Mitteilungen - Schule, Kultur, Sport

StGB NRW-Mitteilung 57/1998 vom 05.02.1998

Erhebung eines Eigenanteils bei den Schülerfahrkosten

Durch das Gesetz zur Stärkung der Leistungsfähigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen vom 25. November 1997 (GV. NW. S. 430) ist auch § 7 des Schulfinanzgesetzes geändert worden. Die Schulträger haben nunmehr die Möglichkeit, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen von Schülerinnen und Schülern bzw. deren Erziehungsberechtigten einen Eigenanteil zu den Kosten der Schülerbeförderung zu erheben. Die Geschäftsstelle hat hierüber mit Schnellbrief vom 1. Dezember 1997 sowie in den Mitteilungen vom 5. Januar 1998 (lfd. Nr. 11) informiert.

Zahlreiche Anfragen bei der Geschäftsstelle belegen, daß die praktische Umsetzung des Gesetzes mit einer Vielzahl offener Probleme verbunden ist.

Da mit den vom Ministerium für Schule und Weiterbildung angekündigten Änderungen der Verwaltungsvorschriften zur Schülerfahrkostenverordnung nicht vor März 1998 zu rechnen ist, möchte die Geschäftsstelle nachfolgend einige Erläuterungen zu den wichtigsten Fragen geben:

1. Form der Entscheidung

Unsicherheit besteht darüber, ob es sich bei der Entscheidung über das "Ob" und die Höhe des Eigenanteils um ein Geschäft der laufenden Verwaltung im Sinne des § 41 Abs. 3 GO NW handelt, oder ob ein Ratsbeschluß (ggf. in der Form einer Satzung) erforderlich ist.

Nach Auffassung der Geschäftsstelle sprechen (vorbehaltlich einer etwaigen anderen Regelung in der jeweiligen Hauptsatzung) insgesamt die besseren Argumente für die Auffassung, daß es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handelt. Für diese Überlegung ist weniger das mögliche finanzielle Volumen der Einnahmen maßgebend, sondern die Tatsache, daß die Erhebung eines Eigenanteils Auswirkungen haben kann hinsichtlich der Entscheidung über die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und auch hinsichtlich der Wahl bestimmter Schulen und damit Planungsvorgaben berührt. Vor diesem Hintergrund dürfte in der Regel ein Ratsbeschluß erforderlich sein.

Auf der anderen Seite ist eine förmliche Satzung entbehrlich, da sich die Grundlage für die Erhebung des Eigenanteils unmittelbar aus einer gesetzlichen Grundlage, nämlich aus § 7 Schulfinanzgesetz ergibt. Ein Entscheidungsspielraum besteht für die Kommunen zum einen in der Entscheidung über das "Ob" sowie in der Festlegung der Höhe, die allerdings durch einen Höchstbetrag im Schulfinanzgesetz begrenzt wird. Für Entscheidungen dieser Art bedarf es allerdings keiner förmlichen Satzung (vgl. die Kommentierung bei Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Randziffer 4 zu § 2).

2. "Berechtigung zur sonstigen Benutzung von Angeboten des ÖPNV"

Tatbestandsvoraussetzung für die Erhebung eines Eigenanteils ist, daß die Schülerzeitkarte "darüber hinaus auch zur sonstigen Benutzung von Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs" berechtigt. Zu dieser Formulierung werden unterschiedliche Auffassungen vertreten bis hin zu der Auslegung, daß die Möglichkeit der Inanspruchnahme anderer Linien bzw. eine wabenübergreifende Fahrberechtigung gegeben sein muß.

Nach Ansicht der Geschäftsstelle findet ein solches einengendes Verständnis keine Stütze im Gesetz. § 7 Abs. 1 Satz 1 Schulfinanzgesetz geht zunächst von den Kosten für solche Fahrten aus, die für die Beförderung von Schülerinnen und Schülern von ihrer Wohnung aus zur Schule und zurück notwendig entstehen. Im folgenden Satz wird davon gesprochen, daß "darüber hinaus" eine sonstige Benutzung von Angeboten des ÖPNV möglich sein muß, um einen Eigenanteil erheben zu können.

Daraus folgt, daß die Möglichkeit zur Benutzung der Zeitkarte für solche Fahrten, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Besuch von Schulveranstaltungen stehen, ausreicht. Dies ist beispielsweise auch dann gegeben, wenn eine Zeitkarte zwar nur zur Benutzung einer bestimmten Linie berechtigt, sie aber auch an Nachmittagen oder Abenden benutzt werden kann.

