Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 242/2001 vom 05.04.2001

Erlass zur Klärschlamm-Behandlung

Mit Erlaß vom 02. März 2001 hat das Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen die Bezirksregierungen und die staatlichen Umweltämter aufgefordert, die Betreiber von Kläranlagen anzuweisen, die landwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm wegen der "BSE-Problematik" bis auf weiteres einzustellen und sichere Entsorgungswege wie die thermische Verwertung zu beschreiten. Betroffen sind nach dem Erlaß die Betreiber von Kläranlagen, in denen Abwasser aus

- Tiermehlerzeugnisanlagen,

- Schlachthöfen und Fleisch verarbeitenden Betrieben,

- Fettschmelzen und

-Häute und Fell verarbeitenden Betrieben

behandelt wird.

Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände im Land Nordrhein-Westfalen hat mit Schreiben vom 19.03.2001 hierzu gegenüber dem Umweltministerium NRW wie folgt Stellung genommen:

"Die kommunalen Spitzenverbände haben bereits in der Vergangenheit deutlich gemacht, daß sich die Kommunen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen hinsichtlich der Vertretbarkeit einer landbaulichen Klärschlammverwertung unter den Gesichtspunkten des Verbraucher- und Bodenschutzes nicht verschließen. Eine Neudiskussion des Umgangs mit Klärschlämmen und eine Überprüfung der derzeitigen Parameter und Werte der Klärschlammverordnung halten wir ebenso für geboten wie das MUNLV und sind für Gespräche jederzeit offen. Im Falle einer Neubewertung der landwirtschaftlichen Verwertung von Klärschlämmen muß allerdings ein gemeinsames Vorgehen zur Bewältigung der hieraus entstehenden Gesamtproblematik gefunden werden. Insofern haben wir mit Bedauern zur Kenntnis genommen, daß das MUNLV die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung bei "BSE-gefährdeten" Betrieben im Erlasswege bis auf weiteres untersagt, ohne den Kommunalen Spitzenverbänden im Vorfeld Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Die vorgenommene Verknüpfung von BSE- und Klärschlammproblematik ist uns trotz verschiedener Gespräche, die diesbezüglich mit Ihrem Hause gerade auch in der jüngsten Vergangenheit geführt worden sind, erstmalig zur Kenntnis gelangt. Aus unserer Sicht erscheint es fraglich, ob der in dem Erlaß behauptete Ursachenzusammenhang hinreichend fundiert ist. Einen wissenschaftlich gesicherten Anhaltspunkt, der objektiv auf eine mögliche Kausalität hinweist, scheint es jedenfalls nicht zu geben. Insoweit drängt sich der Eindruck auf, daß die BSE-Problematik genutzt wird, die Ihrerseits gewünschten Ergebnisse künftiger Gespräche zum Thema Klärschlamm vorwegzunehmen und ein Aufbringungsverbot ohne eine vorangehende umfassende Neudiskussion festzuschreiben.

Im einzelnen:

1. Eine Rechtsgrundlage für den Erlaß ist nicht ersichtlich. Die Klärschlammverordnung des Bundes liefert keine Grundlage, die Verwertung von Klärschlämmen zu untersagen, die den Grenzwerten der Klärschlammverordnung entsprechen. Ebenso hält das KrW/AbfG keine Rechtsgrundlage bereit.

2. Der Erlaß führt in der Praxis dazu, daß im Ergebnis überhaupt keine Klärschlämme mehr in die landbauliche Verwertung gegeben werden können, weil flächendeckend in allen Kläranlagen des Landes Nordrhein-Westfalen Abwässer aus fleischverarbeitenden Betrieben wie z.B. Metzgereien eingeleitet werden. Vor diesem Hintergrund wird mit dem Erlaß die landbauliche Klärschlammverwertung gewissermaßen auf "Null" gesetzt und in bestehende Verträge über die Verwertung von Klärschlämmen eingegriffen, wobei Schadensersatzpflichten wegen Nichterfüllung der bestehenden Verträge nicht ausgeschlossen werden können.

3. Der Erlaß wird im wesentlichen mit der Ausbreitung von BSE-Erregern durch die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung begründet. Es fehlt allerdings – wie bereits ausgeführt – an einem wissenschaftlichen Anhaltspunkt, der als Begründung für den Erlaß belegt, daß ein derartig weitreichender Schritt unabdingbar angezeigt ist. Anderenfalls müßte nicht nur die landbauliche Klärschlammverwertung, sondern auch die landbauliche Verwertung von Komposten aus Bioabfällen sowie die Aufbringung von Gülle auf landwirtschaftliche Flächen unter dem Gesichtspunkt der BSE-Problematik in Frage gestellt werden.

4. Darüber hinaus müßte den Kommunen konsequenterweise auch eine Handhabe gegenüber "BSE-gefährdeten" Indirekteinleitern an die Hand gegeben werden.

Vor diesem Hintergrund bitten wir dringend darum, den Erlaß nochmals auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen und uns gegebenenfalls über die Rechtsgrundlage und die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zu informieren, die die weitreichenden Auswirkungen des Erlasses erforderlich machen. Anderenfalls können wir unseren Mitgliedern nicht von rechtlichen Schritten gegen Anordnungen, die auf der Grundlage des Erlasses getroffen werden, abraten.

Wir halten es für geboten, die grundsätzliche Frage der Klärschlammverwertung in umfassenden Gesprächen aufzubereiten und eventuelle neue Wege erst dann zu beschreiten, wenn den Akteuren vor Ort zeitlich die Gelegenheit gegeben worden ist, Alternativlösungen vorzubereiten.

Für ein etwaiges Gespräch stehen wir jederzeit zur Verfügung."

Az.: II/2 24-091

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