Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 261/2006 vom 16.03.2006

Bundesverwaltungsgericht zur Abfallüberlassungspflicht für Gewerbe

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 01.12.2005 (Az.: 10 C 4/04) entschieden, dass gewerbliche Abfallerzeuger/-besitzer bei ihnen anfallende Abfälle als „Abfall zur Beseitigung“ den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern (in NRW: den Städte, Gemeinden und Landkreisen) überlassen müssen, wenn ein bestimmter Weg zur Verwertung nicht sichergestellt ist. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG sind Abfälle zur Verwertung solche Abfälle, die verwertet werden. Abfälle, die nicht verwertet werden sind Abfälle zur Beseitigung. Das BVerwG stellt in seinem Urteil vom 1.12.2005 fest, dass dieser duale Abfallbegriff lückenhaft ist. Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG werde zwar auf ein tatsächliches Geschehen abgestellt, das dem Anfall des Abfalls nachfolge, sobald dieser entsorgt werde. Hieraus könne aber nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass bei Einschaltung eines privaten Entsorgungsunternehmens Abfall zur Beseitigung erst am Ende des Entsorgungsweges und auch nur dort anfallen könne, weil dann erst das Ergebnis des weiteren Entsorgungswegs nachträglich über die Abgrenzung zwischen Abfall zur Beseitigung und Abfall zur Verwertung entscheiden würde. Damit würde zugleich nach dem BVerwG im Bereich der gewerblichen Siedlungsabfälle einer Privatisierung der Entsorgung zugunsten einer kommerziellen Abfallwirtschaft und einer vollständigen Verdrängung der kommunalen Entsorgungsträger der Weg bereitet. Ein solches Ergebnis steht nach dem BVerwG mit dem Sinn und Zweck der Regelung nicht im Einklang.

Vielmehr setzt – so das BVerwG – eine Verwertung voraus, dass überhaupt Abfall angefallen ist, was der Fall ist, wenn erstmals die Begriffsmerkmale des § 3 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG erfüllt sind. Zu diesem Zeitpunkt ist der Abfallbesitzer/-erzeuger zwingend zu einer prognostischen Betrachtung angehalten, ob eine Verwertung des Abfalls in Betracht zu ziehen ist oder nicht. Ist die Verwertungsprognose negativ, so steht dem Abfallbesitzer/-erzeuger die Verwertungsoption nicht offen und es fällt bereits zu diesem Zeitpunkt bei ihm Abfall zur Beseitigung an, mit der Folge, dass die Abfallüberlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Platz greift, zumal dem dualen Abfallbegriff nicht entnommen werden kann, dass zur Vermeidung der Abfallüberlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG auf die bloße Möglichkeit der Verwertung abzustellen ist (so auch: OVG NRW, Urteil vom 5.8.1999 – Az.: 20 B 2007/98 - ; NVwZ 1999, S. 1246f.) . Eine Verwertungsmöglichkeit, die sich erst bei einem späteren Abfallbesitzer eröffnet, erlaubt aus diesen Grunde nach dem BVerwG noch nicht den Rückschluss, dass beim Abfallerzeuger zuvor kein Abfall zur Beseitigung angefallen ist.

In Anknüpfung hieran sah das BVerwG die in der Bäckereifiliale in den Restabfallsack eingefüllten Sachen als Abfall an, weil diesen den Abfallgruppen Q 1, 5 und 14 des Anhangs I zum KrW-/AbfG zuzuordnen waren und sich die Klägerin dieser Sachen entledigen wollte. Nach der Verkehrsauffassung, die für das Vorliegen des Entledigungswillens maßgeblich ist (§ 3 Abs. 3 Satz 2 KrW-/AbfG), konnte es für diese Sachen, die im Restabfallsack gesammelt wurden, in der Verkaufsfiliale auch keinen neuen Verwendungszweck geben (§ 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrW-/AbfG), so dass spätestens mit dem Befüllen des Restmüllsacks Abfall angefallen war.

