Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 71/2023 vom 13.01.2023

Deutschland hat laut Studie Klimaziele 2022 verfehlt

Nach einer Studie der Agora Energiewende stagnierte Deutschlands CO?-Ausstoß im Jahr 2022. Insbesondere der Gebäude- und Verkehrssektor blieben bei den Klimazielen zurück. Aus Sicht des DStGB fehlen gerade im Mobilitätsbereich noch weitere Konzepte und Lösungswege, wie die Klimaschutzziele erreicht werden können. Einen wesentlichen Baustein hierfür stellt der ÖPNV-Ausbau dar. Im Gebäudebereich gilt es nun, die vorliegenden Maßnahmen umzusetzen.

Kernergebnisse der Studie

Nach den Berechnungen von Agora Energiewende, die der Thinktank in seiner Auswertung des Energiejahres 2022 veröffentlicht hat, stagnierte Deutschlands Treibhausgasausstoß bei rund 761 Millionen Tonnen CO?. Die Emissionsminderung 2022 lag im Vergleich zum Referenzjahr 1990 bei knapp 39 Prozent und damit zum zweiten Mal hinter dem 2020 erreichten Klimaziel von 40 Prozent. Laut der Auswertung ist der Energieverbrauch in Deutschland um 4,7 Prozent gegenüber 2021 zurückgegangen, unter anderem infolge der massiven Preissteigerungen bei Erdgas und Strom sowie milder Witterung. Der Verbrauch sank unter das Niveau im Corona-Jahr 2020 und damit auf den tiefsten Stand im wiedervereinigten Deutschland. Der verstärkte Einsatz von Kohle und Öl machte die Emissionsminderungen durch Energieeinsparungen jedoch zunichte. Der Anteil der Erneuerbaren Energien am Stromverbrauch erreichte witterungsbedingt einen neuen Höchstwert von 46 Prozent.

Gebäude und Verkehr bleiben weiterhin hinter Klimazielen zurück

Die CO?-Emissionen aus der Energiewirtschaft stiegen laut Agora-Abschätzung 2022 erstmals wieder an und betrugen zum Jahresende 255 Millionen Tonnen CO?. In Summe wurde damit das im Klimaschutzgesetz vorgeschriebene Reduktionsziel von 257 Millionen Tonnen CO? nur knapp eingehalten.

Der Gebäudebereich überzog mit 113 Millionen Tonnen CO? das Sektorziel um 5 Millionen Tonnen. Im Verkehr lag der CO?-Ausstoß mit 150 Millionen Tonnen CO? deutlich über dem erlaubten Wert von 139 Millionen Tonnen CO?.

Die Industrie verzeichnete infolge von Spar- und Effizienzmaßnahmen sowie Produktionseinbußen mit 173 Millionen Tonnen CO? einen leichten Emissionsrückgang um 8 Millionen Tonnen, womit der Industriesektor damit das Klimaziel einhielt.

Erneuerbaren-Energien-Anteil steigt auf Rekordhoch

Der Agora-Auswertung zufolge produzierten Erneuerbare Energien im Jahr 2022 mit 248 Terawattstunden so viel Strom wie nie zuvor – ein Plus von 22 Terawattstunden beziehungsweise 10 Prozent gegenüber 2021. Dabei blieb die Windenergie mit 126 Terawattstunden größter Stromlieferant unter den Erneuerbaren.

Die konventionelle Stromerzeugung sank 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 9 Prozent. Gründe waren der geplante Rückgang bei der Kernenergie, ein sinkender Stromverbrauch und das Plus bei den Erneuerbaren, das den leichten Exportanstieg übertraf. Insgesamt erzeugten konventionelle Kraftwerke 302 Terawattstunden Strom. Davon trugen Braunkohlekraftwerke mit 109 Terawattstunden den größten Teil. Die Kohle-Rückkehr war zum einen durch den hohen Erdgaspreis bedingt, der die Kohleverstromung fast über das ganze Jahr hinweg günstiger machte als den Einsatz von Gaskraftwerken.

