Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 89/2022 vom 08.02.2022

EU-Taxonomie: Kommission legt leicht abgeänderten delegierten Klima-Rechtsakt vor

Die Europäische Kommission hat am 02.02.22 einen ergänzenden delegierten Taxonomie-Rechtsakt zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel vorgelegt. Die EU-Taxonomie-Verordnung ist ein administrativer Klassifizierungsrahmen, der Unternehmen dabei hilft, zu charakterisieren, welche ihrer Finanzpraktiken ökologisch nachhaltig sind. Dieser enthält laut Kommission jetzt klare und strengere Voraussetzungen, unter denen bestimmte Kernenergie- und Gastätigkeiten ebenfalls als Übergangstätigkeiten eingestuft werden können. Auch sieht dieser jetzt Offenlegungspflichten vor, damit Anleger erkennen können, welche Investitionsmöglichkeiten mit Gas- und Kernenergietätigkeiten verbunden sind und so in der Lage sind, informierte Entscheidungen zu treffen. Aus Sicht der Kommunen muss der Bund jetzt für die kommunalen Energieversorger eine bedarfsgerechte Förderung aufsetzen und ein geeignetes Marktdesign einrichten, um Investitionen in Transformationskraftwerke zu ermöglichen.

In der Pressmittelung der Kommission heißt es, es bedürfte umfangreicher privater Investitionen, damit die EU bis 2050 klimaneutral werden kann. Durch die EU-Taxonomie sollen private Investitionen in Tätigkeiten gelenkt werden, die notwendig sind, um Klimaneutralität zu erreichen. Die Taxonomie-Klassifikation gibt nicht den Ausschlag dafür, ob eine bestimmte Technologie Teil des Energiemixes eines Mitgliedstaats ist oder nicht. Ziel ist, den Übergang zu beschleunigen, indem auf alle möglichen Lösungen zur Verwirklichung unserer Klimaziele zurückgegriffen wird. Gestützt auf wissenschaftliche Gutachten und angesichts des derzeitigen technischen Fortschritts ist die Kommission der Auffassung, dass privaten Investitionen in Gas- und Kernenergietätigkeiten eine Rolle beim Übergang zukommen. Die in dem Rechtsakt erfassten Gas- und Kernenergietätigkeiten stehen laut Kommission im Einklang mit den Klima- und Umweltzielen der EU. Mit ihrer Hilfe können wir den Übergang von umweltschädlicheren Tätigkeiten wie der Kohleverstromung zu einer klimaneutralen Zukunft mit überwiegend erneuerbaren Energieträgern beschleunigen.

Mit dem am 02.02.22 vorgelegten ergänzenden delegierten Rechtsakt zur Klimataxonomie werden:

weitere Wirtschaftstätigkeiten des Energiesektors in die EU-Taxonomie aufgenommen

Der Rechtsakt enthält klare und strenge Bedingungen gemäß Artikel 10 Absatz 2 der Taxonomieverordnung, unter denen bestimmte Kernenergie- und Gastätigkeiten ebenfalls als Übergangstätigkeiten eingestuft werden können – zusätzlich zu den Tätigkeiten, die bereits im ersten delegierten Rechtsakt zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel erfasst sind, der seit dem 1. Januar 2022 in Kraft ist. Diese strengen Bedingungen lauten: Die betreffenden Gas- und Kernenergietätigkeiten müssen zum Übergang zur Klimaneutralität beitragen; die Kernenergietätigkeiten müssen die Anforderungen an die nukleare Sicherheit und die Umweltsicherheit erfüllen; die Gastätigkeiten müssen zum Umstieg von der Kohle auf erneuerbare Energieträger beitragen. Für alle genannten Tätigkeiten gelten noch weitere spezifischere Bedingungen, die im ergänzenden delegierten Rechtsakt festgelegt sind.

– spezifische Offenlegungspflichten für Unternehmen hinsichtlich ihrer Tätigkeiten im Gas- und Kernenergiesektor festgelegt

Im Interesse der Transparenz hat die Kommission mit dem am 02.02.22 vorgelegten Rechtsakt den delegierten Taxonomie-Rechtsakt über die Offenlegungspflichten geändert, damit Anleger erkennen können, welche Investitionsmöglichkeiten mit Gas- und Kernenergietätigkeiten verbunden sind, und so in der Lage sind, informierte Entscheidungen zu treffen.

