Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 122/2017 vom 04.01.2017

Entwurf zum Verpackungsgesetz beschlossen

Die Bundesregierung hat am 21.12.2016 den Entwurf zu einem Verpackungsgesetz beschlossen. Das Bundestags- und Bundesratsverfahren schließt sich nun an. Das Bundesministerium für Bauen und Umwelt (BMUB) hatte im Vorfeld den Erlass eines Wertstoffgesetzes aufgegeben. Hintergrund hierfür war, dass der Bundesrat mit Beschluss vom 29.01.2016 den vorgelegten Entwurf zu einem Wertstoffgesetz unter anderem deshalb abgelehnt hat, weil den Städten, Gemeinden und Kreisen die Organisationsverantwortung für die Einweg-Verpackungen aus Kunststoff, Metall und Papier/Pappe/Karton sowie von stoffgleichen Nicht-Verpackungen aus Kunststoff und Metall nicht zurück übertragen worden war.

Daraufhin hatte das BMUB den Entwurf für ein Verpackungsgesetz (VerpackG-E) vorgelegt. Das Verpackungsgesetz soll die zurzeit geltende Verpackungsverordnung ab dem 01.01.2019 ablösen. Der beschlossene Entwurf zu einem VerpackG-E sichert lediglich das seit dem Jahr 1991 bestehende, rein privatwirtschaftliche „Duale System“ (gelber Sack/gelbe Tonne) weiter ab. Zurzeit organisieren in Nordrhein-Westfalen 10 private Unternehmen auf der Grundlage des § 6 Verpackungsverordnung ohne Mitwirkung der Städte und Gemeinden die gelbe Tonne (den gelben Sack).

Finanziert wird das System dadurch, dass die Hersteller und/oder Vertreiber mit einem der 10 privaten Unternehmen (Systembetreiber) auf der Grundlage eines so genannten Lizenzvertrages Geld dafür zahlen müssen, damit diese die Erfassung und Verwertung der gebrauchten Einweg-Verpackungen durchführen. Die Verpackungsverordnung ist seit ihrer Neuauflage im Jahr 1998 bereits sieben Mal geändert worden (im Jahr 2014 sogar zweimal), um das private Erfassungs- und Verwertungssystem für gebrauchte Einweg-Verkaufsverpackungen (auch finanziell) zu stabilisieren.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Städte- und Gemeindebund NRW hatten immer wieder herausgestellt, dass eine nachhaltige Wertstoffwirtschaft nur mit und nicht gegen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (in NRW: Städte, Gemeinden, Kreise) erreicht werden kann. Die Erfahrungen mit dem Dualen System sind dadurch gekennzeichnet, dass die Städte und Gemeinden regelmäßig den Unmut der Bürgerinnen und Bürger abfangen müssen, obwohl sie für dieses rein privatwirtschaftliche System nicht zuständig sind.

Die überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger ist nämlich der nicht zutreffenden Auffassung, dass die Städte und Gemeinden für die gelbe Tonne bzw. den gelben Sack zuständig seien. Immerhin werden seit dem Jahr 1991 Einweg-Verkaufsverpackungen aus Papier/Pappe/Karton im Rahmen der kommunalen Altpapiererfassung etwa über die kommunale Altpapiertonne für Zeitschriften, Zeitungen und Schreibpapier usw. miterfasst. Diese Erfassung erfolgt seither reibungslos. Die bestehende Rechtslage ist für die Städte und Gemeinden keine komfortable Position, so dass es sinnvoll ist, ihnen die Organisationsverantwortung zurückzugeben.

Hinzu kommt, dass das Bundesministerium für Umwelt und Bauen auf eine Anfrage der Bundestags-Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mitgeteilt hat, dass im Jahr 2014 ca. 44,1 % der Einweg-Verkaufsverpackungen aus der gelben Tonne bzw. dem gelben Sack einer energetischen Verwertung in Müllverbrennungsanlagen durch die privaten Systembetreiber zugeführt worden sind. Darüber hinaus ist auch die Mehrwegquote bei den Getränken von 72 % auf mittlerweile 47,5 % (2012) zurückgegangen, so dass nach 25 Jahren Verpackungsverordnung das auf ihr beruhende privatwirtschaftliche Erfassungs- und Verwertungssystem als gescheitert angesehen werden muss.

Inhalt des Entwurfs

Der am 21.12.2016 von der Bundesregierung beschlossene Entwurf für ein Verpackungsgesetz (VerpackG-E) verbessert insgesamt die Situation der Städte und Gemeinden nicht. Vorgesehen wird u. a. die Einrichtung einer Stiftung des bürgerlichen Rechts als zentrale Stelle, die das privatwirtschaftliche System überwachen und flankieren soll. Insoweit wird die Entsorgungssituation für die Bürgerinnen und Bürger in keiner Weise verbessert. Hintergrund für die Gründung der Stiftung ist vielmehr, dass die Hersteller und Vertreiber von Produkten in Einweg-Verkaufsverpackungen dazu angehalten werden sollen, für das Erfassungs- und Verwertungssystem Zahlungen zu leisten, damit eine ausreichende Finanzausstattung gesichert ist.

