Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 304/2020 vom 16.04.2020

Interkommunale Überlassung von Software nicht ausschreibungspflichtig

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte am 28.11.2018 eine Beschwerde eines privaten Anbieters gegen die ohne Anwendung des Vergaberechts erfolgte interkommunale Beschaffung der Einsatzleitstellensoftware für die Kölner Feuerwehr vom Land Berlin ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. So soll der EuGH klären, ob die kostenlose Überlassung der Software durch das Land Berlin vergaberechtspflichtig ist. Am 29. Januar 2020 hat der EuGH-Generalanwalt seine Schlussanträge vorgelegt und die erfolgte interkommunale Überlassung für grundsätzlich nicht ausschreibungspflichtig erklärt.

1. Sachverhalt

- Kostenfreie Softwareüberlassung und Kooperationsvertrag

Die Stadt Köln hatte die neue Software kostenfrei vom Land Berlin (Berufsfeuerwehr) zur Verfügung gestellt bekommen. Dabei hatten die Städte Köln und Berlin vereinbart, einander zukünftige Softwareweiterentwicklungen kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

- Softwareunternehmen macht Benachteiligung geltend

Hiergegen wehrt sich ein Softwareunternehmen. Es sieht sich durch die Softwareüberlassung und die bestehende Kooperationsvereinbarung benachteiligt. Aufgrund der kostenfreien Softwareüberlassung und der Kooperationsvereinbarung sei die Stadt Köln faktisch an den ursprünglichen Softwareentwickler gebunden. Dieser habe wegen seines Wissens- und Technikvorsprungs allerbeste Aussichten, alle anfallenden Folgeaufträge zur Pflege und Weiterentwicklung der Software nunmehr nicht nur von Berlin, sondern auch von der Stadt Köln zu erhalten.

- Softwareüberlassung und Vereinbarung: Öffentlicher Auftrag?

Der Vergabesenat des OLG hatte den EuGH angerufen, weil das zu berücksichtigende EU-Recht ungeklärte Fragen aufwirft. Es sei insbesondere vorab zu klären, ob die kostenfreie Softwareüberlassung und Kooperationsvereinbarung der öffentlichen Träger als „öffentlicher Auftrag" i. S. d. Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe (RL 2014/24/EU) zu verstehen sei und dem Vergaberecht unterfällt. Bei einem engeren Verständnis des Begriffs wären die hier vorgenommene unentgeltliche Überlassung und die Kooperationsvereinbarung nämlich der Kontrolle der Vergabenachprüfungsinstanzen entzogen.

2. Schlussanträge des EuGH-Generalanwalts vom 29.01.2020

Der EuGH-Generalanwalt hat am 29. Januar 2020 seine Schlussanträge (C-796/18 – ISE) vorgelegt. Darin macht er u. a. Ausführungen zu der Frage der „Entgeltlichkeit“ bei kostenloser Überlassung der Software. Diese Entgeltlichkeit ist nach § 103 Abs. 1 GWB Voraussetzung dafür, dass ein „öffentlicher Auftrag“ vorliegt. Der „öffentliche Auftrag“ ist wiederum ist eine Voraussetzung dafür, dass eine vergaberechtsfreie „öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit“ nach § 108 GWB vorliegen kann. Im Einzelnen führt der Generalanwalt aus:

„1. Art. 12 Abs. 4 der RL 2014/24/EU vom 26.02.2014 über die öffentliche Auftragsvergabe ist so auszulegen, dass eine zwischen zwei öffentlichen Auftraggebern schriftlich vereinbarte Softwareüberlassung, die mit einer zwischen beiden getroffenen Kooperationsvereinbarung verbunden ist, einen „Vertrag“ i. S. dieser Vorschrift darstellt. Diese Vertragsbeziehung hat auch dann Entgeltcharakter, wenn die Stelle, der die Software überlassen wird, weder einen Preis bezahlen noch einen Ausgleich für ihre Kosten leisten muss, sofern beide Parteien (und mithin auch die überlassende Partei) sich jeweils verpflichten, der anderen künftige Anpassungen und Weiterentwicklungen der Software zur Verfügung zu stellen und diese für eine öffentliche Dienstleistung, die von beiden öffentlichen Auftraggebern erbracht werden muss, unverzichtbar und damit unumgänglich sind.

  1. Gegenstand der Zusammenarbeit der öffentlichen Auftraggeber i. S. v. Art. 12 Abs. 4 a) der RL 2014/24 müssen nicht unbedingt die gegenüber dem Bürger zu erbringenden öffentlichen Dienstleistungen selbst sein. Eine Zusammenarbeit, die sich auf Tätigkeiten bezieht, die diesen Dienstleistungen dienen, würde u.a. dann unter Art. 12 Abs. 4 der RL 2014/24 fallen, wenn es sich bei der ergänzenden Tätigkeit um ein Instrument handelt, das für die öffentliche Dienstleistung derart unverzichtbar ist, dass sie ohne sie nicht erbracht werden kann.

  2. Eine Kooperation öffentlicher Auftraggeber, durch die ein privater Wirtschaftsteilnehmer gegenüber Markt-Wettbewerbern bessergestellt wird, ist nicht von Art. 12 Abs. 4 der RL 2014/24 gedeckt.

3. Anmerkung

Die Schlussanträge des EuGH-Generalanwalts sind zu begrüßen. Er macht klar, dass auch kostenfreie Überlassungen zwischen Kommunen vergaberechtsfreie öffentlich-öffentliche Kooperationen begründen können. Voraussetzung sind vereinbarte gegenseitige Pflichten. Weiter wird ausgeführt, dass auch Hilfsgeschäfte wie die Softwareüberlassung zwischen Kommunen vergaberechtsfrei sein können. Entscheidend für die Vergaberechtsfreiheit ist, ob ein privater Wirtschaftsteilnehmer gegenüber Wettbewerbern bessergestellt wurde.

Az.: 21.1.1.3-003/010 we

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