Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 734/2002 vom 05.12.2002

Erste Gespräche zum Grünbuch Daseinsvorsorge

Die Europäische Kommission plant ein Grünbuch zur Daseinsvorsorge. Dies hatte sie in einer Mitteilung an den Rat und das Parlament zu ihrer laufenden Strategie- und Programmplanung (KOM(2002)427 endgültig, vom 28.08.02) angekündigt.

Grünbücher sind ein Instrumentarium der Europäischen Kommission, um ein bestimmtes Thema ausführlich darzulegen und gegebenenfalls Maßnahmen, die die Kommission ergreifen will, vorzustellen. Sehr viele Initiativen der Kommission werden vorab durch Grünbücher bekanntgemacht. Grünbücher sind Teil des Konsultationsmechanismusses im Vorfeld eines Rechtsetzungsaktes.

In der Regel folgt auf ein Grün- ein Weißbuch. Dieses geht einen Schritt weiter. Es enthält das in allgemeiner Form präsentierte Gesetzgebungsprogramm der Kommission. Seinem Inhalt nach ähnelt es einem formellen Rechtsetzungsvorschlag der Kommission, ohne selbst ein solcher Vorschlag zu sein. Auch das Weißbuch gibt interessierten Personen die Möglichkeit, sich zu dem Gesetzgebungsentwurf zu äußern. Der eigentliche Rechtsetzungsakt folgt der Diskussion des Grün- und Weißbuches nach.

Die Erarbeitung eines Grünbuches durch die Kommission zum Thema "Daseinsvorsorge" geht über die bisherigen Initiativen in diesem Bereich deutlich hinaus. Es ist zu erwarten, daß das Thema "Daseinsvorsorge" umfassend und nicht nur, wie bisher, mit dem Blick auf die Anwendung des Wettbewerbsrechts aufgearbeitet wird. Auch dürften eventuell vorgeschlagene Rechtsetzungsakte nicht auf den bisher vorgeschlagenen Rahmen beschränkt sein. Dieser umfaßte, ausgehend von den entsprechenden Beschlüssen des Europäischen Rates, insbesondere Leitlinien zur Gewährleistung von mehr Rechtssicherheit bei der Anwendung des Beihilferechts sowie eine Mitteilung zur Evaluierung der Leistungen der Daseinsvorsorge.

Eine grundsätzliche Befassung mit dem Thema Daseinsvorsorge auf europäischer Ebene kann für die Städte und Gemeinden in Deutschland den Vorteil haben, daß der Stellenwert dieser vielfach kommunalen Dienstleistungen innerhalb des europäischen Gesellschafts- und Wirtschaftsmodells angehoben wird. Andererseits besteht aber auch die Gefahr, daß die Europäische Ebene eine verstärkte Regelungskompetenz in diesem Bereich für sich in Anspruch nimmt. Durch solche Regelungen könnte die bisher bestehende Gestaltungsfreiheit der deutschen Kommunen bei der Erbringung der Leistungen der Daseinsvorsorge eingeschränkt werden.

Die Hauptgeschäftsstelle des Deutschen Städte- und Gemeindebundes hat dazu am 30. September 2002 ein Gespräch mit den zuständigen Mitarbeitern im Generalsekretariat der Kommission geführt. Die Vertreter des Deutschen Städte- und Gemeindebundes haben den Kommissionsvertretern in diesem Gespräch insbesondere das Anliegen verdeutlicht, mehr Rechtssicherheit für die kommunale Daseinsvorsorge zu erreichen.

Die Generaldirektion Binnenmarkt begann das Gespräch mit einem deutlichen Bekenntnis zur Marktöffnung und zum freien Wettbewerb. Jegliche generelle Ausnahmeregelungen hinsichtlich des europäischen Wettbewerbs- und Vergaberechts für die kommunale Daseinsvorsorge wurden vehement abgelehnt. Nach Auffassung der Generaldirektion können die Kommunen in Deutschland allerdings schon heute ihre bisherigen wirtschaftlichen Betätigungen grundsätzlich fortsetzen. Dem stehe das europäische Recht nicht entgegen. Problematisch seien vielmehr das nationale, und hier insbesondere das Gemeindewirtschaftsrecht. Diese Regelungen seien für die Generaldirektion unverständlich. Außerdem wurde in dem Gespräch betont, daß kommunale Einrichtungen in Deutschland für die Generaldirektion kein Anlaß für "schlaflose Nächte" seien. Die Kommission konzentriere sich auf die wettbewerbsrechtlichen Verstöße, die erhebliche Auswirkungen auf den Binnenmarkt haben. Dies schließe jedoch nicht aus, daß jedem kommunalen Einzelfall, in dem durch einen Wettbewerber eine Beschwerde erhoben würde, nachgegangen werde.

Die Generaldirektion Wettbewerb, die sich um beihilferechtliche Fragen kümmert, sieht in dem Grünbuch kein geeignetes Mittel, um mehr Rechtssicherheit für die kommunale Daseinsvorsorge in Deutschland zu erreichen. Die beihilferechtlichen Fragen würden in diesem Papier lediglich allgemein dargestellt. Höhere Erwartungen stellt die Generaldirektion an die von ihr parallel erarbeiteten Leitlinien zur Anwendung des Beihilferechts auf Leistungen der Daseinsvorsorge. Hier sollen rechtliche Fragen möglichst detailliert dargestellt werden. Zur Zeit halte sich die Generaldirektion an die Ferring-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes. Danach seien Zuwendungen der Kommunen an ihre Unternehmen, die lediglich eine Kompensation für die besonderen Aufgaben, die diese im Rahmen der Daseinsvorsorge erfüllen, darstellten, keine Beihilfen und müßten daher auch nicht bei der Kommission notifiziert werden. Positiv zu bewerten ist außerdem die Auffassung der Gesprächspartner in der Generaldirektion Wettbewerb, daß die Frage, ob eine Leistung lediglich eine Kompensation darstelle oder darüber hinausgehe, nicht nur durch eine Ausschreibung zu klären sei. Die Generaldirektion geht vielmehr davon aus, daß eine transparente Buchführung der Unternehmen, die eine entsprechende Überprüfung im Streitfall gewährleistet, zielführender sei.

Az.: IV/1 970-08

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