In einem Statement äußerte sich Bundesminister Habeck bzgl. der vorläufigen Auswertung der Daten. Demnach reichen alle bisher vorgesehen Maßnahmen nicht, um die große CO2-Lücke zu schließen. Und anders als beim Gebäudebereich sei es im Verkehrsbereich bislang nicht gelungen, eine Perspektive zu entwickeln, die das ändert. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf.

Anmerkungen aus kommunaler Sicht

Die Studie macht deutlich, dass vor allem im Verkehrs- und Gebäudesektor, aber auch beim Ausbau der erneuerbaren Energien vor Ort noch mehr getan werden muss. Nach der Studie von Agora Energiewende liegt die Emissionsminderung 2022 im Vergleich zum Referenzjahr 1990 bei knapp 39 Prozent und somit nur knapp hinter dem 2020 erreichten Klimaziel von 40 Prozent. Damit sind insgesamt schon erhebliche Anstrengungen erfolgt. Diese Bemühungen müssen weiter intensiviert werden.

Für eine klimafreundliche Mobilität ist ein Umsteuern erforderlich, um die Pendlerinnen und Pendler in ländlichen Räumen in klimafreundliche Bahn- und Busverbindungen zu lotsen. Ein 49-Euro-Ticket wird hier allein nicht ausreichen.

Es braucht neben attraktiven Tarifen auch einen langfristig angelegten Ausbau insbesondere von Bahnverbindungen in der Fläche und ihre Ergänzung durch Bussysteme und flexible Bedienformen. Noch immer sind über 120 Mittelstädte nicht an das Bahnnetz angeschlossen. Alte Strecken müssen reaktiviert, neue Stecken geplant und gebaut werden. Hierzu ist wie beim Ausbau der erneuerbaren Energien ein Turbo für schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren durch Digitalisierung, aber auch eine Begrenzung von Klagebefugnissen erforderlich.

Der Neubau einer Windenergieanlage dauert von der Planung bis zur Fertigstellung bis zu sieben Jahre. Für neue Schieneninfrastruktur braucht es teilweise 20 Jahre. Das ist deutlich zu lang. Die Klimaschutzziele erreichen wir nur mit schnelleren Verfahren. Auch wenn das LNG-Beschleunigungsgesetz nicht direkt auf den Ausbau von Windenergieanalagen übertragen werden kann, zeigt es doch, dass die notwendige Beschleunigung des Infrastrukturausbaus auch in Deutschland möglich ist. Hinzutreten müssen bessere Wertschöpfungsbeteiligungen der Gemeinden beim Ausbau der erneuerbaren Energien vor Ort. Das Geld kann sinnvoll in die energetische Sanierung von Kitas, Turnhallen und Schulen gesteckt werden, entlastet so die kommunalen Kassen angesichts hoher Energiekosten und zahlt auf die Klimaschutzziele im Gebäudesektor ein.

Im Gebäudebereich muss das von der Bundesregierung vorgeschlagene Sofortprogramm Klimaschutz umgesetzt werden. Durch einen Mix an Maßnahmen wie eine klimaneutrale Wärmeversorgung, Erhöhung der Sanierungsraten und dem Austausch von konventionellen Heizsystemen wird das Klima geschützt und die kommunalen Haushalte entlastet. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die geplanten Förderprogramme für die Sanierung kommunaler Gebäude. Neben privaten Wohnungen und Häusern bergen gerade auch die rund 180.000 Rathäuser, Schulen, Kindergärten, Sporthallen etc. sowie über 2 Mio. kommunalen Wohnungen große Potenziale.

Weitere Informationen

Die Studie „Die Energiewende in Deutschland: Stand der Dinge 2022“ der Agora Energiewende ist verfügbar unter: www.agora-energiewende.de.

Az.: 23.1.7-001/008 gr

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