Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 297/2002 vom 05.06.2002

Erste Sitzung der Kommission zur Gemeindefinanzreform

Am 23.05.2002 trat in Berlin die Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen (siehe hierzu auch Mitteilungsnotiz 235/2002). Der nordrhein-westfälische Innenminister Behrens, der in der Kommission die Innenminister der Länder vertritt, forderte ebenso wie sein Kabinettskollege Schartau (Vertreter der Sozialministerkonferenz in der Kommission) eine Modernisierung der Gewerbesteuer. Behrens warnte davor, die Steuergesetze völlig umzuwerfen, wie dies von manchen Interessengruppen gefordert werde. Er plädierte deshalb dafür, unter Beibehaltung der Gewerbesteuer die Vorteile des jetzigen Systems beizubehalten und gleichzeitig die starke Abhängigkeit von kurzfristigen Konjunkturschwankungen zu beseitigen.

Die Landesregierung ist somit auf eine Linie eingeschwenkt, die der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen in der Diskussion um eine Gemeindefinanzreform seit Jahren konsequent vertritt.

Die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene haben zum Arbeitsantritt der Kommission ein 12-Punkte-Papier vorgelegt, dessen Wortlaut nachfolgend wiedergegeben ist:

"Die kommunalen Spitzenverbände erheben folgende Forderungen für die Arbeit der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen:

Zum Kommissionsauftrag

1. Vordringliche Aufgabe der Kommission ist eine grundlegende Korrektur der Fehlentwicklungen im geltenden Gemeindefinanzsystem. Die Reform muss für einen großen Teil der Kommunen eine erhebliche Stärkung ihrer heutigen Finanzausstattung bringen, die durch den vom Gesetzgeber verursachten Substanzverlust der gemeindlichen Steuereinnahmen insbesondere bei der Gewerbesteuer sowie durch staatliche Leistungsverpflichtungen ohne zusätzliche Finanzmittel und erzwungene Mitfinanzierungen gesamtstaatlicher Ausgaben geprägt ist . Insbesondere kann die aktuelle Gewerbesteuerschätzung, die inzwischen für die Jahre 2001 bis 2005 um über ein Fünftel unter den Aufkommenserwartungen im Jahr 2000 liegt, keine Verhandlungsbasis für die Gemeindefinanzreformkommission sein. Vielmehr müssen die massiven Gewerbesteuerausfälle, die die Städte und Gemeinden durch diesen Einbruch erlitten haben, ausgeglichen werden.

Deshalb ist die Vorgabe an die Kommission, von vornherein auf die Vermeidung von Aufkommens- bzw. Lastenverschiebungen zwischen den Ebenen zu achten, eine nicht zu rechtfertigende Einschränkung, die kaum Möglichkeiten eröffnet, die großen kommunalen Finanzprobleme zu lösen.

Das Postulat, auf weitere Lastenverschiebungen zwischen den Ebenen zu verzichten, kann nur für die Zukunft nach Korrektur von Fehlentwicklungen der Vergangenheit gelten. Um sicherzustellen, dass Maßnahmen der angestrebten Gemeindefinanzreform künftig nicht wieder durch Aufkommens- und Lastenverschiebungen zu Lasten der Kommunen ohne finanziellen Ausgleich in Frage gestellt werden, müssen auch die Verankerung des Konnexitätsprinzips sowie die Stärkung und verfassungsmäßige Absicherung institutionalisierter Mitwirkungsrechte der Kommunen bei den Gesetzgebungsverfahren des Bundes und der Länder Gegenstand der Kommissionsberatungen sein.

2. Angesichts der ausdrücklichen Nennung der Zukunft der Gewerbesteuer und der finanziellen Folgen einer effizienteren Gestaltung der unterschiedlichen sozialen Transfersysteme Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für die Gebietskörperschaften als Mittelpunkt der Kommissionsarbeit betonen die kommunalen Spitzenverbände noch einmal ausdrücklich, dass

- nicht nur die Zukunft der Gewerbesteuer, sondern das gesamte Gemeindesteuersystem sowie

- nicht nur die Arbeitslosen- und Sozialhilfe, sondern auch andere Aufgaben- und Ausgabenbelastungen der Kommunen, die wesentlich zur Zuspitzung der kommunalen Finanzprobleme beigetragen haben,

Gegenstand der Kommissionsberatungen sein müssen. Die kommunalen Spitzenverbände verweisen dazu nochmals auf den Themenkatalog aus ihrem Schreiben vom 08.10.2001 an den Bundesfinanzminister und die Ministerpräsidenten der Länder.

