Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 532/2013 vom 09.07.2013

Einigung zu EU-Vergaberechtsreform und Konzessionsrichtlinie

Wie bereits in der StGB NRW-Mitteilung Nr. 423/2013 berichtet, haben sich die Vertreter des Europäischen Parlaments, des Ministerrates und der Europäischen Kommission im Rahmen des so genannten Trilog-Verfahrens auf die wesentlichen Eckpunkte zur Novelle des EU-Vergaberechts und der Konzessionsrichtlinie geeinigt. Aus kommunaler Sicht sind unter anderem die Herausnahme des Wassersektors aus dem Anwendungsbereich der Konzessionsrichtlinie sowie eine Bereichsausnahme für die Rettungsdienste (Notfallrettung) hervorhebenswert.

I. Hintergrund:

Der DStGB hat sich gemeinsam mit dem DST, dem DLT sowie dem VKU intensiv für die vorgenannten Bereichsausnahmen in den EU-Vergaberichtlinien eingesetzt. Die kommunalen Spitzenverbände haben darüber hinaus klare Regelungen zur interkommunalen Zusammenarbeit sowie zu den so genannten Inhouse-Vergaben gefordert. Der nun vorliegende Kompromiss hat im Ergebnis wesentliche Forderungen der kommunalen Spitzenverbände aufgegriffen und kann daher als Erfolg für die Kommunen bezeichnet werden.

Im Rahmen der Trilog-Verhandlungen haben sich die Vertreter von Parlament, Rat und EU-Kommission auf die wesentlichen Eckpunkte der EU-Vergaberechtsreform sowie der Konzessionsrichtlinie verständigt. Damit werden beide Gesetzgebungsverfahren voraussichtlich in einer einzigen Lesung noch in diesem Jahr abgeschlossen. Die endabgestimmten Textfassungen liegen allerdings noch nicht vor, da noch technische Details eingearbeitet werden müssen. Ergänzend dürfen wir auf folgende inhaltliche Punkte hinweisen:

II. Bereichsausnahme Wasser

Der Bereich der Trinkwasserversorgung sowie der Abwasserentsorgung wird vom Anwendungsbereich der neuen Konzessionsrichtlinie ausgenommen (Art. 9a-neu). Hiermit ist die EU-Kommission im Ergebnis der Aufforderung der kommunalen Spitzenverbände nach einer Bereichsausnahme für den Wassersektor gefolgt.

Für die Erteilung von Konzessionen im Wassersektor werden somit in Zukunft die durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entwickelten Grundsätze weiter gelten. Danach sind Dienstleistungskonzessionen im Wege eines transparenten, nicht diskriminierenden und die Gleichbehandlung gewährleistenden Verfahrens zu vergeben. Ausnahmen bestehen indes für so genannte Inhouse-Vergaben sowie für interkommunale Kooperationen. Sowohl die Konzessionsrichtlinie als auch die überarbeitete EU-Vergaberichtlinie haben diesbezüglich eine klarstellende Regelung aufgenommen (s. Anmerkungen unten).

III. Bereichsausnahme Rettungsdienste

Im Trilog-Verfahren konnte - neben dem Wassersektor - ebenfalls eine Bereichsausnahme für den Rettungsdienst (Notfallrettung) vereinbart werden. Diese sowohl die Konzessionsrichtlinie als auch die EU-Vergaberichtlinie betreffende Bereichsausnahme verdeutlicht, dass der Rettungsdienst als Bestandteil des Zivil- und Katastrophenschutzes sowie der Gefahrenabwehr und damit als originär hoheitliche Tätigkeit bewertet wird. Ausdrücklich nicht unter die Bereichsausnahme fallen hingegen reine Krankentransporte.

Dies bedeutet im Ergebnis, dass Kommunen als Träger des Rettungsdienstes die Notfallrettung an Hilfsorganisationen sowie an sonstige gemeinnützige Organisationen ohne formale EU-weite Ausschreibung übertragen können. Im Falle von reinen Krankentransportfahrten wird zukünftig nach der neuen EU-Vergaberichtlinie ein vereinfachtes Vergabeverfahren („Sonder-Regime“ für soziale und andere spezifische Dienstleistungen) zur Anwendung kommen - siehe Art. 74 ff. EU-Vergaberichtlinie-neu).

Regelungen zur öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit

Sowohl in der Konzessionsrichtlinie als auch in der EU-Vergaberichtlinie wird es zukünftig erstmals (gleichlautende) gesetzliche Ausnahmeregelungen der vertraglichen Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen geben (horizontal interkommunale Kooperation).

Neben den ebenfalls geregelten Voraussetzungen der Inhouse-Vergaben handelt es sich hierbei um die öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit auf der Grundlage von Verträgen beziehungsweise Zweckvereinbarungen. Die nach dem Trilog-Verfahren gefundene Kompromisslinie kann aus kommunaler Sicht als Erfolg gewertet werden. Insbesondere konnte die Streichung des Erfordernisses der so genannten „echten Zusammenarbeit im Sinne gegenseitiger Rechte und Pflichten“ gestrichen werden. Mithin kommt es zukünftig lediglich auf eine Vertragskonstellation an, welche die Zusammenarbeit zwischen beteiligten öffentlichen Auftraggebern mit dem Ziel begründet, Aufgaben zu erbringen, die allen obliegen. Daneben muss die Umsetzung dieser Zusammenarbeit durch Erwägungen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse bestimmt sein. Nach den zuletzt vorliegenden Textfassungen kann somit für den Bereich der „horizontalen kommunalen Kooperation“ von folgenden Voraussetzungen ausgegangen werden:

  • Vereinbarung ausschließlich zwischen öffentlichen Auftraggebern
  • Vereinbarung setzt eine Zusammenarbeit um oder begründet diese mit dem Ziel, dass öffentliche Dienste, welche die Vertragspartner zu leisten haben, mit der Absicht ausgeführt werden, gemeinsame Ziele zu erreichen
  • Umsetzung der Vereinbarung wird durch Überlegungen im Zusammenhang mit dem öffentliche Interesse bestimmt
  • Beteiligte öffentliche Auftraggeber üben weniger als 20 Prozent ihrer Tätigkeiten auf dem „offenen Markt“ aus

IV. Ausblick:

Zu allen vorgenannten Punkten ist zu beachten, dass die finalen Textfassungen noch abgewartet werden müssen. Gleichwohl kann festgestellt werden, dass durch die kommunale Intervention im EU-Gesetzgebungsverfahren maßgebliche Veränderungen zugunsten der Kommunen erzielt werden konnten. Der Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedsstaaten hat auf seiner Sitzung am 27.06.2013 positive Signale zu der von der irischen Ratspräsidentschaft im Trilog-Verfahren erreichten Einigung gegeben. Dem Vernehmen nach wird der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments voraussichtlich am 09.07.2013 der verabschiedeten Einigung zustimmen. Im Herbst 2013 werden die Richtlinien sodann vom Europäischen Parlament und dem EU-Ministerrat endgültig verabschiedet.

Az.: II/3 815-00

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