Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 374/2008 vom 23.06.2008

Dienstleistungskonzession in der Wasserver- und Abwasserentsorgung

Ein Wasser- und Abwasserverband in Thüringen beabsichtigte die Vergabe einer Dienstleistungskonzession für die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung in seinem Verbandsgebiet. Der Verband sollte Aufgabenträger bleiben. Im Rahmen der Dienstleistungskonzession sollte der Konzessionär ermächtigt werden, seine Leistungen gegenüber den Kunden im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abzurechnen. Es wurde ein europaweit bekanntgemachtes strukturiertes Bieterverfahren als transparentes Verfahren analog einem Verhandlungsverfahren durchgeführt, in dem eine beschränkte Anzahl von Bewerbern zur Angebotsabgabe aufgefordert wurde.

Die Vergabekammer Weimar hatte mit Beschluss vom 24. Januar 2008 - 360-4003.20-4253/2007-034-GHT - (www.thueringen.de/de/tlvwa/bau/vergabe unter Entscheidungen Vergabekammer) dem Nachprüfungsantrag eines Bieters stattgegeben, in dem die Verfahrensform (Konzessionierung anstelle eines formellen Vergabeverfahrens) gerügt worden war. Die Kammer hatte dabei u. a. die Auffassung vertreten, eine Dienstleistungskonzession komme in der Wasserver- und Abwasserentsorgung bereits wegen des Anschluss- und Benutzungszwangs und des fehlenden besonderen wirtschaftlichen Risikos nicht in Betracht. Ein (wesentliches) wirtschaftliches Risiko sei aber Wesensmerkmal einer Dienstleistungskonzession. Gegen diese Entscheidung hatte der Verband Beschwerde vor dem OLG Jena eingelegt.

Das OLG Jena hat nun mit Beschluss vom 8. Mai 2008 - 9 Verg 2/08 - die Frage, wie der in der Rechtsprechung des EuGH geprägte Begriff der Übertragung des mit der Dienstleistung verbundenen wirtschaftlichen Risikos auszulegen sei, dem EuGH vorgelegt. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts reicht es für eine Dienstleistungskonzession aus, wenn das mit der Dienstleistung nach ihren konkreten, auch rechtlichen Rahmenbedingungen verbundene wirtschaftliche Risiko, und sei es auch noch so gering, auf den Konzessionär übertragen wird. Ein zumindest „geringes“ Risiko liegt auch im Bereich der Wasserver- und Abwasserentsorgung vor. Demnach wäre nach Ansicht des OLG Jena das Konzessionierungsverfahren rechtmäßig und ein formelles Vergabeverfahren nicht erforderlich. Aufgrund der unklaren europäischen Rechtslage liegen nach Meinung des Gerichts aber die Voraussetzungen für eine zwingende Vorlage an den EuGH vor.

Die Vorlage und die Entscheidung des EuGH haben erhebliche Bedeutung für die Branche der Wasserver- und Abwasserentsorgung und die Frage der zulässigen Verfahrensformen bei der Vergabe von Dienstleistungen bzw. Konzessionen.

Az.: IV/3 815-00

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