Zu den Einnahmen

3. Das aktuell drastisch sinkende Steueraufkommen der Städte und Gemeinden in ihrer Gesamtheit muss erhöht und auf einem Niveau verstetigt werden, das die kommunale Handlungsfähigkeit auf Dauer gewährleistet. Der nötige Finanzspielraum für freiwillige kommunale Aufgaben ist zu schaffen.

4. Die Bemessungsgrundlage und der Kreis der Steuerpflichtigen der Gewerbesteuer und jeder anderen wirtschaftskraftbezogenen Steuerquelle (Artikel 28 Abs. 2 Satz 3 GG) sind zu verbreitern, um die Abhängigkeit von den versteuerten Gewinnen nur weniger Steuerzahler vor Ort zu verringern.

5. Die für die Kommunen unverzichtbare Finanzautonomie erfordert auch künftig Gestaltungsmöglichkeiten durch uneingeschränkte Hebesatzrechte.

Zu den Ausgaben

6. Die den Kommunen übertragenen Aufgaben und die daraus resultierenden Ausgaben müssen zurückgeführt werden. Die kommunale Mitfinanzierung staatlicher Aufgaben ohne vollen und unmittelbaren Ausgleich der jeweiligen örtlichen Belastungen der Kommunen ist zu beenden.

7. Bei einer Zusammenführung der Arbeitslosen aus Arbeitslosen- und Sozialhilfe muss der Bund dauerhaft die finanzielle Verantwortung übernehmen. Bei allen organisatorischen Maßnahmen muss sichergestellt werden, dass es keine zusätzliche Belastung für die Kommunen gibt. Im Übrigen muss für die Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt der Grundsatz gelten, Menschen zu fördern und zu fordern.

Zu den Strukturfragen

8. Das Konnexitätsprinzip (Wer bestellt, bezahlt.) ist verfassungsrechtlich fest zu schreiben.

9. In der Verfassung muss ein Konsultationsmechanismus nach österreichischem Beispiel verankert werden. Danach müssen die kommunalen Spitzenverbände konsultiert werden, sobald Bund oder Länder neue Aufgaben gesetzlich fixieren, die die Gemeinden übernehmen und finanzieren sollen. Kommt keine Einigung zustande, muss diejenige Ebene die Kosten tragen, die das Gesetz veranlasst hat.

Zu den Arbeitsabläufen

10. Trotz je zwei Kommissionssitzen für die kommunalen Spitzenverbände sind die Betroffenen, die Kommunen, in der Kommission mit 6 von 26 Sitzen bei weitem in der Minderheit. Auch gegenüber den Ländern, die mit insgesamt 9 Mitgliedern in der Kommission vertreten sind, gibt es ein Ungleichgewicht. Deshalb dürfen in der Kommission keine Beschlüsse gegen das Votum der kommunalen Spitzenverbände gefasst werden.

11. Die kommunalen Spitzenverbände halten die ständige Begleitung der Arbeitsgruppenarbeit durch Wissenschaftler und andere externe Experten für notwendig und gehen davon aus, dass auch hier bei der Besetzung ihren Vorschlägen entsprochen wird. Darüber hinaus sollte die Möglichkeit bestehen, bei Bedarf zu einzelnen Fragenkomplexen weitere Experten hinzuzuziehen.

12. Für eine fundierte Meinungsbildung über die diskutierten Reformmaßnahmen ist es unverzichtbar, die finanziellen Auswirkungen der Reformmaßnahmen mit einer hinreichenden Genauigkeit zu quantifizieren. Dabei ist von vornherein sicherzustellen, dass die notwendigen Quantifizierungen zumindest nach Gemeindetypen, soweit wie möglich auch gemeindescharf durchgeführt werden. Nur auf der Basis derartiger differenzierter Datengrundlagen sind den kommunalen Spitzenverbänden Bewertungen der diskutierten Reformmaßnahmen möglich. Quantifizierungen nur für die Gesamtheit aller Kommunen entsprechen nicht den Anforderungen, die an Beurteilungskriterien von Gemeindefinanzreformmaßnahmen gestellt werden müssen. Wegen des notwendigen Zugangs zu Steuerdaten, der den Kommunen verwehrt ist, und des insbesondere im Bundesfinanzministerium vorhandenen Apparates zur Quantifizierung finanzieller Auswirkungen von Rechtsänderungen liegt die Verantwortung für diese Quantifizierungen der finanziellen Auswirkungen der Reformmaßnahmen bei Bund und Ländern. Die kommunalen Spitzenverbände erwarten jedoch vollständige Information über diese Berechnungen und ihre Grundlagen."

Az.: IV/1-900-01

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