3. Behandlung von Familien mit mehreren Kindern

Die rechtliche Einordnung von Familien mit mehr als 2 Kindern stellt sich nach Auffassung der Geschäftsstelle folgendermaßen dar:

Grundsätzlich ist es (bei Vorliegen der Voraussetzungen im übrigen) möglich, für jedes minderjährige Kind, das eine Schule besucht, von den Eltern einen Eigenanteil in Höhe von bis zu 20,-- DM zu erheben. Eine Beschränkung ergibt sich nur für den Fall, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt mehrere Kinder der Vollzeitschulpflicht unterliegen. Die Vollzeitschulpflicht dauert gem. § 5 Schulpflichtgesetz in der Regel 10 Schuljahre. Die Konsequenzen aus dieser Regelung lassen sich an Fallbeispielen verdeutlichen:

a) Familie A hat zwei vollzeitschulpflichtige Kinder in den Jahrgangsstufen 7 und 8 einer allgemeinbildenden Schule. Für Familie A gilt somit der Ausnahmetatbestand, daß für das lebensältere Kind ein Eigenanteil von bis zu 20,-- DM, für das jüngere Kind lediglich in einer Höhe von bis zu 10,-- DM gefordert werden kann. Hätte Familie A noch ein drittes vollzeitschulpflichtiges Kind, so könnte für dieses Kind kein Eigenanteil erhoben werden.

b) Familie B hat ebenfalls zwei Kinder. Das erste Kind besucht die Jahrgangsstufe 11 des Gymnasiums, das zweite die Jahrgangsstufe 9. Für Familie B greift die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 1 Satz 3 Schulfinanzgesetz nicht, da lediglich eines der Kinder der Vollzeitschulpflicht unterliegt. Es können somit für beide Kinder Eigenanteile in einer Höhe von jeweils bis zu 20,-- DM erhoben werden.

c) Familie C hat vier Kinder, von denen drei die gymnasiale Oberstufe und eines die Jahrgangsstufe 8 besucht. Auch in diesem Fall greift (wie bei Beispiel b) die Beschränkung nicht, so daß theoretisch Eigenanteile in einer Gesamthöhe von 80,-- DM anfallen können. Dieses Beispiel zeigt deutlich, daß die generelle Aussage, daß für maximal zwei Kinder bezahlt werden muß, in dieser Form nicht richtig ist.

d) Familie D hat drei Kinder, von denen das erste die Jahrgangsstufe 11 und die beiden anderen die Jahrgangsstufen 6 und 7 besuchen. Da Familie D mehrere der Vollzeitschulpflicht unterliegende Kinder hat, greift wiederum die Ausnahmevorschrift aus § 7 Abs. 1 Satz 3 Schulfinanzgesetz. Bei dieser Konstellation stellt sich allerdings die Frage, ob und ggf. wie das Kind in der Jahrgangsstufe 11 zu berücksichtigen ist. Nach Auffassung der Geschäftsstelle ist § 7 Abs. 1 Schulfinanzgesetz seinem Sinn und Zweck nach dahingehend zu verstehen, daß die nicht der Vollzeitschulpflicht unterliegenden Kinder (sowie die volljährigen Kinder) bei der Frage, welches das lebensältere Kind ist, außer Betracht bleiben. Praktisch bedeutet dies folgendes: Für das Kind in der Jahrgangsstufe 11 kann in jedem Fall ein Eigenanteil von bis zu 20,-- DM erhoben werden. Lediglich für die der Vollzeitschulpflicht unterliegenden Kinder 2 und 3 gilt die Einschränkung mit der Folge, daß für das Kind 2 bis zu 20,-- DM und für das Kind 3 bis zu 10,-- DM erhoben werden können. Insgesamt könnte also ein Eigenanteil in einer Gesamthöhe von bis zu 50,-- DM fällig werden.

Wir weisen darauf hin, daß zur Zeit noch offen ist, ob sich das Ministerium für Schule und Weiterbildung der im letzten Beispiel ausgeführten Rechtsauffassung anschließt.

Im übrigen bedeuten die dargestellten rechtlichen Spielräume bei der Behandlung kinderreicher Familien selbstverständlich nicht, daß nicht aus sozialen Gründen auf eine vollständige Ausschöpfung verzichtet werden kann.

4. Sonstige Hinweise

Eine Reihe von Kommunen sind in besonderem Maße mit den notwendigen Kosten der Schülerbeförderung belastet und erhalten deshalb Zuweisungen des Landes nach § 20 Abs. 1 Ziffer 2 Gemeindefinanzierungsgesetz 1998 (entspricht § 16 GFG 1997). Die Geschäftsstelle wird sich dafür einsetzen, daß von diesen Kommunen erwirtschaftete Einnahmen in Form von Eigenanteilen nicht auf die Bedarfszuweisungen angerechnet werden.

Für den Fall, daß überhaupt Eigenanteile erhoben werden sollen, wird es darauf ankommen, Wege zu finden, die den erforderlichen Verwaltungsaufwand reduzieren. Die Geschäftsstelle empfiehlt in diesem Zusammenhang, über Rabattierungsmodelle nachzudenken. So könnte beispielsweise ein Nachlaß von 10 - 15 % für den Fall angeboten werden, daß die Erziehungsberechtigten den in einem Jahr (oder Schuljahr) anfallenden Betrag vorab als Gesamtsumme überweisen. Auch für die Einräumung einer Einzugsermächtigung könnte ein Nachlaß angeboten werden. Die Geschäftsstelle ist dankbar für weitere Anregungen oder Erfahrungsberichte hinsichtlich der praktischen Umsetzung.

Az.: IV/2 214-50/1

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