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StGB NRW-Mitteilung 442/2016 vom 27.06.2016

EuGH zu Aufenthaltsrecht und Anspruch auf Kindergeld

EU-Staaten müssen EU-Ausländern ohne Aufenthaltsrecht kein Kindergeld zahlen. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 14.06.2016 (Az.: C-308/14). Der Entscheidung zufolge werden arbeitslose EU-Ausländer dadurch zwar mittelbar diskriminiert, allerdings dürften EU-Staaten ihre Staatsfinanzen „schützen“, heißt es in der Begründung. EU-Bürger dürfen generell für drei Monate in ein anderes Mitgliedsland ziehen, um dort Arbeit zu suchen. Finden sie keine Arbeit, haben sie auch keinen Anspruch auf Aufenthalt.

Die EU-Kommission hatte Klage erhoben, nachdem sich arbeitslose EU-Ausländer in Großbritannien darüber beschwert hatten, dass ihnen soziale Leistungen verwehrt wurden, mit der Begründung, sie hätten kein Aufenthaltsrecht. Für den Kindergeldbezug in Deutschland benötigen EU-Ausländer bislang keine Aufenthaltserlaubnis. Für sie gilt das Recht der Freizügigkeit von EU-Bürgern. Sie haben deshalb nach denselben Voraussetzungen Anspruch auf Kindergeld wie Deutsche. Die Bundesregierung ist nunmehr aufgefordert, die zulässige Begrenzung in deutsches Recht zu übernehmen.

Die Europäische Kommission monierte britische Regelungen, wonach Personen Anspruch auf Kindergeld oder eine Steuergutschrift für Kinder nur dann haben, wenn sie über ein Aufenthaltsrecht im Vereinigten Königreich verfügen. Sie vertrat die Ansicht, diese Bedingung sei nicht mit dem Geist der Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (883/2004/EG) vereinbar, die lediglich auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Antragstellers abstelle. Außerdem sei sie diskriminierend und verstoße damit gegen die Gleichbehandlungspflicht aus Art. 4 der Verordnung 883/2004/EG. Die Kommission erhob deshalb gegen das Vereinigte Königreich eine Vertragsverletzungsklage.

Das Vereinigte Königreich berief sich demgegenüber auf das EuGH-Urteil „Brey“, wonach der Aufnahmemitgliedstaat die Gewährung von Sozialleistungen an EU-Bürger von dem Erfordernis abhängig machen könne, dass diese die im Wesentlichen in einer EU-Richtlinie festgelegten Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat erfüllten. Das Vereinigte Königreich räumte zwar ein, dass seine eigenen Staatsangehörigen leichter die Voraussetzungen für die Gewährung der im vorliegenden Fall in Rede stehenden Sozialleistungen erfüllen könnten, doch stelle das Erfordernis eines Aufenthaltsrechts jedenfalls eine verhältnismäßige Maßnahme dar, um sicherzustellen, dass die Leistungen nur an Personen gezahlt würden, die im Vereinigten Königreich ausreichend integriert seien.

Der EuGH hat die Klage abgewiesen. Das Kriterium des gewöhnlichen Aufenthalts im Sinn der Verordnung sei keine notwendige Voraussetzung für den Anspruch auf die Leistungen, sondern eine „Kollisionsnorm“, die die gleichzeitige Anwendung verschiedener nationaler Rechte vermeiden und verhindern solle, dass Personen, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausgeübt haben, der Schutz vorenthalten wird.

Die Verordnung schaffe kein gemeinsames System der sozialen Sicherheit, sondern lasse unterschiedliche nationale Systeme bestehen. Sie lege somit nicht die inhaltlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Anspruchs auf die Leistungen fest, da es grundsätzlich Sache der Rechtsvorschriften jedes Mitgliedstaats ist, diese Voraussetzungen festzulegen. In diesem Rahmen spricht nach Auffassung des EuGH nichts dagegen, die Gewährung von Sozialleistungen an nicht erwerbstätige EU-Bürger von dem Erfordernis abhängig zu machen, dass diese die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat erfüllen.

In Deutschland benötigen EU-Ausländer bislang keine Aufenthaltserlaubnis, um Kindergeld zu erhalten. Für sie gilt das Recht der Freizügigkeit von EU-Bürgern. Sie haben deshalb nach denselben Voraussetzungen Anspruch auf Kindergeld wie Deutsche. Die Bundesregierung ist aufgefordert als Konsequenz des Urteils die Begrenzung in deutsches Recht zu übernehmen. (Quelle: DStGB Aktuell vom 17.06.2016)

Az.: 37.0.8

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