Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 309/1996 vom 05.07.1996

Bundesverwaltungsgericht: zur Kreisumlage in Schleswig-Holstein

1. Wie bereits unter Ziffer 168 der Mitteilungen des NWStGB vom 20.04.1995 mitgeteilt, hatte das schleswig-holsteinische Oberverwaltungsgericht in dem Normenkontrollverfahren der Gemeinde Hohenwestedt gegen den Kreis Rendsburg-Eckernförde (Az.: 2 K 4/94) eine wichtige Entscheidung zur Kreisumlageproblematik getroffen.

a) Gegenstand des Verfahrens ist die Haushaltssatzung des Kreises. Die im Rahmen dieser Satzung erfolgte Festsetzung der Kreisumlage basierte hinsichtlich der Höhe der Kreisumlage u.a. darauf, daß Ansätze für Zahlungen an kreisangehörige Gemeinden vorgesehen sind, die zur Unterstützung dieser Gemeinden bei der Wahrnehmung von Aufgaben, die zum örtlichen Wirkungskreis gehören, dienen sollen. Dies widerspricht nach Ansicht der klagenden Gemeinden insbesondere den verfassungsrechtlichen Vorgaben der "Rastede-Entscheidung".

b) Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag zurückgewiesen.

Hierbei ging das Gericht von den landesrechtlichen Vorgaben in Schleswig-Holstein aus. § 2 Abs. 1 Satz 1 der Kreisordnung Schleswig-Holstein lautet:

"Soweit die öffentlichen Aufgaben von den kreisangehörigen Gemeinden und Ämtern wegen geringer Leistungsfähigkeit und Größe nicht erfüllt werden können und soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen, sind die Kreise berechtigt und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet, in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben in eigener Verantwortung zu erfüllen".

Weiterhin lautet § 20 der Kreisordnung Schleswig-Holstein:

"1. Die Selbstverwaltung des Kreises soll die Selbstverwaltung der kreisangehörigen Gemeinden ergänzen und fördern.

2. Kreise und Gemeinden sollen im Zusammenhang alle Aufgaben der örtlichen Selbstverwaltung erfüllen.

3. Der Kreis soll sich gegenüber den Ämtern und Gemeinden auf diejenigen Aufgaben beschränken, deren Durchführung durch den Kreis erforderlich ist, um seine Einwohnerinnen und Einwohner gleichmäßig zu versorgen und zu betreuen".

Das Oberverwaltungsgericht leitete aus diesen landesrechtlichen Vorschriften eine allgemeine Ergänzungs- und Ausgleichsaufgabe der Kreise her. Gewährleistet werden solle in diesem Zusammenhang als Ausfluß des Sozialstaatsprinzips, daß den Bürgerinnen und Bürgern innerhalb eines Kreisgebietes hinsichtlich der Grundversorgung und Grundbedürfnisse gleiche Lebensverhältnisse gesichert werden. Der Landesgesetzgeber habe sich bewußt für diese Ausgleichsfunktion der Kreise entschieden, um so insbesondere die Erhaltung der kleinen Gemeinden zu sichern.

2. Da das Oberverwaltungsgericht eine Vorlage beim Bundesverwaltungsgericht nach § 47 Abs. 5 VwGO nicht zugelassen hatte, legte die Gemeinde Hohenwestedt Nichtzulassungsbeschwerde nach § 47 Abs. 7 VwGO ein. Diese wird im wesentlichen auf die Argumentation gestützt, daß das Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluß von der Rastede- Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23.11.1988 abgewichen sei. In diesem Beschluß hatte das Bundesverfassungsgericht befunden, daß Artikel 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz auch außerhalb des Kernbereichs der Selbstverwaltungsgarantie ein verfassungsrechtliches Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zugunsten der Gemeinden enthält, daß auch der zuständigkeitsverteilende Gesetzgeber zu berücksichtigen hat. Dies bedeute, so die Argumentation der klagenden Gemeinde, daß der Landesgesetzgeber durch die verfassungsrechtliche Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung gehindert ist, den Kreisen mittels einer an die mangelnde Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden anknüpfenden Generalklausel Aufgaben zuzuweisen, die herkömmlich mit dem Begriff "Ergänzungs- und Ausgleichsaufgaben" umschrieben werden.

Das Bundesverwaltungsgericht ist dem nicht gefolgt. Mit Beschluß vom 24.04.1996 (Az.: 7 NB 2.95) hat das Bundesverwaltungsgericht folgende Leitsätze aufgestellt:

"Der Landesgesetzgeber ist durch die verfassungsrechtliche Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) nicht gehindert, den Kreisen mittels einer an die mangelnde Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden anknüpfenden Generalklausel Aufgaben zuzuweisen, die herkömmlich mit dem Begriff "Ergänzungs- und Ausgleichsaufgaben" umschrieben werden.

Die Kreise dürfen im Rahmen ihrer Ergänzungs- und Ausgleichsaufgaben auch Zuschüsse an die kreisangehörigen Gemeinden oder an private Dritte gewähren. Die Zuschüsse an die Gemeinden dürfen für bestimmte Zwecke gewährt werden. Die Gewährung der Zuschüsse setzt nicht den Erlaß einer besonderen Förderungssatzung voraus".

Fraglich ist, ob diese Entscheidung den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Rastede-Entscheidung tatsächlich gerecht wird. Deshalb wird derzeit erwogen, Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichtes einzulegen. Ob dies erfolgt, steht bislang noch nicht fest.

3. Das Verfahren der Gemeinde Hohenwestedt gegen den Kreis Rendsburg-Eckernförde ist durch landesrechtliche Besonderheiten geprägt. Die nordrhein-westfälische Kreisordnung sieht keine den §§ 2; 20 der schleswig-holsteinischen Kreisordnung vergleichbaren Ausgleichs- und Ergänzungsaufgaben der Kreise vor. § 2 Abs. 1 Kreisordnung NW lautet vielmehr wie folgt:

"Die Kreise sind, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen, ausschließliche und eigenverantwortliche Träger der öffentlichen Verwaltung zur Wahrnehmung der auf ihr Gebiet begrenzten überörtlichen Angelegenheiten. Die Wahrnehmung örtlicher Aufgaben durch die Gemeinden bleibt unberührt. Mehrere Gemeinden können überörtliche, auf ihre Gebiete begrenzte Aufgaben durch Zweckverbände oder im Wege öffentlich-rechtlicher Vereinbarungen durchführen".

Von daher dürften die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes in dem oben dargestellten Beschluß nicht auf Nordrhein-Westfalen übertragbar sein.

Az.: V/3 941-02

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search