Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 136/2008 vom 23.01.2008

Einführung einer gesonderten Regenwassergebühr

Die Geschäftsstelle weist mit Blick auf das OVG NRW mit Urteil vom 18.12.2007 (Az.: 9 A 3648/04 – nicht rechtskräftig) auf Folgendes hin:

Für die Einführung einer getrennten Regenwassergebühr wird mindestens 1 Jahr Vorlaufzeit benötigt, so dass eine Stadt oder Gemeinde frühestens zum 1.1.2009 eine gesonderte Regenwassergebühr einführen könnte. Diese Vorlaufzeit ist einzuplanen, weil z.B. die Kosten der Abwasserbeseitigung sorgfältig in Kosten der Schmutzwasserbeseitigung und Kosten der Regenwasserbeseitigung aufgeteilt werden müssen. Anderenfalls könnte ein Verwaltungsgericht die Gebührenkalkulation und den daraus berechneten Gebührensatz beanstanden. Satzungsrechtlich muss im Vorfeld der Einführung einer getrennten Regenwassergebühr auch geregelt werden, dass der Grundstückseigentümer unter anderem verpflichtet ist, bei der Erhebung der bebauten und/oder versiegelten sowie abflusswirksamen Flächen durch Erteilung von Auskünften mitzuwirken bzw. bei einer Nichtmitwirkung die abflusswirksamen Flächen durch die Stadt geschätzt werden dürfen. Außerdem muss den gebührenpflichtigen Bürgerinnen und Bürgern erklärt werden, dass keine „Regensteuer“ eingeführt wird, sondern zukünftig die Kosten der Regenwasserbeseitigung über einen anderen Verteilungsschlüssel abgerechnet werden und deshalb die Schmutzwassergebühr der Höhe nach sinken wird. Denn es wird bei der Abrechnung der Kosten für die Regenwasserbeseitigung nicht mehr der Frischwassermaßstab, sondern der Maßstab pro Quadratmeter bebaute und/oder versiegelte sowie abflusswirksame Grundstücksfläche zur Anwendung gebracht. Zusätzlich nimmt auch die Ermittlung der bebauten und/oder versiegelten sowie abflusswirksamen Flächen auf den einzelnen Grundstücken ein erhebliches Zeitfenster in Anspruch, weil hierzu auch die Grundstückseigentümer befragt werden müssen. Weiterhin kann nicht eindeutig vorausgesagt werden, ob durch die Einführung der getrennten Regenwassergebühr tatsächlich eine Entlastung des einzelnen Gebührenzahlers eintritt oder nicht. Dem StGB NRW ist bekannt geworden, dass in einer Stadt die gleichen Gebührenzahler, die zunächst die getrennte Regenwassergebühr durch Klage erstritten haben, nunmehr gegen die eingeführte, getrennte Regenwassergebühr klagen, weil sie nach deren Einführung mehr bezahlen müssen. Ein Grund für etwaige Mehrkosten kann dabei sein, dass eine Gemeinde in der Vergangenheit den Anteil der Straßenoberflächen-Entwässerungskosten zugunsten der Gebührenzahler zu hoch angesetzt hat und dadurch die einheitliche Abwassergebühr über allgemeine Haushaltsmittel subventioniert worden ist. Mit der Einführung der getrennten Regenwassergebühr werden dann aber erstmalig die Flächen von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen quadratmetergenau ermittelt, so dass sich auch eine Kostenmehrbelastung für die Gebührenzahler ergeben könnte. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass sich auch für städtische Gebäude (Rathaus, Schulen, Kindergärten, Sport- und Turnhallen, Mehrzweckhalle) eine Mehrbelastung ergeben kann, weil eine eingeführte getrennte Regenwassergebühr auch für diese Gebäude verursachergerecht anzuwenden ist und städtische Gebäude regelmäßig große Dachflächen zu verzeichnen haben.
Soweit die Gebührenbescheide für das Jahr 2008 und die Gebührensatzung auf dem einheitlichen Frischwassermaßstab aufbauen, wären diese Gebührenbescheide und die Gebührensatzung rechtswidrig, wenn das Urteil des OVG NRW vom 18.12.2007 (Az.: 9 A 3648/04) rechtskräftig würde. Unabhängig davon, dass das Urteil des OVG NRW noch nicht rechtskräftig ist, ist davon auszugehen, dass Gebührenschuldner gegen den Gebührenbescheid 2008 Klage erheben werden. Ein Widerspruchsverfahren gibt es seit dem 1.11.2007 nicht mehr. Nach Rückkontakt mit dem Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen bieten sich grundsätzlich zwei Wege an, mit denen Klagen vor dem Verwaltungsgericht wegen einer nicht eingeführten, gesonderten Regenwassergebühr gegebenenfalls vermieden werden können (vgl. auch den Schnellbrief des StGB NRW vom 16.1.2007 Nr. 7/2008):

