Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 459/1996 vom 20.09.1996

Einstieg in eine umfassende Gemeindefinanz- und Unternehmensteuerreform

In dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 12.06.1996 (Bundestag-Drucksache 13/4870) wird der Einstieg in eine umfassende Gemeindefinanz- und Unternehmensteuerreform gefordert. So wird darauf hingewiesen, daß trotz der umfangreichen Vorarbeiten der kommunalen Verbände, der Wissenschaft und auch der Politik die Bundesregierung kein Konzept entwickelt hat, das eine grundlegende Reform der Gemeindefinanzen garantiert. Dabei stehe das Vorhaben der Bundesregierung ausschließlich unter der Leitidee der Unternehmensteuerreform, die ihrerseits jedoch ebenfalls nicht überzeugen könne. Die vorgesehene Änderung der Gewerbesteuer, gekoppelt mit einem neuen Anteil der Gemeinden an der Umsatzsteuer, entspreche weder in der grundsätzlichen Ausgestaltung noch in den Detailregelungen einer ausgereiften Konzeption einer mittel- und langfristig tragfähigen Neuordnung der Gemeindefinanzen. Des weiteren wird in dem Antrag die Forderung erhoben, eine systematische Reform der Gemeindefinanzierung durchzusetzen. Dabei soll die Gemeindefinanzreform die kommunale Finanzautonomie sicherstellen und zugleich die quantitative Finanzausstattung der Gemeinde garantieren. Die Selbstverwaltungsgarantie des Grundgesetzes, die auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung umfaßt (Artikel 28 Abs. 2 GG) müsse deshalb mit Leben gefüllt werden. Dies bedeute zum einen die Gewährleistung einer bedarfsgerechten Finanzausstattung insgesamt und zum andern aber auch die Sicherung der gemeindlichen Steuerhoheit. Die Reform der Gewerbesteuer sei dabei nur eine Komponente der Reform des Gemeindefinanzsystems. Zusätzlich müssen weitere Elemente des Gemeindefinanzsystems mit einbezogen werden. Dies gelte insbesondere für den Zusammenhang von Aufgaben- und Ausgabenzuordnung zwischen den föderalen Ebenen, die Sondersituation in den neuen Bundesländern und die stärkere Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte im kommunalen Finanzsystem.

1. Reform der Gewerbesteuer

In dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind die nachfolgenden Aussagen zur Reform der Gewerbesteuer enthalten:

"Ein wesentlicher Baustein der Gemeindefinanzreform ist die Sicherung und Revitalisierung der Gewerbesteuer. Dazu gehört vor allem die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer. Notwendig ist dazu auch eine verfassungsrechtliche Absicherung der Gewerbesteuer. Abzulehnen ist jegliche Reform, die auf eine Abschaffung der Gewerbesteuer insgesamt abzielt. Deshalb müssen folgende Eckpunkte berücksichtig werden:

- Revitalisierung der Gewerbesteuer


Die Gewerbesteuer ist auf mehr Schultern zu verteilen. Die Gewerbesteuerpflicht muß auf alle Unternehmen im Sinn des Umsatzsteuerrechts ausgedehnt werden. Für eine Revitalisierung der Gewerbesteuer ergeben sich deshalb folgende Konsequenzen:

- - Der Kreis der Steuerpflichtigen wird um die freien Berufe und die Anbieter öffentlicher Dienstleistungen erweitert.

- - Innerhalb der Gewerbeertragsteuer werden die Abschläge bei den Hinzurechnungen zum Gewerbeertrag rückgängig gemacht, die bisher zu einer Diskriminierung des Eigenkapitals geführt haben.

- - Die jetzigen Freibeträge sollen, sofern sie nicht wesentlich zur Steuervereinfachung beitragen, weitestgehend beseitigt werden.

- Verfassungsmäßige Absicherung der Gewerbesteuer

Durch eine Änderung von Artikel 28 des Grundgesetzes wird den Gemeinden der Bestand einer mit Hebesatzrecht ausgestalteten wirtschaftsbezogenen Steuerquelle garantiert und durch eine Korrektur von Artikel 106 GG kann sichergestellt werden, daß die verbleibende Gewerbeertragsteuer verfassungsmäßig ist.

- Wahrung des Interessenzusammenhangs zwischen Unternehmen und Kommunen

Die Gewerbesteuer soll als Mittel des Interessenausgleichs zwischen örtlicher Wirtschaft und den kommunalen Finanzanforderungen erhalten bleiben.

Mit der Ausweitung der Bemessungsgrundlage kann - bei gleichbleibenden Steuermeßzahlen - ein deutlich höheres Gesamtaufkommen der Gewerbeertragsteuer erzielt werden. Bei Berücksichtigung der zusätzlichen Einnahmen der Kommunen durch die Beteiligung an der Umsatzsteuer ergeben sich dadurch Potentiale zur Verringerung der Gewerbesteuerbelastungen für die einzelnen Unternehmen. Deshalb sollen künftig - entsprechend der Ausweitung der Bemessungsgrundlage - die Steuermeßzahlen der Gewerbesteuer verringert werden, um so die gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen grundsätzlich in gleichem relativen Ausmaß zu entlasten."

