierauf kam es nicht an, da nach Auffassung des EuGH bereits die erforderliche Kontrolle im Verhältnis zwischen der Stadt Hamburg und der Technischen Universität Hamburg-Harburg nicht vorlag. Zwar vermag die Stadt Hamburg Kontrolle im Beschaffungsbereich auszuüben; auf dem Gebiet von Forschung und Lehre steht der Universität jedoch eine weitgehende Selbstverwaltungsautonomie zu. Die Stadt Hamburg hatte damit nur eine partielle Kontrolle, die nach ihrer Intensität nicht vergleichbar ist zur Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle.

Der EuGH lässt die Gelegenheit aus, sich zur Zulässigkeit horizontaler In-House-Geschäfte zu positionieren und für Rechtsklarheit und -sicherheit zu sorgen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass er sich bald in einem anderen Vorlageverfahren erneut mit derselben Frage auseinandersetzen muss. Denn einige öffentliche Auftraggeber sind gesellschaftsrechtlich derart strukturiert, dass solche horizontalen In-House-Geschäfte zwischen einzelnen, vollständig kontrollierten Schwestergesellschaften vorkommen. Eine Umgehung des Vergaberechts ist damit nicht intendiert, so dass in solchen Fällen mit guten Gründen eine Ausschreibungsfreiheit angenommen werden kann. Als eng auszulegender Ausnahmetatbestand kann daher aktuell überhaupt nur über eine ausschreibungsfreie In-House-Vergabe nachgedacht werden, wenn eine umfassende Kontrolle des Auftraggebers über den Auftragnehmer vorliegt.

In der Zukunft wird sich aber auf der Grundlage der am 17. April 2014 in Kraft getretenen EU-Vergaberichtlinien, die innerhalb der nächsten zwei Jahre und damit bis zum 17. April 2016 in nationales Recht umgesetzt werden müssen, eine kodifizierte Ausweitung der In-House-Geschäfte ergeben. Nach Art. 12 Abs. 2 S. 2 der Allgemeinen EU-Vergaberichtlinie ist danach sowohl eine Beschaffung, die eine vollkommen kontrollierte Tochter einer Kommune (Bsp.: Abfallentsorgungs-GmbH) als kommunale Eigengesellschaft bei ihrer Stadt (Mutter) tätigt, vergaberechtsfrei als auch eine Beschaffung zwischen und innerhalb von mehreren von der Stadt umfassend kontrollierten Töchtern (Schwestern).

Az.: II/1 608-45

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