1. Abwassergebühren-Bescheide für das Jahr 2008 sind noch nicht verschickt

Sind die Abwassergebühren-Bescheide für das Jahr 2008 noch nicht verschickt worden, so sollten die Abwassergebühren-Bescheide für das Jahr 2008 gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG NRW in Verbindung mit § 164 Abgabenordnung unter dem Vorbehalt der (erneuten) Nachprüfung erlassen werden. Mit dem am 17.10.2007 in Kraft getretenen GO-Reformgesetz wurde auch § 12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG NRW geändert (GV NRW 2007, Seite 380 ff., Seite 392). Nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG NRW findet nunmehr auch § 164 Abgabenordnung auf Gebührenbescheide Anwendung. Sind die Gebührenbescheide für das Jahr 2008 demnach noch nicht verschickt worden, so können die Abwassergebühren für das Jahr 2008 auf der Grundlage der aktuellen Gebührensatzung auf der Grundlage des Frischwassermaßstabes (Frischwasser = Abwasser) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung im Gebührenbescheid festgesetzt werden. Es empfiehlt sich allerdings, die Festsetzung der Gebühren unter dem Vorbehalt der Nachprüfung damit zu begründen, dass das OVG NRW mit Urteil vom 18.12.2007 (Az. 9 A 3648/04) entschieden hat, dass eine gesonderte Regenwassergebühr Pflicht ist, dieses Urteil allerdings noch nicht rechtskräftig ist, weil eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes noch aussteht. Bei dieser Verfahrensweise würden dann nach Rechtskraft des Urteils des OVG NRW und nach der satzungsrechtlichen Einführung einer gesonderten Regenwassergebühr in einer Gemeinde alle Gebührenbescheide für das Jahr 2008 neu berechnet.

Ergänzend wird angemerkt, dass es einige Städte und Gemeinden gibt, die im Jahr 2008 die Endabrechnung der Abwassergebühr für das Jahr 2007 durchzuführen. Auch in diesen Fällen sollte die Endabrechnung für das Jahr 2007 gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 4 b KAG NRW in Verbindung mit § 164 Abgabenordnung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgen. Anderenfalls bestünde auch hier die Gefahr, dass gegen die Endabrechnung 2007 durch einen Gebührenbescheid im Jahr 2008, Klage erhoben wird.

2. Abwassergebühren-Bescheide für das Jahr 2008 sind bereits verschickt worden

Bei bereits verschickten Gebührenbescheiden läuft grundsätzlich die Klagefrist, in welcher Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden kann. Um eine Klagewelle zu vermeiden, kann hier nachträglich analog § 38 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (VwVfG NRW) die schriftliche Zusicherung gegenüber allen Gebührenschuldnern dahin abgegeben werden, dass der verschickte Gebührenbescheid nach der Einführung einer gesonderten Regenwassergebühr erneut überprüft wird, wenn der Gebührenschuldner dieses möchte (vgl. zur Möglichkeit einer solchen schriftlichen Zusicherung: OVG NRW, Urteil vom 30.10.2001 – Az. 15 A 5184/99; abrufbar unter: www.nrwe.de). Jedenfalls braucht der Gebührenschuldner bei Abgabe einer schriftlichen Zusicherung durch die Gemeinde keine Klage gegen den bereits verschickten Gebührenbescheid erheben, weil die Gemeinde zugesichert hat, diesen zu überprüfen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass nicht alle Gebührenschuldner einen Antrag auf Neuüberprüfung des Gebührenbescheides stellen werden, insbesondere nicht diejenigen die nach Einführung einer getrennten Regenwassergebühr eine höhere Gebührenbelastung zu erwarten haben. Hierdurch kann eine Kostenunterdeckung entstehen.

Die vorstehend dargestellten Verfahrensweisen empfehlen sich auch deshalb, weil Kosten für verlorene Gerichtsverfahren nicht über die Abwassergebühr refinanziert, sondern über allgemeine Haushaltsmittel gedeckt werden müssen (vgl. Schulte/Wiesemann in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblatt-Kommentar, § 6 KAG NRW Rz. 168 unter Verweis auf: OVG NRW, Beschluss vom 17.9.1985 – Az.: 2 B 1595/95 – ZKF 1985, S. 277;). Dieses Kostenrisiko sollte durch die vorgeschlagenen Verfahrensweisen vermieden werden.

Az.: II/2 24-21 qu/ko

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