Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 348/2005 vom 29.03.2005

EU-Rechtmäßigkeit von kommunalen Getränkesteuern

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass kommunale Verbrauchssteuern wie die Getränkesteuer EU-rechtskonform sind, wenn sie die entgeltliche Abgabe alkoholhaltiger Getränke in dienstleistungsgeprägten Unternehmen, wie Lokalen und Gaststätten, besteuern.

Zu dieser Entscheidung gelangte der EuGH (Urteil v. 10. März 2005, Rechtssache C-491/03) bei der Beantwortung von zwei Vorlagefragen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes, denen folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Die Stadt Frankfurt am Main hat eine Satzung über die Erhebung einer Getränkesteuer erlassen. Danach ist Gegenstand der Steuer die entgeltliche Abgabe alkoholischer Getränke mit Ausnahme des Apfelweins durch Unternehmer zum unmittelbaren Verzehr. Auf Grundlage dieser Satzung zog die Stadt auch die Volkswirt Weinschänken GmbH, die eine Gaststätte betrieb, zur Zahlung einer Getränkesteuer heran. Hiergegen wendete sich die Volkswirt Weinschänken GmbH mit Klage vor dem Verwaltungsgericht, das mit stattgebendem Urteil entschied, dass die Steuer u. a. gegen die Bestimmungen der Richtlinie 92/12 EWG verstieß. Im Berufungsverfahren beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof trug die Stadt Frankfurt am Main vor, dass die Getränkesteuer nicht die Lieferung von Gegenständen, sondern die Erbringung von Dienstleistungen besteuere.

Die Entscheidung des Rechtsstreites hing maßgeblich von der Frage ab, ob es sich bei der Getränkesteuer der Stadt Frankfurt am Main um eine „andere indirekte Steuer mit besonderer Zielsetzung“ i.S.v. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 92/12 EGW handelt oder um eine „Steuer auf Dienstleistungen auch im Zusammenhang mit verbrauchssteuerpflichtigen Waren“ i.S.v. Art. 3 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/12 EWG. Daneben war auch die Frage, ob im Falle der Einschlägigkeit des Art. 3 Abs. 3 Unterabsatz 2 auch die in Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie vorgesehene „besondere Zielsetzung“ der Besteuerung vorliegen muss, Gegenstand der Vorlage des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes.

Die Entscheidung des EuGH, nach welcher Regelung der EU-Richtlinie 92/12 EWG die Rechtmäßigkeit der Erhebung der Getränkesteuer zu messen ist, ist für die Voraussetzungen für die Erhebung der Steuer von besonderer Relevanz. Denn Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 92/12 stellt nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH hohe Anforderungen an die Erhebung der von den Mitgliedsstaaten eingeführten indirekten Steuern auf verbrauchssteuerpflichtige Waren wie alkoholische Getränke. So geht der EuGH in seiner Rechtsprechung davon aus, dass indirekte Steuern als Verbrauchssteuern eine „besondere Zielsetzung“, d. h. andere als reine Haushaltszwecke verfolgen müssten. Außerdem hätten sie „die Besteuerungsgrundsätze der Verbrauchssteuern oder der Mehrwertsteuer in Bezug auf die Besteuerungsgrundlage sowie die Berechnung, die Steuerentstehung und die steuerliche Überwachung zu beachten.“

Nach der Regelung in Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 92/12 ist es den Mitgliedsstaaten dagegen weiterhin freigestellt, Steuern auf nicht verbrauchssteuerpflichtige Waren (Unterabsatz 1) oder auf Dienstleistungen, „auch in Zusammenhang mit verbrauchssteuerpflichtigen Waren, (…) sofern es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt“ (Unterabsatz 2), einzuführen oder beizubehalten.“

In den Entscheidungsgründen führt der EuGH aus, dass für die Bestimmung, ob die mit der Getränkesteuer erhobene Steuer verbrauchssteuerpflichtige Waren i.S.v. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 92/12 oder eher die Dienstleistungen betrifft, die im Zusammenhang mit verbrauchssteuerpflichtigen Waren i.S.v. Art. 3 Abs. 3 (2) der Richtlinie erbracht werden, das überwiegende Element des besteuernden Umsatzes zu berücksichtigen ist. Dementsprechend sei für jeden besteuerten Umsatz festzustellen, ob entweder die Lieferung oder die Dienstleistung das überwiegende Element sei.

Auf der Grundlage dieser Voraussetzungen kommt der EuGH hinsichtlich der Tätigkeit der Volkswirt Weinschänken GmbH, die eine Gaststätte betreibt, in der Speisen und Getränke serviert werden, zu folgender Auffassung:

Die Abgabe alkoholhaltiger Getränke an Kunden im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit gehe mit einer Reihe von Dienstleistungen einher, die sich von den Vorgängen unterschieden, die notwendig mit der Vermarktung solcher Waren verbunden seien. Es handele sich um die Zurverfügungstellung einer Infrastruktur, die einen möblierten Speisesaal mit Nebenräumen (Garderobe, Toiletten, usw.) umfasse, um die Beratung und Information der Kunden hinsichtlich der servierten Getränke, um die Darbietung der Getränke in einem geeigneten Gefäß, um die Bedienung bei Tisch und schließlich um das Abdecken der Tische und die Reinigung nach dem Verzehr. Die Abgabe alkoholhaltiger Getränke im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit sei durch ein Bündel von Elementen und Handlungen gekennzeichnet, von denen die Lieferung des Gegenstandes selbst nur ein Bestandteil darstelle und bei denen die Dienstleistungen überwögen. Deshalb sei eine Steuer, die auf die Abgabe alkoholischer Getränke im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit erhoben werde, als eine Steuer auf Dienstleistungen „im Zusammenhang mit verbrauchssteuerpflichtigen Waren“ i.S.v. Art. 3 Abs. 2 (2) der Richtlinie 92/12 anzusehen. Es handele sich auch nicht um eine umsatzbezogene Steuer, weil sie nur für eine bestimmte Warengruppe, nämlich alkoholhaltige Getränke, gelte.

Weiterhin entschied das Gericht, dass die Erhebung der Steuer nach Art. 3 Abs. 3 (2) nicht von den in Abs. 2 genannten Voraussetzungen – also nicht von der Verfolgung einer besonderen Zielsetzung – abhängt.

Dies im Ergebnis kommunalfreundliche Urteil ist zu begrüßen. Die Feststellung des Gerichtes, dass kommunale Verbrauchssteuern EU-rechtskonform sind, wenn sie die entgeltliche Abgabe alkoholhaltiger Getränke in dienstleistungsgeprägten Unternehmen wie Lokale und Gaststätten besteuern, schafft Rechtsicherheit. Kommunen, die die Erhebung einer Getränkesteuer planen oder durchführen, müssen in ihren Satzungen und bei der Besteuerung beim Dienstleistungs- und nicht beim Lieferungsbezug des zu besteuernden Vorgangs ansetzen.

Az.: IV/1 933-03

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