Die in dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthaltenen Aussagen zur Gewerbesteuerreform tendieren in die Richtung des Vorschlags des Deutschen Städte- und Gemeindebundes zur Revitalisierung der Gewerbesteuer.

Nach der Beschlußlage des Präsidiums des Deutschen Städte- und Gemeindebundes ist für eine revitalisierte Gewerbesteuer die Ausweitung der Gewerbesteuerpflicht auf alle Unternehmen im Sinne des Umsatzsteuerrechts und die Einbeziehung der Lohnsumme in die Bemessungsgrundlage dieser Steuer unverzichtbar.

Hinsichtlich der Erweiterung des Kreises der Steuerpflichtigen insbesondere durch das Einbeziehen der freien Berufe entspricht die in dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthaltene Aussage den Vorschlag des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Übereinstimmung besteht weiter darin, daß

- die Revitalisierung der Gewerbesteuer das Hebesatzrecht gewährleistet und den Charakter einer wirtschaftsbezogenen Kommunalsteuer bewahrt und

- durch die Erweiterung des Kreises der Steuerpflichtigen die Belastungen für die bisherigen steuerpflichtigen Betriebe gemindert werden können.

Eine Übereinstimmung mit dem Vorschlag des Deutschen Städte- und Gemeindebundes liegt hingegen in den nachfolgenden Positionen nicht vor:

- Besteuerungsgrundlagen

Die Konjunktur-Abhängigkeit der Gewerbesteuer in ihrer heutigen Form wird gemindert, wenn die Bemessungsgrundlagen um ertragsunabhängige Bestandteile wie Mieten/Pachten, Zinsen und Löhne, soweit diese bei der Ermittlung der Einkünfte für die Einkommen- und Körperschaftsteuer abgesetzt worden sind, erweitert werden. Durch diese Verstärkung der ertragsunabhängigen Elemente der Gewerbesteuer könnte im Gegenzug die Besteuerungsgrundlage für die Gewerbekapitalsteuer entfallen.

- Differenzierung der Steuermeßzahlen für die einzelnen Besteuerungsgrundlagen

Der Differenzierung der Steuermeßzahlen kommt zentrale Bedeutung zu.. Durch unterschiedliche Steuermeßzahlen für die einzelnen Besteuerungsgrundlagen können die Gewichte der ertragsabhängigen und ertragsunabhängigen Bestandteile bestimmt werden. Durch eine relativ geringe Höhe der Meßzahlen vor allem für die Löhne, aber auch für die Mieten/Pachten und Zinsen und einer entsprechend höheren Steuermeßzahl für den Gewinn kann das Gewicht der ertragsunabhängigen Besteuerungsgrundlagen auf ein vertretbares Maß reduziert werden.

- Freibeträge

Für die einzelnen Besteuerungsgrundlagen sind wegen der Entscheidung für differenzierte Steuermeßzahlen unterschiedliche Freibeträge festzulegen. Ziel dieser Freibeträge ist, nur einen Kreis von Steuerpflichtigen ab einem bestimmten Einkommen steuerlich zu erfassen. Kleine Handwerksbetriebe sowie freie Berufe mit niedrigerem Einkommen wären danach steuerfrei.

2. Unternehmensteuerreform und Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer

Nach der in dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vertretenen Auffassung ist der Wegfall der Gewerbekapitalsteuer an folgende Bedingungen bei der Unternehmensbesteuerung zu knüpfen:

- Ausreichende Kompensation für die Gemeinden

Die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer ist nur zu rechtfertigen, wenn die Gewerbesteuer insgesamt reformiert wird und für die Gemeinden eine ausreichende Kompensation vorgesehen ist.

- Entlastung der Unternehmen durch Verbreiterung der Bemessungsgrundlage

Durch die Ausweitung der Gewerbesteuerpflicht und der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage kann die Belastung der Unternehmen mit Gewerbesteuer reduziert werden. Allerdings werden bisher nicht besteuerte Unternehmen künftig in die Besteuerung einbezogen werden. Dies ist aufgrund der gestiegenen wirtschaftlichen Bedeutung dieser Unternehmen zu rechtfertigen.

Hierzu ist aus Sicht des Deutschen Städte- und Gemeindebundes folgendes festzustellen:

Der Wegfall der Gewerbekapitalsteuer im Zuge einer revitalisierten Gewerbesteuer setzt die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage im Sinne des Vorschlags des Deutschen Städte- und Gemeindebundes voraus. Dabei kommt der Einbeziehung der Lohnsumme in die Bemessungsgrundlagen zwecks Stärkung der ertragsunabhängigen Bestandteile der Gewerbesteuern zentrale Bedeutung zu. Entsprechendes gilt für die Differenzierung der Steuermeßzahlen für die einzelnen Besteuerungsgrundlagen, da durch unterschiedliche Steuermeßzahlen für die einzelnen Besteuerungsgrundlagen die Gewichte der ertragsabhängigen und ertragsunabhängigen Bestandteile bestimmt werden können.

Az.: V/1-930-01

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