Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 409/2011 vom 03.08.2011

Bundesverwaltungsgericht zur Straßenoberflächenentwässerung

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Beschluss vom 21.06.2011 (Az. 9 B 99.10) entschieden, dass die Reinigung von zur Straße gehörenden Regenwasserabläufen (Straßengullys) und Sinkkästen bundesrechtlich durch § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG 2010) dem Regime der Abwasserbeseitigung zugewiesen ist, weil diese Einrichtungen dem Sammeln und Fortleiten des im Bereich der befestigten Straßenflächen anfallenden Niederschlagswassers dienen.

Die Bestimmung der zur Erfüllung dieser Aufgabe verpflichteten juristischen Person des öffentlichen Rechts oder eines anderen Abwasserbeseitigungspflichtigen obliegt dem Landesrecht (§ 56 Satz 1 und Satz 2 WHG). Das BVerwG erkennt weiterhin an, dass das OVG des Landes Mecklenburg Vorpommern auf der Grundlage des Landesrechtes Mecklenburg-Vorpommern (MV) anerkannt hat, dass die Straßenbaulast gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Straßen- und Wegegesetz-MV zwar alle mit im Bau und der Unterhaltung einer Straße zusammenhängenden Aufgaben umfasst und dazu auch die Pflicht zur Errichtung und Unterhaltung von Anlagen zur Oberflächenentwässerung der Fahrbahn gehören. Die Baulast bestimmt jedoch nicht im Einzelnen die Art und Weise der technischen Umsetzung der Oberflächenentwässerung und deren rechtliche Regelung. Der Straßenbaulastträger sei insoweit z. B. grundsätzlich darin frei, ob er sich zur Erfüllung der ihm obliegenden Pflicht einer eigenen Abwasserentsorgungseinrichtung bedienen möchte oder in Absprache mit der abwasserbeseitigungspflichtigen Stadt/Gemeinde eine vorhandene städtische Kanalisation nutzen möchte. Er müsse dabei jedoch in jedem Fall die gesetzlichen Vorgaben und hier insbesondere die Maßgaben des Wasserrechtes beachten.

Nach dem BVerwG ist diese rechtliche Einordnung zum Straßen- und Wegegesetz des Landes Mecklenburg Vorpommern (§ 11 ff. Straßen- und Wegegesetz-MV) grundsätzlich bindend, weil Landesrecht nicht durch das Bundesverwaltungsgericht geprüft werden kann. Die Auslegung des OVG Mecklenburg Vorpommern entspricht aber — so das BVerwG - im Übrigen der Regelung der Straßenbaulast im Bundesfernstraßengesetz (vgl. § 3 Abs. 1, § 4, § 1, Abs. 4 Nr. 1 Fernstraßengesetz des Bundes) und der hierzu vorliegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. Bundesverwaltungsgericht vom 06.03.1997 — Az. 8 B 246.96, NVWZ-RR 1998, Seite 130 f.) Hierauf beziehe sich auch ausdrücklich das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg Vorpommern und halte dieses auf das Straßen- und Wegegesetz des Landes Mecklenburg Vorpommern für übertragbar.

Das BVerwG weist weiter darauf hin, dass aufgrund des am 28.02.2010 außer Kraft getretenen § 18 a Abs. 2 Satz 1 WHG alte Fassung, etwa das Land Nordrhein-Westfalen berechtigt war, den Träger der Straßenbaulast zu verpflichten, das auf den Verkehrsflächen entstehende Niederschlagswasser zu beseitigen und die hierfür entstehenden Kosten zu tragen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 13.09.1985 — Az. 4 C 47.82, NVWZ 1986, Seite 204 f.). Hiernach war — so das BVerwG - bereits nach alter Rechtslage (dem alten WHG) die Aufgabe der Beseitigung des auf befestigten Straßenflächen anfallenden Niederschlagswassers kraft Bundes(rahmen)rechts dem Regime des Wasserrechts und der Abwasserbeseitigung zugeordnet.

Hieran hat sich — so das Bundesverwaltungsgericht — durch das am 01.03.2010 in kraft getretene neue Wasserhaushaltsgesetz (WHG 2010) im Ergebnis nichts geändert. Der wesentliche Unterschied besteht lediglich darin, dass das alte Wasserhaushaltsgesetz nur einzelne Vorschriften enthalten hat, die landesgesetzlich durch Regelungen auszufüllen waren, während nunmehr die §§ 54 bis 61 WHG 2010 auf eine bundesrechtliche Vollregelung abzielen (vgl. Bundestags-Drucksache 16/12275, Seite 41). Landesrechtlicher Ergänzungsbedarf besteht deshalb — so das BVerwG - nur noch hinsichtlich der Person des Abwasserbeseitigungspflichtigen (§ 56 WHG 2010). Darüber hinaus besitzen die Länder mit Ausnahme weniger einfach gesetzlicher Abweichungsvorbehalte (§ 58 Abs. 1, Satz 3 und 4, § 60 Abs. 4 WHG 2010) keinen substanziellen Regelungsspielraum mehr, unbeschadet ihrer verfassungsrechtlichen Befugnis zur Abweichungsgesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 3 GG.