Dabei handelte es sich nach dem BVerwG auch um Abfall zur Beseitigung. Dem Abfallerzeuger/-besitzer wird durch den Vorrang der Verwertung eine Frist zur Überlegung eingeräumt, welcher Entsorgungsweg ausgewählt wird, um die abfallrechtlichen Pflichten zu erfüllen. Dabei handelt es sich insbesondere, um die Pflicht zur Abfallverwertung (§ 5 Abs. 2 KrW-/AbfG) und die Pflicht zur Abfallbeseitigung (§ 11 Abs. 1 KrW-/AbfG). Diese Frist zur Überlegung endet nach dem BVerwG spätestens dann, wenn wie im konkret zu entscheidenden Fall nach außen hin erkennbar feststeht, dass eine Abfallfraktion aus der Betriebsstätte verbracht wird. Ist – so das BVerwG – zu diesem Zeitpunkt für die Abfallfraktion ein konkreter Verwertungsweg nicht sichergestellt, und ist die Abfallfraktion vielmehr mangels Marktgängigkeit unverkäuflich, und müsste für deren Abnahme der bisherige Besitzer im Gegenteil sogar regelmäßig ein Entgelt bezahlen, dann ist der Abfall im Zeitpunkt seiner Bereitstellung zur Verbringung kein Wirtschaftsgut mehr und fällt bei diesem Abfallbesitzer als Abfall zur Beseitigung an.

Etwas anderes gilt nach dem BVerwG auch dann nicht, wenn die Abfallfraktion von einem privaten Entsorgungsunternehmer im „Huckepackverfahren“ zusammen mit verwertbaren Abfallfraktionen im Einzelfall quasi „kostenlos“ übernommen wird, denn seiner abfallwirtschaftlichen Verantwortung genügt ein Abfallerzeuger/-bresitzer nach dem BVerwG nicht, wenn er eine Abfallfraktion einem privaten Entsorgungsunter-nehmer überlässt, ohne dass ein bestimmter Weg zu ihrer Verwertung sichergestellt ist. Möchte der Abfallerzeuger demnach seine Verwertungsmöglichkeit im Hinblick auf eine Abfallfraktion erhalten und der Abfallüberlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger entgegen, so muss er schlüssig und nachvollziehbar für die Abfallfraktion einen sichergestellten Verwertungsweg darstellen.

In diesem Zusammenhang kann die Abfallüberlassungspflicht auch nicht durch den Vortrag abgewehrt werden, dass der Inhalt eines Restabfallsacks noch mit anderen verwertbaren Abfällen vermischt werden könnte, so dass ein Abfallgemisch mit einem hinreichend hohen Anteil verwertungsfähigem Abfall erzeugt werden könne. Ein solcher Vortrag ist nach dem BVerwG jedenfalls dann ungeeignet, die Entstehung der Abfallüberlassungspflicht zu verhindern, wenn eine wie hier im Restabfallsack bereits vorsortierte Abfallfraktion vorhanden ist, für die im Zeitpunkt der Verbringung aus der Betriebsstätte kein konkretes Verwertungsverfahren in Aussicht genommen und sichergestellt ist, so dass der Inhalt des Restabfallsacks zu diesem Zeitpunkt Abfall zur Beseitigung ist.

Vor diesem Hintergrund obliegt dem gewerblichen Abfallerzeuger/-besitzer mithin gegenüber dem öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsträger die Nachweispflicht, dass bei ihm keine überlassungspflichtigen Abfälle zur Beseitigung anfallen (in Anknüpfung an: Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 17.02.2005 – Az.: 7 C 25.03 und 7 CN 6.04 – Buchholz 451.221 § 12 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Nr. 2 und 3). Hierzu gehört, dass er für sämtliche bei ihm angefallenen Abfälle einen sichergestellten Verwertungsweg darstellt, d.h. eine ordnungsgemäße und schadlose stoffliche und/oder energetische Verwertung im Einklang mit den Rechtsvorgaben des KrW-/AbfG schlüssig und nachvollziehbar darlegen kann. Zusätzlich haben Erzeuger/-besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen im Sinne des § 2 Nr. 1 GewAbfV darzulegen, dass sie die Trenn-Vorgaben der Gewerbeabfall-Verordnung einhalten, deren Ziel es, ist die ordnungsgemäße und schadlose Verwertung von gewerblichen Siedlungsabfällen zur befördern bzw. voranzubringen und Scheinverwertungen abzustellen.

Az.: II/2 31-02 qu/g

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