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StGB NRW-Mitteilung 396/1996 vom 20.08.1996

Erziehungsgeld und Ratsmandat

Im Bereich des Versorgungsamtes Münster wurden Fälle bekannt, in denen Mandatsträger wegen ihrer Ratstätigkeit die Gewährung von Erziehungsgeld versagt wurde. Dies hat den Abgeordneten des Landtags Groth veranlaßt, an die Landesregierung eine Kleine Anfrage zu richten, die nunmehr von der Landesregierung beantwortet wurde. Wortlaut der Kleinen Anfrage und der Antwort des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, die namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Innenminister und dem Finanzminister erging, wird nachfolgend wiedergegeben.

Anfrage:

"In einem Artikel der Münsterischen Zeitung vom 19. April 1996 wird von einem Ratsmitglied aus Nottuln berichtet, dem durch das Versorgungsamt Münster als zuständige Bewilligungsbehörde das Erziehungsgeld seit nunmehr sechs Monaten verweigert wird.

Ehrenamtliche Ratstätigkeit wird seitens des Versorgungsamtes als "Arbeitszeit" gewertet. Nach mehreren Monaten Bearbeitungszeit hat die Behörde den Vorgang zur weiteren Prüfung an das Bundesministerium abgegeben.

Die finanzielle Situation des Mandatsträgers zwingt ihn jetzt nach sechs Monaten zu der Überlegung, ob er nicht sein Ratsmandat aufgeben muß.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Ist die ehrenamtliche Tätigkeit als Mitglied einer kommunalen Vertretung "Arbeitszeit"?

2. Ist die Aufwandsentschädigung für kommunale Mandatsträger eine Bezahlung?

3. Wie kann die Landesregierung sicherstellen, daß Ratsmitglieder sich nicht zwischen Erziehungsgeld und dem Ratsmandat entscheiden müssen?

4. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, dem "Treiben" des Versorgungsamtes Münster ein Ende zu bereiten?

5. Sind der Landesregierung ähnliche Fälle bekannt?"

Antwort:

"Erziehungsgeld soll die Leistung der Eltern für die Betreuung und Erziehung ihres Kindes in der ersten Lebensphase anerkennen und ihre wirtschaftliche Situation in dieser Zeit verbessern. Es wird auch deswegen gezahlt, um der Mutter oder dem Vater die Möglichkeit einzuräumen, ganz oder teilweise auf eine Erwerbstätigkeit zu verzichten, um sich vorrangig der Kindererziehung zu widmen.

Anspruch auf Erziehungsgeld hat, wer keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 Bundeserziehungsgeldgesetz [BErzGG]). Erwerbstätigkeit i.S. des BErzGG ist jede erlaubte Tätigkeit (selbständige Tätigkeit oder unselbständige Beschäftigung), die auf die Erzielung von Erwerbseinkommen gerichtet ist.

Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 BErzGG liegt keine volle Erwerbstätigkeit vor, wenn die wöchentliche Arbeitszeit 19 Stunden nicht übersteigt.

Zur Frage 1

Kommunale Mandatsträger sind ehrenamtlich tätig. Deshalb ist die Ausübung des Mandats grundsätzlich nicht als "Arbeitszeit" im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 BErzGG zu werten. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn Mandatsträger zugleich erwerbstätig sind und Erziehungsgeld beziehen. In diesen Fällen ist die Zeit Mandatstätigkeit, die in die Zeit der Erwerbstätigkeit fällt, ebenfalls als "Arbeitszeit" im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 BErzGG anzusehen.

Zur Frage 2

Nein. Kommunale Mandatsträger erhalten mit der Aufwandsentschädigung kein "Entgelt" für erbrachte "Arbeitsleistungen". § 45 Gemeindeordnung (GO) unterscheidet zwischen dem Ersatz des Verdienstausfalls einerseits - dies ist der Einkommenserzielung gleichzusetzen - sowie der Erstattung von Kinderbetreuungskosten und dem Ersatz für sonstige mandatsbedingte Aufwendungen andererseits. Letztere werden durch die Aufwandsentschädigung abgedeckt.

Die steuerliche Behandlung ist hiervon unabhängig.

Zur Frage 3

Aus den Antworten auf die Fragen 1 und 2 folgt, daß sich für Ratsmitglieder - wie für alle anderen Bürgerinnen und Bürger auch - die Frage der Entscheidung nur zwischen dem Bezug von Erziehungsgeld und der Ausübung einer Erwerbstätigkeit stellt. Hierauf hat die Landesregierung keinen Einfluß.

Zur Frage 4

Nach § 60 SGB I haben Antragsteller alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind.

Die Erziehungsgeldkasse des Versorgungsamtes Münster war unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften bemüht, den Sachverhalt aufzuklären. Allerdings kam der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht in vollem Umfang nach.

Abgesehen davon wurde der Antrag auf Gewährung von Erziehungsgeld für das zweite Lebensjahr mit Bescheid vom 29. Mai 1996 abgelehnt, weil die wöchentliche Arbeitszeit des Antragstellers ohnehin bereits 19 Stunden übersteigt. Die Landesregierung sieht daher keine Veranlassung, das Verfahren des Versorgungsamtes zu beanstanden.

Zur Frage 5

Ja. Schwierigkeiten sind daraus jedoch nicht erwachsen."

Az.: I/2-020-08-45/2

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