Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 189/2024 vom 26.02.2024

BVerwG zur Reichweite der öffentlichen Wasserversorgung

Mit Beschluss vom Beschluss vom 12. Januar 2024 (Az.: 10 BN 4.23) hat sich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit dem Begriff der "öffentlichen Wasserversorgung" im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes des Bundes (WHG) auseinandergesetzt. Ein Grundstückseigentümer klagte gegen eine Verordnung über die Festlegung einer Veränderungssperre, welche der Sicherung der geplanten Neufestsetzung eines Wasserschutzgebietes für die öffentliche Wasserversorgung der beigeladenen Gemeinde diente.

Das BVerwG stellt unter Verweis auf seine Rechtsprechung klar, dass mit dem Begriff der „öffentlichen Wasserversorgung“ im Sinne der §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG die Deckung des Bedarfs der Allgemeinheit an Trink- und Brauchwasser gemeint ist. Das Wohl der Allgemeinheit, Gewässer im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen, beschränkt sich dabei – so das BVerwG - nicht nur auf die Versorgung der Bevölkerung, sondern umfasst auch die industrielle und gewerbliche Wasserversorgung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30.12.2021 – 7 BN 2.21 –; BVerwG, Beschluss vom 22.10.2021 – 7 BN 1.20 -).

Gewerbe und Industrie gehören – so das BVerwG - ebenso wie sonstige Verbraucher im Gemeindegebiet zur „Allgemeinheit“ der von der öffentlichen Wasserversorgung belieferten Endverbraucher. In diesem Sinne sei der Begriff des Allgemeinwohls in § 86 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG weit zu verstehen, wonach zur Sicherung von Planungen für dem Wohl der Allgemeinheit dienende Vorhaben u.a. der Wassergewinnung Planungsgebiete festgelegt werden können, auf deren Flächen wesentlich wertsteigernde oder die Durchführung des geplanten Vorhabens erheblich erschwerende Veränderungen nicht vorgenommen werden dürfen (Veränderungssperre). Das Allgemeininteresse an der öffentlichen Wasserversorgung, also an der Deckung des Bedarfs der Allgemeinheit an Trink- und Brauchwasser, bildet damit - so das BVerwG – den rechtfertigenden Grund einer Wasserschutzgebietsfestsetzung (BVerwG, Beschluss vom 30.12.2021 – 7 BN 2.21 –).

Auch ein Wasser-Großabnehmer gehöre zur Allgemeinheit der von der öffentlichen Wasserversorgung belieferten Endverbraucher. Dem Gesetz lasse sich nicht entnehmen, dass der unternehmerische Bedarf an Wasser für Produktionszwecke kein Gegenstand der öffentlichen Wasserversorgung sei. Rechtlich sei es unerheblich, welchen Zwecken die Verwendung des Wassers beim jeweiligen Endverbraucher, sei es ein privater Haushalt oder ein Unternehmen, letztlich diene.

Nach allem sei auch kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, weshalb die Deckung des Bedarfs an Trink- und Brauchwasser nicht im Allgemeininteresse liegen sollte, wenn die von einem Großabnehmer benötigte Trinkwassermenge den Bedarf der sonstigen Verbraucher im Gemeindegebiet weit übersteigt. Maßgeblich sei die Zweckrichtung des Vorhabens nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG. Allein ein deutliches Übersteigen des Wasserbedarfs eines Abnehmers gegenüber den anderen führe nicht zu einer Zweckänderung des Vorhabens der Wassergewinnung. Für die Festlegung einer Obergrenze fehle es zudem an aus dem Gesetz ableitbaren Kriterien.

In diesem Zusammenhang folgte das BVerwG auch dem Einwand nicht, dass die Beschaffung von Wasser als Produktionsmittel im industriellen Maßstab von der Aufgabe der öffentlichen Wasserversorgung nicht umfasst sei, sondern zum unternehmerischen Risikobereich gehöre. Insoweit weist das BVerwG daraufhin, dass die bayerische Gemeinde auf der Grundlage ihrer Wasserversorgungssatzung einen Anschluss- und Benutzungszwang an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung für Grundstückseigentümer vorschreibt. Dieses schließe eine Eigenversorgung aus, sofern die Wasserversorgungssatzung keine Ausnahmen vorsieht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.12.1997 – 8 B 234.97 – NVwZ 1998, S. 1080 f.).

Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, dass der Beschluss des BVerwG vom 12.01.2024 – 10 BN 4.23 -) Auswirkungen auf den § 37 Abs. 2 Satz 1 LWG NRW geregelten Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung hat. Zwar wird in § 37 Abs. 2 Satz 1 LWG NRW ein Vorrang für Wasserentnahmen der öffentlichen Trinkwasserversorgung nur insoweit geregelt, als diese die öffentliche Trinkwasserversorgung und damit die Gesundheit der Bevölkerung sicherstellen. Dennoch ist laut dem BVerwG der Begriff der öffentlichen Wasserversorgung weit zu fassen, so dass auch Industrie und Gewerbe als Wassernutzer in diesen Schutzbereich einbezogen sind und für diese eine gesicherte, öffentliche Wasserversorgung sicherzustellen ist.

Az.: 24.0.12 qu

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