In § 22 Abs. 2 VerpackG-E ist bezogen auf die Städte, Gemeinden und Kreise zwar vorgesehen, dass diese als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in einer schriftlichen Abstimmungsvereinbarung Rahmenvorgaben für die Erfassung von Einwegverpackungen im Hinblick auf die Art des Sammelsystems (gelbe Tonne oder gelber Sack), die Art und Größe der Sammelbehälter sowie die Häufigkeit der Behälterentleerungen machen können (Rahmenvorgabe). Diese Möglichkeit steht aber unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass keine Anforderungen gestellt werden dürfen, die für die privaten Systembetreiber technisch nicht möglich oder wirtschaftlich unzumutbar sind.

Dabei soll die Stadt/Gemeinde keine Rahmenvorgabe für die Erfassung machen dürfen, die über ihren Entsorgungsstandard hinausgeht. Hierdurch wird in keiner Weise eine Verbesserung der Stellung der Städten und Gemeinden bewirkt. Darüber hinaus wird die Rechtstellung der Städte, Gemeinden und Kreise als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger noch verschlechtert. So ist in § 22 Abs. 4 VerpackG-E bezogen auf die gemeinsame Erfassung von Altpapier (Zeitschriften, Zeitschriften, Schreibpapier) und Einweg-Verkaufsverpackungen aus Papier/Pappe/Karton in der kommunalen Altpapiertonne ein Herausgabeanspruch des jeweiligen Systembetreibers (gegen Kostenerstattung) vorgesehen, wenn keine Vereinbarung über eine gemeinsame Verwertung geschlossen wird.

Einen solchen Herausgabeanspruch hatte der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 16.10.2015 (Az.: V ZR 240/14) abgelehnt, weil die Gemeinde und nicht der jeweilige Systembetreiber Eigentümer der Einwegverpackungen wird, wenn diese in die kommunale Altpapiertonne durch die Bürgerinnen und Bürger eingeworfen werden. Bezogen auf das Thema Wertstofftonne ist in § 22 Abs. 5 VerpackG-E vorgesehen, dass die Gemeinden (öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger) im Rahmen der Erfassung von gebrauchten Einweg-Verpackungen aus Kunststoffen, Metallen und Verbundstoffen in der gelben Tonne bzw. dem gelben Sack mit den 10 Systembetreibern Vereinbarungen über die Miterfassung von stoffgleichen Nicht-Verpackungen aus Kunststoffen und Metallen schließen können. Schließlich werden in § 23 VerpackG-E zahlreiche Sonderregelungen zum Vergaberecht getroffen. Die Notwendigkeit für diese Sonderregelungen ist nicht erkennbar, weil erst am 18.04.2016 das neue Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Kraft getreten ist.

Wegfall der Mehrweg-Quote

Der Entwurf sieht in den §§ 31, 32 VerpackG-E u. a. nur vor, dass in Verkaufsgeschäften künftig gekennzeichnet werden soll, welche Getränke in Mehrwegflaschen und welche Getränke in Einwegflaschen angeboten werden. Diese Kennzeichnungspflicht ist nicht geeignet, die seit Jahren abnehmende Mehrwegquote wieder zu erhöhen. Vielmehr ist es erforderlich, in einem künftigen Verpackungsgesetz klare Vorgaben zu machen, dass ein bestimmter Anteil von Getränken zwingend in Mehrwegflaschen (z. B. aus Glas oder Kunststoff) in den Verkauf zu geben ist. Anderenfalls sind auch zahlreiche Arbeitsplätze in Gefahr, die mit dem seit Jahrzehnten in Deutschland praktizierten Mehrwegsystem im Zusammenhang stehen.

Insoweit darf auch nicht verkannt werden, dass nach den jüngsten Erhebungen der Anteil der angefallenen Verpackungsabfälle in Deutschland stetig zugenommen hat (2003: 187,5 kg/Einwohner — 2013: 212,5 kg/Einwohner) und auch bei den Einwegflaschen in dem Zeitraum von 2004 bis 2014 ein erheblicher Anstieg (2004:  464,8 Kt — 2014: 600,3 Kt) zu verzeichnen ist (vgl. BT-Drucksache 18/9368, S. 10; BT-Drucksache 18/6318). Vor diesem Hintergrund geht es nicht nur darum, eine Kehrtwende bei der Verwendung von Einkaufsplastiktüten und Einweg-Kaffeebechern einzuleiten, sondern auch die Einwegflaschen-Flut muss durch eine nachhaltige, gesetzliche Regelung eingedämmt werden.

Vor diesem Hintergrund kann der von der Bundesregierung am 21.12.2016 beschlossene Entwurf zu einem Verpackungsgesetz zurzeit keine Zustimmung finden, weil er bislang keine Ansatzpunkte beinhaltet, der eine nachhaltige Verbesserung der ernüchternden Bilanz nach 25 Jahren Verpackungsverordnung erwarten lässt.

Az.: 25.0.8

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