Über die Sachverständigengruppe der Mitgliedstaaten für nachhaltiges Finanzwesen und die Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen wurden laut Kommission Experten zum Entwurf des ergänzenden delegierten Rechtsakts konsultiert. Die Kommission hat auch die diesbezüglichen Stellungnahmen des Europäischen Parlaments berücksichtigt. Die Kommission hat die Beiträge dieser Gruppen nach eigenen Angaben sorgfältig geprüft und bei der Erarbeitung des aktuellen vorgelegten Rechtsakts berücksichtigt. So wurden beispielsweise gezielte Anpassungen der technischen Bewertungskriterien vorgenommen und Offenlegungs- und Prüfanforderungen aufgenommen, um die Klarheit und Anwendbarkeit der Kriterien zu verbessern.

Wie geht es weiter?

Wie bei den anderen delegierten Rechtsakten zur Taxonomieverordnung haben das Europäische Parlament und der Rat (die der Kommission die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte zur Taxonomieverordnung übertragen haben) vier Monate Zeit, den Rechtsakt zu prüfen und, falls sie es für notwendig erachten, Einwände zu erheben. Beide Organe können eine Verlängerung der Frist um weitere zwei Monate beantragen. Der Rat hat das Recht, ihn mit verstärkter qualifizierter Mehrheit abzulehnen, d. h., dass mindestens 72 % der Mitgliedstaaten (mindestens 20 Mitgliedstaaten), die mindestens 65 % der Bevölkerung der EU vertreten, Einwände gegen den delegierten Rechtsakt erheben müssen. Das Europäische Parlament kann ihn mit einer Mehrheit (mindestens 353 Abgeordnete) im Plenum ablehnen.

Nach Ablauf dieser Frist und sofern weder das Europäische Parlament noch der Rat Einwände erhoben haben, tritt der ergänzende delegierte Rechtsakt in Kraft und gilt ab dem 1. Januar 2023.

Erste Bewertung:

Die Entscheidung der Kommission war bereits absehbar. Jedoch verschlechtert die konkrete Ausgestaltung des delegierten Rechtsaktes die Finanzierung notwendiger neuer Kraftwerke, da die Nachhaltigkeitskriterien zu restriktiv und in ihrer Gesamtheit kaum erfüllbar sein dürften. Auch stellt sich die Frage, ob diese ihre erhoffte Lenkungswirkung für nachhaltige Investitionen in diesem Rahmen entfalten können. Denn die vorgeschlagenen Emissionswerte sowie die Kapazitätsgrenzwerte für neue Kraftwerke erscheinen ungenügend. Zweifelhaft erscheint auch, ob die Atomenergie mit ihren verbundenen Risiken und Altlasten für die nächsten Jahrhunderte nachhaltig sein können. Bedenkt man, dass im Vergleich dazu die Bundesregierung plant, nur einige Jahrzehnte fossile Gase in Transformationskraftwerken zu verfeuern, die Strom und Wärme erzeugen, erscheint die geplante Übergangszeit in Deutschland gerade mit Blick auf die verfolgte Klimaneutralität bis ins Jahr 2045 durchaus angemessen. Insbesondere um übergangsweise die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Auch stellt sich mit Blick auf den verzögerten Ausbau der erneuerbaren Energien die Frage, ab wann Deutschland ausreichend klimaneutralen Wasserstoff für diese Transformationskraftwerke wirtschaftlich verwenden kann. Denn grüner Strom dürfte in den kommenden Jahren zunächst nur direkt genutzt werden. Immerhin kann positiv festgestellt werden, dass die Kommission beim ergänzenden delegierten Rechtsakt zur EU-Taxonomie noch nachgebessert hat und die Umstellung auf Wasserstoff flexibler durch den Wegfall weiterer Zwischenschritte ausgestaltet hat. Der Bund muss jetzt für die kommunalen Energieversorger eine bedarfsgerechte Förderung aufsetzen und ein geeignetes Marktdesign einrichten, um Investitionen in diese Transformationskraftwerke zu ermöglichen.

Die Pressemitteilung der Kommission ist zu finden unter: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/IP_22_711

Az.: 28.6.1-002/004 we

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