Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 201/2019 vom 29.04.2019

Europäischer Gerichtshof zu Direktvergabe von ÖPVN-Aufträgen

Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 findet auf die Direktvergabe von Aufträgen über öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen, die nicht als Dienstleistungskonzessionen gestaltet sind, keine Anwendung. Dies hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 21.03.2019 - C-266/17; C-267/17 - entschieden.

Die Zulässigkeit einer solchen Direktvergabe sei vielmehr anhand der allgemeinen Vergaberichtlinien unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH zu beurteilen. In den Ausgangsverfahren ging es um Klagen gegen zwei Landkreise, die entsprechende ÖPVN-Aufträge direkt an „interne Betreiber" vergeben wollten.

Rhein-Sieg-Kreis

Der Rhein-Sieg-Kreis, der dem Zweckverband Verkehrsverbund Rhein-Sieg angehört, veröffentlichte am 30.09.2015 im EU-Amtsblatt eine Vorabinformation über die geplante Direktvergabe eines Auftrags über öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen, der nicht die Form einer Dienstleistungskonzession im Sinne der allgemeinen Vergaberichtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG (inzwischen abgelöst durch die Vergaberichtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU) annehmen sollte.

Dieser Auftrag, der die jährliche Durchführung von mehreren Millionen Kilometern betraf, sollte gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße, einer Regelung, die die Voraussetzungen für Direktvergaben näher regelt, an die Regionalverkehr Köln GmbH als internen Betreiber für eine Dauer von 120 Monaten ab dem 12.12.2016 vergeben werden.

Die Regionalverkehr Köln GmbH ist ein öffentliches Verkehrsunternehmen, das unmittelbar oder mittelbar von Aufgabenträgern im Bereich des Personenverkehrs, zu denen der Rhein-Sieg-Kreis gehört, gehalten wird. Die Verkehrsbetrieb Hüttebräucker GmbH und die BVR Busverkehr Rheinland GmbH haben die beabsichtigte Direktvergabe angefochten. Sie machten geltend, dass der in Rede stehende Auftrag nicht in den Anwendungsbereich von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 falle, da er nicht die Form einer Dienstleistungskonzession annehmen solle.

Kreis Heinsberg

Der Kreis Heinsberg, der dem Zweckverband Aachener Verkehrsverbund angehört, veröffentlichte am 15.03.2016 im EU-Amtsblatt eine Vorabinformation über die beabsichtigte Direktvergabe eines Auftrags über öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen und sonstigen Kraftfahrzeugen. Danach war vorgesehen, dass dieser Vertrag, der mehrere Millionen Kilometer betraf und dessen Durchführung am 01.01.2018 beginnen sollte, gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 direkt an einen internen Betreiber, und zwar die West-Verkehr GmbH, vergeben werden sollte. Rhenus Veniro hat diese beabsichtigte Direktvergabe beanstandet.

Anfrage des OLG Düsseldorf

Das Vorlagegericht, das Oberlandesgericht Düsseldorf, wollte vom EuGH im Vorabentscheidungsverfahren wissen, ob Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 auf die Direktvergabe von Verträgen über öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen, die nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen im Sinne der allgemeinen Vergaberichtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG annehmen, grundsätzlich anwendbar ist, oder ob weiterhin die genannten allgemeinen Vergaberichtlinien einschlägig sind.

Entscheidung des EuGHLaut EuGH ist Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 in diesen Fällen nicht anwendbar. Der Unionsgesetzgeber habe - in Ermangelung spezieller Vorschriften in den allgemeinen Vergaberichtlinien - im Rahmen von Art. 5 Abs. 2 bis 6 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ein spezifisches Regelwerk mit Vergabevorschriften für Konzessionen und Verträge über Personenverkehrsdienste mit Eisenbahnen und U-Bahnen geschaffen, auch was die Direktvergabe solcher Verträge anbelange. Aufträge ohne Konzessionscharakter über Personenverkehrsdienste mit Bussen und Straßenbahnen unterliegen danach weiterhin den Vergaberichtlinien.

Da die Verträge über öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen und Straßenbahnen, die keine Konzessionen beträfen, bereits vor dem Erlass der Verordnung den allgemeinen Vergaberichtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG unterlegen hätten, habe keine Notwendigkeit einer neuen Regelung für die Vergabe solcher Verträge bestanden, erläutert der EuGH. Solche Verträge unterlägen folglich normalerweise, je nach Lage des Falles, weiterhin der Anwendung der Richtlinie 2004/17/EG oder der Richtlinie 2004/18/EG, und zwar auch im Hinblick auf die Regeln zur Direktvergabe, die sich aus der Rechtsprechung zu diesen Richtlinien ergäben.

Der EuGH hat festgestellt, dass sich die Rechtsprechung über Direkt-vergaben öffentlicher Aufträge auf der Grundlage und unter Berücksichtigung der allgemeinen Vergaberichtlinien entwickelt hat. Dies bedeute, dass die Regelung über Direktvergaben ihren Ursprung und ihre Daseinsberechtigung in diesen Richtlinien hat. Die neueren allgemeinen Vergaberichtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU, mit denen die Richtlinie 2004/18/EG und die Richtlinie 2004/17/EG aufgehoben und ersetzt worden seien, hätten die EuGH-Rechtsprechung im Bereich von Direktvergaben kodifiziert und präzisiert.

Diese Kodifizierung der allgemeinen Regelung über Direktvergaben verdeutliche, auch wenn sie zeitlich nicht auf die vorliegenden Streitigkeiten anwendbar sei, dass der Unionsgesetzgeber beabsichtigt habe, dass mit dieser Regelung an die allgemeinen Vergaberichtlinien angeknüpft wird.

Az.: 21.1.1.2-001/004

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