Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 493/1997 vom 20.09.1997

BVerwG zum Umweltinformationsgesetz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 6. Dezember 1996 (Az.: 7 C 64.95) die Pflichten der Behörden nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG; Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt vom 08. Juli 1994; - BGBl I S. 1490 - ) näher konkretisiert.

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UIG hat jeder Bürger Anspruch auf freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, die bei einer Behörde oder einer Person des Privatrechts im Sinne des § 2 Nr. 2 UIG vorhanden sind. Auf einen entsprechenden Antrag hin kann die Behörde Auskunft erteilen, Akteneinsicht gewähren oder Informationsträger in sonstiger Weise zur Verfügung stellen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 UIG). Dabei folgt nach dem BVerwG aus dem Wort "kann" in § 4 Abs. 1 Satz 2 UIG, daß die Behörde nach pflichtgemäßen Ermessen über die Art und Weise des Informationszugangs zu entscheiden hat. Durch die Einräumung eines Auswahlermessens über die Informationsträger bzw. Informationsmittel soll die Behörde insbesondere die Möglichkeit erhalten, den Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen, den eine bestimmte Art und Weise des Informationszugangs hervorrufen kann. Demgemäß ist der zu erwartende Arbeitsaufwand ins Verhältnis zu der personellen und sächlichen Ausstattung der Behörde und ihrer gegenwärtigen Arbeitsbelastung zu setzen. Außerdem soll die Behörde im Hinblick auf die Ausschuß- oder Beschränkungstatbestände (Art. 3 Abs. 2 und 3 der Umweltinformationsrichtlinie und §§ 7, 8 UIG) flexibel handeln, d.h. einen bestimmten Informationszugang wählen können, der sowohl dem Informationsrecht des Antragstellers als auch den Ausschluß- oder Beschränkungsgründen Rechnung trägt. Das BVerwG weist darauf hin, daß beispielsweise die von einem Antragsteller gewünschte Akteneinsicht zugunsten einer Auskunft oder der Übermittlung von Aktenkopien abgelehnt werden kann, wenn die gewünschte Einsicht in die Akten sehr aufwendig oder praktisch gar nicht zu leisten ist, weil zunächst Unterlagen aus den Akten vor der Einsichtnahme entfernt werden müssen, die zum Schutz öffentlicher oder privater Belange vom Informationsanspruch des Antragstellers nicht erfaßt werden.

Das BVerwG weist im Hinblick auf das in § 4 Abs. 1 Satz 2 UIG eingeräumte Ermessen darauf hin, daß dieses unter Beachtung der von der Umweltinformationsrichtlinie der EU 90/313/EWG verfolgten Ziele ausgeübt werden muß. Die Richtlinie will nach dem BVerwG für jeden Antragsteller rechtlich möglichst uneingeschränkt und faktisch möglichst ungehindert den Informationszugang gewährleisten. Damit soll ein Beitrag zur Kontrolle der Verwaltung, zur Schärfung des Umweltbewußtseins und damit verbunden zur Effektivierung der von den Mitgliedsstaaten umzusetzende Umweltpolitik der Europäischen Union geleistet werden. Die Zielsetzung der Umweltinformationsrichtlinie der EU begründet nach dem BVerwG nicht nur einen Anspruch des Antragstellers auf fehlerfreie Ermessensausübung, sondern stellt überdies in ermessensbindender Weise die inhaltlichen Maßstäbe bereit, an denen sich die Auswahl des Informationsmittels zu orientieren hat. Da der Anspruch auf Information materiell uneingeschränkt ist, sofern nicht die in den §§ 7, 8 UIG Ausschluß- oder Beschränkungstatbestände erfüllt sind, dürfen die Ermessungserwägungen nicht zu dem Ergebnis führen, daß die von der Behörde gewährte Information diesen Anspruch nicht oder nur unzulänglich erfüllt.

Deshalb besteht das Auswahlermessen der Behörde nach dem BVerwG nur zwischen solchen Informationsmitteln, die im wesentlichen die gleiche Informationseignung besitzen. Vor diesem Hintergrund darf der für einen bestimmten Informationszugang zu erwartende Verwaltungsaufwand von einer Behörde nach dem BVerwG dann nicht ins Feld geführt werden, wenn eine andere, weniger aufwendige Informationsgewährung den freien und umfassenden Zugang zu dem vom Antragsteller in seinem Antrag bezeichneten Umweltinformationen nicht erreichen bzw. gewährleisten kann, d.h. die alternativ zur Verfügung stehenden Informationsmittel nicht die gleiche Informationseignung besitzen.

Darüber hinaus ist nach dem BVerwG auch zu beachten, inwieweit ein bestimmtes Informationsmittel einen unverhältnismäßigen, den wirksamen Informationszugang gefährdenden Aufwand für den Antragsteller nach sich zieht. So kann nach dem BVerwG für einen entfernt wohnenden Antragsteller die Einsicht in die Behördenakten unzumutbar sein, so daß sich eine Auskunft oder die Übersendung von Aktenauszügen anbieten kann. Das BVerwG weist darauf hin, daß über die Eignung eines Informationsmittels zwar grundsätzlich die Behörde entscheidet. Allerdings komme mit Blick auf den Zweck der Umweltinformationsrichtline der EU den Wünschen des Antragstellers besondere Bedeutung bei der Ermessensausübung zu, sofern nicht der Mißbrauchstatbestand des § 7 Abs. 3 Satz 1 UIG eingreift. Beantragt ein Bürger ausdrücklich einen bestimmten Informationszugang, so darf die Behörde nach dem BVerwG dies nur dann zugunsten eines anderen (im wesentlichen gleich geeigneten) Informationsmittels ablehnen, wenn hierfür gewichtige, von ihr darzulegende Gründe bestehen ( z.B. ein deutlich höherer Verwaltungsaufwand).

Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, daß das Urteil des BVerwG vom 06. Dezember 1996 im Städte- und Gemeinderat (Heft August 1997) veröffentlicht wird.

Az.: IV/2 14-00 qu/sb

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