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StGB NRW-Mitteilung 550/2022 vom 08.09.2022

BVerfG billigt Masern-Impfpflicht

Das Bundesverfassungsgericht hat in einer am 18.August 2022 veröffentlichten Entscheidung (1 BvR 469/20 - 1 BvR 470/20 - 1 BvR 471/20 - 1 BvR 472/20) die Impfpflicht gegen Masern gebilligt. Es hält die Masern-Impfung für sinnvoll und verfassungskonform, um besonders gefährdete Menschen vor einer Infektion zu schützen. Zurückgewiesen wurden mehrere Verfassungsbeschwerden, die sich gegen Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) über die Pflicht zum Auf- und Nachweis einer Masernimpfung sowie über die bei Ausbleiben des Nachweises eintretende Folgen richten, wie etwa das Verbot, Kinder in bestimmten Einrichtungen zu betreuen. Die Zurückweisung erfolgt allerdings mit der Maßgabe einer verfassungskonformen Auslegung, die an die zur Durchführung der Masernimpfung im Inland verfügbaren Impfstoffe anknüpft. Stehen – wie derzeit in Deutschland – ausschließlich Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung, ist § 20 Abs. 8 Satz 3 IfSG verfassungskonform so zu verstehen, dass die Pflicht, eine Masernimpfung auf- und nachzuweisen, nur dann gilt, wenn es sich um Kombinationsimpfstoffe handelt, die keine weiteren Impfstoffkomponenten enthalten als die gegen Masern, Mumps, Röteln oder Windpocken.

Das Bundesverfassungsgericht hält die Masern-Impfung für sinnvoll und verfassungskonform. Im Ergebnis führe sie „zu einer erheblich verbesserten gesundheitlichen Sicherheit des Kindes“. Der Staat sei zum Schutz von gefährdeten Menschen verpflichtet, die sich nicht impfen lassen können – etwa Schwangere oder Kinder unter einem Jahr.

Es sei Aufgabe des Staates, Massenausbrüche zu verhindern. Wie er das tue, da habe er einen Einschätzungsspielraum. Aber die wissenschaftlichen Grundlagen seien zuverlässig. Das Gericht gesteht zwar zu, dass die Pflicht zur Impfung ein erheblicher Eingriff in die Rechte der Eltern und die Rechte der Kinder sei. Aber der Schutz gefährdeter Menschen habe Vorrang.

Seit 1. März 2020 dürfen Kitas Kinder ab einem Jahr nur noch aufnehmen, wenn sie geimpft sind oder schon die Masern hatten. Bei Tagesmüttern gelten dieselben Regeln. „Angesichts der sehr hohen Ansteckungsgefahr bei Masern und den verbundenen Risiken eines schweren Verlaufs besteht eine beträchtliche Gefährdung Dritter“, heißt es in der Begründung des Bundesverfassungsgerichts. Deshalb sei der Eingriff in die Grundrechte der Eltern und der Kinder verhältnismäßig.


Die Entscheidung wird begrüßt. Aus Sicht des DStGB erscheint eine Impfpflicht für Personal in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kitas und Schulen sowie med. Einrichtungen aus rein epidemiologischer Sicht grundsätzlich sinnvoll. Ein ausgebautes Impfmanagement der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte aller Fachrichtungen, verbunden mit einer nachhaltigen Informationskampagne und den kontinuierlich bestehenden Beratungen auch des Öffentlichen Gesundheitsdienstes zeigen bereits ebenfalls signifikante Erfolge bei den Masern-Impfungen.

Das Masernschutzgesetz, welches bereits zum 01. März 2020 in Kraft getreten ist, sieht vor, dass alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr beim Eintritt in die Schule oder den Kindergarten die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Masern-Impfungen vorweisen müssen. Auch bei der Betreuung durch eine Kindertagespflegeperson muss in der Regel ein Nachweis über die Masernimpfung erfolgen.

Gleiches gilt für Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen oder medizinischen Einrichtungen tätig sind wie Erzieher, Lehrer, Tagespflegepersonen und medizinisches Personal (soweit diese Personen nach 1970 geboren sind). Auch Asylbewerber und Flüchtlinge müssen den Impfschutz vier Wochen nach Aufnahme in eine Gemeinschaftsunterkunft aufweisen.

In einer zweiten Stufe mussten nun bis zum 31.07.2022 auch für Kinder Impfnachweise vorgelegt werden, die am 1. März 2020 schon in den Einrichtungen waren. Die Frist, die auch für Personal gilt, sollte ursprünglich bereits am 31. Juli vergangenen Jahres enden. Sie war dann aber zwei Mal verlängert worden, weil die Corona-Krise die Abläufe erschwerte.

Der Nachweis kann durch den Impfausweis, das gelbe Kinderuntersuchungsheft oder – insbesondere bei bereits erlittener Krankheit – ein ärztliches Attest erbracht werden. Der Nachweis ist in der Regel gegenüber der Leitung der Einrichtung zu erbringen. Kinder, die seit dem 1. März 2020 im Kindergarten und in der Schule oder in anderen Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden, mussten den Nachweis bis zum 31. Juli 2022 erbringen. Ebenfalls möglich ist die Bestätigung einer zuvor besuchten Einrichtung, dass ein entsprechender Nachweis bereits dort vorgelegen hat.

Entsprechendes gilt für Personal in Gemeinschaftseinrichtungen und medizinischen Einrichtungen, wie z.B. in Krankenhäusern oder Arztpraxen. In medizinischen Einrichtungen ist das bereits gelebte Praxis. Auch hier muss das Personal die Impfung nachweisen, die Krankheit bereits durchlitten zu haben und damit immun zu sein. Bis 31. Juli 2022 mussten nun auch Nachweise für Kinder und Beschäftigte vorgelegt werden, die am 1. März 2020 schon in den Einrichtungen waren. Geschieht das nicht, muss die Leitung das Gesundheitsamt benachrichtigen, das dann im Einzelfall entscheidet, ob Tätigkeits- oder Betretungsverbote erlassen werden.

Nichtgeimpfte Kinder können vom Kita-Besuch ausgeschlossen werden. An Schulen geht dies wegen der Schulpflicht nicht. Nichtgeimpftes Personal darf in Gemeinschafts- oder Gesundheitseinrichtungen keine Tätigkeiten aufnehmen. Eltern, die ihre in Gemeinschaftseinrichtungen betreuten Kinder nicht impfen lassen, werden künftig eine Ordnungswidrigkeit begehen und müssen mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 2.500 Euro rechnen. Die Geldbuße kann auch gegen die Leitungen von Kindertagesstätten verhängt werden, die nicht geimpfte Kinder zulassen. Ein Bußgeld kommt auch in Betracht gegen nicht geimpftes Personal in Gemeinschaftseinrichtungen, Gesundheitseinrichtungen und Asylbewerberunterkünften und gegen nicht geimpfte Bewohner solcher Unterkünfte. Verhängt werden können am Ende auch Bußgelder bis zu 2.500 Euro.

Az.: 38.0.1-001/008

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