Mitteilungen - Recht, Personal, Organisation

StGB NRW-Mitteilung 293/2009 vom 13.05.2009

Erteilung von Vollmachten nach § 64 Abs. 3 GO NRW

In der Vergangenheit haben die meisten Kommunen Vollmachten zur Vertretung der Gemeinde „in allen Grundstücksangelegenheiten“ erteilt. Der BGH hat mit Urteil vom 27.10.2008 – II ZR 158/06 – entschieden, dass eine entsprechende Vollmachtserteilung unwirksam sei, weil dadurch die Vorschriften über die Gesamtvertretung des § 64 GO unterlaufen würden und die Stadt nicht ausreichend geschützt sei. Anlässlich zahlreicher Anfragen zu dieser Problematik nimmt die Geschäftsstelle wie folgt Stellung:

Gemäß § 64 Abs. 1 GO bedürfen Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, der Schriftform. Sie sind von dem Bürgermeister oder seinem Stellvertreter und einem vertretungsberechtigten Beamten oder Angestellten zu unterzeichnen. Darin liegt die Anordnung einer Gesamtvertretung (BGH, Urteil vom 04. Dezember 1981 – V ZR 241/80, NJW 1982, 1036, 1037; vom 15. April 1998 – VIII ZR 129/97, NJW 1998, 3058, 3060). In welchem Umfang der Bürgermeister selbst – auch bei der Unterzeichnung von Verpflichtungserklärungen - vertreten werden kann, richtet sich nach § 68 GO und braucht deshalb nicht noch einmal in § 64 GO erwähnt zu werden. Es ist also selbstverständlich, dass der allgemeine Vertreter oder die Beigeordneten in ihrem Arbeitsgebiet an erster Stelle unterzeichnen können. „Und ein vertretungsberechtigter Bediensteter“ bedeutet hier nur, dass neben dem Bürgermeister, der sich nach § 68 Abs. 1 und 2 GO vertreten lassen kann, außerdem der allgemeine Vertreter oder ein Beigeordneter oder ein Bediensteter, der nach § 68 Abs. 3 GO mit der auftragsweisen Erledigung bestimmter Angelegenheiten (hier Unterzeichnung von Verpflichtungserklärungen) betraut worden ist, unterzeichnen kann. Letztere werden vom Bürgermeister im Rahmen seiner Geschäftsverteilungsbefugnis im Sinne des § 62 Abs. 1 Satz 3 GO bestellt.

Der Unterschrift dieser zwei in § 64 Abs. 1 GO genannten Personen bedarf es nach § 64 Abs. 2 und 3 GO NW nur dann nicht, wenn ein Geschäft der laufenden Verwaltung betroffen ist oder wenn ein für ein bestimmtes Geschäft oder einen Kreis von Geschäften ausdrücklich Bevollmächtigter die Erklärung abgibt.

Eine derartige Vollmacht ist allerdings nur wirksam, wenn sie nicht so weit gefasst ist, dass damit die Vorschriften über die Gesamtvertretung unterlaufen werden (vgl. BGH, Urteil vom 06. Mai 1997 – KZR 43/95, ZIP 1997, 2166, 2168). Die Gesamtvertretung dient dem Schutz des Vertretenen. Der BGH hat in seinem Urteil vom 27.10.2008 dazu ausgeführt, dass der von § 64 Abs. 1 GO bezweckte Schutz der Gemeinde unterlaufen würde, wenn für den Bereich der Grundstücksgeschäfte eine umfassende Einzelvollmacht erteilt werden könnte. Die gesetzlich angeordnete Gesamtvertretung wäre dann für einen wichtigen Geschäftsbereich in eine Alleinvertretungsmacht umgewandelt. Das würde gegen den Zweck des § 64 GO NW verstoßen.

Der BGH macht leider keine Ausführungen dazu, unter welchen Voraussetzungen eine Vollmacht für einen bestimmten Kreis von Geschäften im Sinne des § 64 Abs. 3 GO wirksam ist und wo die Grenzen zu ziehen sind. Daher ist auch die Aufführung von Wertgrenzen in der Vollmacht rechtsunsicher. Aus unserer Sicht empfiehlt es sich, eine Vollmacht in Zukunft so konkret zu fassen, dass darin die Grundstücksgeschäfte bzw. die betroffenen Grundstücke aufgeführt werden. Sollte weiterhin an einer Alleinvertretungsvollmacht festgehalten werden, so führt dies allerdings dazu, dass sowohl die Verpflichtungs- als auch die Verfügungsgeschäfte schwebend unwirksam sind. Der BGH zeigt für diesen Fall in seiner Entscheidung selbst eine praktikable Lösung auf. Die vom Beamten als Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegebene Erklärung kann von der Stadt schriftlich genehmigt werden. Auch dieser Weg ist aus unserer Sicht gangbar und könnte entsprechend mit dem beurkundenden Notar abgesprochen werden. Nach Auskunft der Rheinischen Notarkammer fallen für die Genehmigung keine weiteren Gebühren an. Aber auch dies sollte mit den Notaren vorab geklärt werden.

Von der schwebenden Unwirksamkeit sind auch alle Verträge in der Vergangenheit betroffen. Eine nachträgliche Genehmigung auch dieser Verträge erscheint in Anbetracht der Zahl der getätigten Grundstücksgeschäfte jedoch nur dann für erforderlich, wenn Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit den Grundstücksgeschäften anstehen. Sofern die Grundstücksgeschäfte entsprechend der abgeschlossenen schwebend unwirksamen Verträge bereits umgesetzt wurden, sehen wir hier zurzeit keinen Handlungsbedarf. Im Einzelfall sollte eine Absprache mit den beurkundenden Notaren vorgenommen werden.

Das Urteil kann im Intranet unter Fachinformationen und Service, Recht und Verfassung, Gemeindeordnung NRW, Vollmachten für Grundstücksgeschäfte, abgerufen werden.

Az.: I/3 020-08-64

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