Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 371/2022 vom 20.06.2022

EuG verhandelt Anfechtung der Fusionsfreigabe RWE/E.ON Erzeugung

Das Europäische Gericht (EuG) hat vom 15.06.2022 bis 17.06.2022 mündlich über verschiedene Anfechtungsklagen verhandelt, die die Stadtwerke und andere Wettbewerber gegen die Freigabe der EU-Kommission vom 26.02.2019 zur Feststellung der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses RWE/E.ON Assets mit dem Binnenmarkt (Fall M.8871) eingereicht haben. Die Klagen, die gegen die weitere Entscheidung der EU-Kommission zur Freigabe des Erwerbs der Innogy durch EON (Fall M.8870) eingereicht wurden, sind nicht Gegenstand dieser Verhandlungen.

I. Klage Stadtwerke Leipzig/Kommission

Am 15.06.2022 und 16.06.2022 verhandelten das EuG über die Fälle T-312/20 bis T-319/20. Die Parteien sind die Stadtwerke Halle/Kommission, Stadtwerke Leipzig/Kommission, Stadtwerke Hameln Weserbergland/Kommission, TEAG/Kommission, Naturstrom/Kommission, EnergieVerbund Dresden/Kommission, eins energie in sachsen/Kommission und der hessische Energiediesnstleister GGEW/Kommission.

Die Kläger machen drei Klagegründe geltend. So wird geltend gemacht, der Freigabebeschluss weise förmliche Mängel auf, insbesondere sei der mit dem hier angefochtenen Beschluss freigegebene Zusammenschluss M.8871 fehlerhaft von der einheitlichen Gesamtfusion RWE und der E.ON abgespalten gewesen. Der Gesamtvorgang beinhalte neben dem Erwerb von E.ON-Erzeugungsassets durch RWE (Fall M.8871) auch den Erwerb einer 16,67prozentigen E.ON-Beteiligung durch RWE und die Übertragung der 76,8 prozentigen RWE-Tochter innogy SE auf E.ON (Fall M.8870). Die Beteiligungsrechte der Klägerinnen seien verletzt worden, weil die Beklagte die ihr im Verfahren umfangreich vorgetragenen Hinweise auf Wettbewerbsbehinderungen durch den Zusammenschluss zwar entgegengenommen, sie im Verfahren und der Entscheidung aber weder inhaltlich aufgegriffen noch angemessen bewertet hätte.

Weiter habe die Kommission zudem den Sachverhalt unzureichend ermittelt und hätte bei sachgemäßer Ermittlung ein Phase-II-Verfahren einleiten müssen. Die Analyse der zunehmenden Marktmacht von RWE sei nur nach Strommenge und Kapazität erfolgt, ohne die nötige eigene vertiefte Prüfung zusätzlicher Indikatoren, wie den Wegfall des direkten Wettbewerbers E.ON. In Verkennung der langfristigen Investitionszyklen der Energiewirtschaft betrachtete die EU-Kommission den historischen und auch den prognostischen Zeitraum für die Bewertung der Auswirkungen des Zusammenschlusses als zu verkürzt. Die Marktmacht sei außerdem fehlerhaft ermittelt worden, weil die umfangreichen Verflechtungen von RWE und E.ON in den Energiemarkt nicht gewertet worden seien. Die Prüfung beschränke sich insgesamt unzulässig auf die Gegenwart und blende die Auswirkungen für die nächsten Jahre (z. B. durch die zunehmende Grünstromerzeugung und den Kohleausstieg) aus, sodass die Beklagte gar nicht erkennen könne, ob eine dauerhafte Schädigung des Wettbewerbs drohe.

Als dritten Klagegrund machen die Kläger geltend, die EU-Kommission habe die Fusion - auch als Folge ihrer unzulänglichen Ermittlungen - materiell offensichtlich fehlerhaft als mit dem Wettbewerb vereinbar beurteilt. Sie habe fehlerhaft den Umstand, dass E.ON als Wettbewerberin für RWE nachhaltig entfällt, nicht gewürdigt. Ebenso habe Sie auch verkannt, dass die mit der inhaltlich verknüpften Gesamtfusion verabredete Aufteilung der Wertschöpfungsstufen der Energiewirtschaft zwischen E.ON und RWE eine Wettbewerbsbeschränkung beinhalte und nicht mit Art. 101 AEUV vereinbar sei. Schließlich berücksichtige die Entscheidung fehlerhaft auch nicht die wettbewerbsschädlichen Effekte, die sich aus dem Wegfall von E.ON als Konkurrent in der Erzeugung und dem Großhandel von Strom aus Erneuerbaren Energien und der Erbringung von Systemdienstleistungen wie der Regelenergie ergäben.

II. Klage Mainova/Kommission

Im Anschluss verhandelt am 17.06.2022 das EuG die Klagen T-320/320 bis T-322/20 Mainova/Kommission, enercity/Kommission, Stadtwerke Frankfurt am Main/Kommission. In diesen Verfahren machen die Klägerinnen zwei Klagegründe geltend. Die EU-Kommission habe wesentliche Formvorschriften verletzt. Im Rahmen des ersten Klagegrundes wird vorgetragen, dass die Beklagte in ihrer angegriffenen Entscheidung wesentliche Formvorschriften verletzt habe. Hierzu zählten alle Verfahrensregelungen, die beim Zustandekommen der fraglichen Rechtshandlung zu beachten waren. Insbesondere habe die Beklagte durch Vereitelung der Beteiligtenrechte der Klägerin gegen allgemeine Grundsätze des Unionsrechts verstoßen. Insbesondere habe sie die Rechtsschutzmöglichkeiten der Klägerin vereitelt und ihr rechtswidrig jedwede Einsicht in die Verfahrensakten verwehrt.

Als weiterer Klagegrund wird vorgetragen, die EU-Kommission habe zudem mit der künstlichen Trennung des Zusammenschlussvorhabens die Verträge der Europäischen Union und die Vorschriften der Fusionskontrollverordnung verletzt. Hierzu zählten insbesondere die Verkennung der rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verbindung des gesamten Zusammenschlussvorhabens, die fehlerhafte Einordnung der Transaktion als Asset Swap, die Nichtberücksichtigung wettbewerblicher Auswirkungen durch die Gegenleistung der Rückbeteiligung von RWE AG an E.ON SE in Höhe von 16,67 Prozent sowie die fehlerhafte Bewertung der wettbewerbsrechtlichen Auswirkungen der Transaktion. Insbesondere habe die Kommission es auch unterlassen, eine ordnungsgemäße Marktabgrenzung vorzunehmen. Zudem habe sie einen falschen Beurteilungsspielraum für die Auswirkungen der Transaktion zugrunde gelegt und durch die Transaktion geschaffene Anreize RWEs zur bewussten Zurückhaltung von Erzeugungskapazitäten unzutreffend bewertet. Insofern komme die EU-Kommission zu dem falschen Ergebnis, dass der Zusammenschluss zum einen getrennt geprüft werden konnte und zum anderen keine nachteiligen Auswirkungen auf den gemeinschaftsweiten Wettbewerb hat.

Weitere Informationen zu den Verfahren sind zu finden unter:

Az.: 28.6.1-002/016 we

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