Nach der Gesetzesdefinition in § 54 Abs. 2 Satz 1 WHG 2010 umfasst die nach dem BVerwG jedenfalls die Abwasserbeseitigung für das Sammeln und Fortleiten von Abwasser. Abwasser ist neben dem Schmutzwasser auch das Niederschlagswasser, d. h. das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelte abfließende Wasser. Vor allem nach längeren Trockenperioden enthält dieses Wasser — so das BVerwG - regelmäßig erhebliche Schmutzmengen, die seine rechtliche Einordnung als Abwasser erforderlich machen würden(vgl. BT-Drucksache 7/2272, Seite 27). Das im Bereich der befestigten Straßenflächen anfallende Regenwasser sei deshalb Niederschlagswasser und damit Abwasser im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 WHG 2010. Dieses gilt nach dem BVerwG unabhängig von dem Verschmutzungsgrad. Die im Niederschlagswasser enthaltenen Schwebstoffe, sonstige darin mitgeführte stoffliche Bestandteile und der von ihm weggeschwemmte Straßenschmutz, die sämtlich von Sinkkästen zurückgehalten werden, sind Teil des Niederschlagswassers. Sie unterliegen keinem gegenüber dem übrigen, abfließenden Abwasser gesonderten Schicksal.

Die Regenwasserabläufe und Sinkkästen dienen insoweit nach dem BVerwG dazu, dieses Niederschlagswasser zu sammeln und in die Kanalisation fortzuleiten. Diese seien deshalb  definitionsgemäß Einrichtungen des Vorgangs der Abwasserbeseitigung (§ 54 Abs. 2 WHG 2010). Dabei haben die Sinkkästen — so das BVerwG - die Aufgabe, Straßenschmutz und sonstige Stoffe (z. B. Staub, Blätter, Abrieb) aufzufangen und zu verhindern, dass die Leitung der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage sich durch solche Stoffe auf Dauer zusetzen und verstopfen. Nur die Straßenentwässerung erfordere Sinkkästen und deren Reinigung, während die private Grundstücksentwässerung für sich genommen grundsätzlich keine Sinkkästen benötige. Auch wenn die Reinigung der Regenwasserabläufe und Sinkkästen der Funktionsfähigkeit des gesamten Kanalisationsnetzes zugute käme, gäbe es doch ohne die Ableitung des Abwassers von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen, keine Sinkkästen, die zu reinigen wären. Ihre Unterhaltung und Reinigung gehöre deshalb zum Pflichtenkreis der Abwasserbeseitigung und nicht zur Straßenreinigung (vgl. zur alten Rechtslage unter dem Gesichtspunkt des KAG NRW: OVG NRW, Urteil vom 31.01.1984 — Az. 2 A 1312/82 — KStZ 1984, S. 139 f. und OVG NRW, Teilurteil vom 24.06.2008 — Az. 9 A 373/06, KStZ 2009, S. 12 ff., S. 15).

Ebenso unterfallen nach dem BVerwG die in den Sinkkästen aufgefangenen Stoffe auch nicht dem Regime des Abfallrechtes, denn gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 6 des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes gelten die Vorschriften dieses Gesetzes (KrW-/AbfG) nicht für Stoffe, sobald diese in Gewässern oder Abwasseranlagen eingeleitet oder eingebracht worden sind. Letzteres geschieht nach dem BVerwG aber gerade mit dem Ablaufen des Oberflächenwassers von der Straßenfahrbahn in die Regenwasserabläufe (Straßengullys), wo sie sich in den eingelassenen Sinkkästen ablagern.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend darauf hin, dass sich das BVerwG in seinem Beschluss nur mit der Frage beschäftigt hat, wer die Sinkkästen sauber machen muss, namentlich der Abwasserbeseitigungspflichtige. Das BVerwG weist aber ebenso darauf hin, dass damit keine Aussage darüber getroffen wird, wer die Kosten für die Errichtung und die Unterhaltung der Straßeneinläufe und Sinkkästen bezahlen muss. Diese sind nämlich in Nordrhein-Westfalen Bestandteil der öffentlichen Straße und gehören als Entwässerungsanlage zum Straßenkörper (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a Straßen- und Wegegesetz NRW), so dass insoweit der jeweilige Straßenbaulastträger für den Bau und die Unterhaltung der Straßeneinläufe und der Sinkkästen als verantwortlich anzusehen ist.

 

Az.: II/2 24-30 qu-ko

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