Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 260/2020 vom 14.04.2020

EuGH zu einseitigen Preisänderungen eines Gasgrundversorgers

Ein Gasgrundversorger muss seine Kunden unter bestimmten Umständen nicht immer direkt über Preiserhöhungen informieren. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in Luxemburg entschieden (Rechtssache C-765/18). Eine Mitteilung sei nicht nötig, wenn mit den Preiserhöhungen lediglich höhere Bezugskosten auf den Endverbraucher abgewälzt werden sollen. Voraussetzung ist jedoch, dass auf das Kündigungsrecht und die Rechtsmittel hingewiesen wird. Der EuGH war wegen eines möglichen Verstoßes gegen die EU-Erdgasbinnenmarktrichtlinie eingeschaltet worden. Aus Sicht des StGB NRW gibt das Urteil den Versorgern damit Rechtssicherheit darüber, welche Anforderungen an die Preiserhöhung erforderlich sind.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 2. April 2020 eine relevante Grundsatzentscheidung zu einseitigen Preisänderungen durch einen Gasgrundversorger in der Zeit zwischen dem 01. Juli 2004 und dem 29. Oktober 2014 verkündet.

Entscheidung des EuGH

In der Sache hat der EuGH die BGH-Rechtsprechung aus 2015 grundsätzlich bestätigt (siehe unten). Jedoch hat der EuGH klargestellt, dass Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2003/55 in Verbindung mit deren Anhang A Buchst. b und c dahin auszulegen ist, dass der Gasversorger seinen Kunden eine Tariferhöhung nicht persönlich mitteilen muss, wenn diese nur dazu dient, den Anstieg der Bezugskosten von Erdgas ohne Gewinnerzielungsabsicht abzuwälzen. In diesen Fällen sei die Einhaltung der in diesen Bestimmungen genannten Transparenz- und Informationspflichten durch den Versorger keine Bedingung für die Gültigkeit der betreffenden Tarifänderungen. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass die Kunden 1.) den Vertrag jederzeit kündigen können und 2.) über angemessene Rechtsbehelfe verfügen, um Ersatz für den Schaden zu erhalten, der gegebenenfalls durch das Unterbleiben einer persönlichen Mitteilung der Änderungen entstanden ist.

Sachverhalt

Das EuGH-Urteil betrifft ein sogenanntes Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichts (LG) Koblenz. Dies entscheidet aktuell in einem Rechtsstreit zwischen den Stadtwerken Neuwied GmbH und einem Gaskunden über die Wirksamkeit von Gaspreisänderungen zwischen April 2005 und September 2011. Das LG Koblenz hat bislang im Verfahren die Auffassung vertreten, dass der Wirksamkeit der Gaspreisänderungen die unterbliebene vorherige rechtzeitige und unmittelbare Information des Kunden entgegenstand. Nicht ausreichend dagegen sei die öffentliche Bekanntgabe der Preisänderungen gewesen, weil die Transparenz- und Informationspflichten nach der Gas-Richtlinie 2003/55/EG unmittelbar anzuwenden gewesen wären.

Grund für die Vorabentscheidung

Das LG Koblenz hat die Rechtsfrage an den EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt, da der Bundesgerichtshof (BGH) diese Frage bislang immer verneint hat.

BISHERIGE ENTWICKLUNG:

Meinung des EuGH

Der EuGH hat bereits am 23. Oktober 2014 entschieden, dass Gaskunden rechtzeitig vor dem Inkrafttreten einer Preisänderung über deren Anlass, Voraussetzungen und Umfang informiert werden müssen. Da aber weder die vormalige AVBGasV noch ab 2006 die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Grundversorgung von Haushaltskunden und die Ersatzversorgung mit Gas aus dem Niederdrucknetz (GasGVV) dies vorsahen, verstieß das nationale Recht gegen die Richtlinien-Vorgaben. Mit den nachfolgend am 30. Oktober 2014 in Kraft getretenen Änderungen der GasGVV wurde dieser Verstoß mit Wirkung für die Zukunft geheilt.

Reaktion BGH

Der BGH hatte hiernach 2015 entschieden, dass die Grundversorger trotz eines fehlenden gesetzlichen Preisänderungsrechts in der Zeit vom 01.07.2004 bis zum 29.10.2014 aufgrund einer gebotenen, soge-nannte ergänzenden Vertragsauslegung des Energielieferungsvertrages berechtigt waren, Steigerungen ihrer eigenen (Bezugs-)Kosten, soweit diese nicht durch Kostensenkungen ausgeglichen werden können, an die Kunden weiterzugeben. Dieses wirtschaftliche Interesse des Grundversorgers hatte nämlich auch der EuGH in seinem Urteil vom 23.10.2014 hervorgehoben.

Die Richtlinie ist zu finden unter https://eurlex.europa.eu

Das vollständige Urteil: http://curia.europa.eu

(IV/3 902-33 Finn Brüning, 06.04.2020)

Az.: 28.6.1-002/001 we

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