Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 350/2002 vom 05.06.2002

Bundesverwaltungsgericht zur Abfallgebühr für Ferienwohnungen

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 05.11.2001 (Az.: 9 B 50.01, KStZ 2002, S. 75 ff.) dazu entschieden, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG und das Äquivalenzprinzip (§ 6 Abs. 3 Satz 2 KAG NRW) es verbieten, den Inhaber von Ferienwohnungen zur vollen Abfallgebühr für die Müllabfuhr heranzuziehen, wenn Abfälle auf einem Grundstück nicht durchgängig anfallen.

Das Bundesverwaltungsgericht führt hierzu aus, daß die Ungleichbehandlung, die darin liege, daß von jedem Gebührenschuldner eine allein nach dem Behältervolumen und der angebotenen Entleerungsshäufigkeit gestaffelte Abfallgebühr erhoben werde, obwohl die Füllung der Abfallgefäße von Mal zu Mal durchaus unterschiedlich ausfalle, mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz schon dadurch gerechtfertigt sei, daß die Bereitstellung einer betriebsbereiten Abfallentsorgungseinrichtung Vorhaltekosten verursache, die bei einer geringeren Inanspruchnahme durch einzelne Gebührenpflichtige nicht im gleichen Maße abnehmen würden.

Ob eine andere Einschätzung gerechtfertigt sein möge, falls in einem Haushalt Abfälle gar oder nur ausnahmsweise anfielen, könne dahinstehen, weil nach den tatsächlichen Feststellungen im zu entscheidenden Fall das Ferienhaus der Klägerin insgesamt pro Jahr etwa 2 Monate bewohnt sei und deswegen nach der Lebenserfahrung keine Rede davon sein könne, daß Abfälle hier nur ausnahmsweise anfielen. Auch das Argument, im Jahr werde das Ferienhaus allenfalls für mehrere Kurzaufenthalte genutzt, die sich nur auf maximal 2 Monate summierten, rechtfertige keine andere Beurteilung. Im Gegenteil zeige gerade dieses Verhaltensmuster auf, daß die Vorhalteleistung der Müllabfuhr ganzjährig uneingeschränkt in Anspruch genommen werde, denn das Anwesen der Klägerin bzw. der dafür vorgesehene Abholpunkt müsse vom Müllwagen auf den Einsammeltouren zwecks Leerung des Abfallbehälters ganzjährig angefahren werden, und zwar unabhängig davon, ob das Anwesen gerade bewohnt sei oder nicht. Für die Annahme, daß eine nennenswerte Kostenersparnis eintrete, wenn von dem Anwesen der Klägerin des öfteren kein oder nur wenig Müll abzuholen sei, fehle jeder Anhaltspunkt.

Es komme hinzu, daß eine derartige individuelle Betrachtungsweise des jeweiligen Nutzerverhaltens, wie es die Klägerin offenbar für geboten halte, dem kommunalen Satzungsgeber nicht zumutbar sei. Bei der gebührenmäßigen Erfassung der Nutzer einer Abfallentsorgungseinrichtung gehe es um die Regelung von Massenerscheinungen, die eine weitergehende Typisierung erfordern. Der Satzungsgeber könne es als unpraktikabel ansehen, für Inhaber von Ferienwohnungen eine Sonderregelung einzuführen, die etwa berücksichtige, wann und wie oft die einzelne Ferienwohnung tatsächlich genutzt werde. Dieses sei ein Grund, der es im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG sachlich rechtfertige, an sich ungleiche Sachverhalte gleichzubehandeln.

Außerdem sei es einer Gemeinde nicht zumutbar, einen Gewichtsmaßstab bei der Abrechnung der Abfallgebühr einzuführen, nur weil ein hoher Anteil von Ferienwohnungen an die gemeindliche Müllabfuhr angeschlossen sei. Die Einführung eines Gewichtsmaßstabs setze bekanntermaßen einen erheblichen technischen und damit auch finanziellen Aufwand voraus, weil die Identifizierung und Verwiegung der Müllbehälter beim Schüttvorgang gewährleistet werden müsse. Wenn eine Gemeinde diesen erhöhten finanziellen Aufwand für unangemessen ansehe, sei dagegen aus bundesrechtlicher Sicht nichts einzuwenden, denn der kommunale Satzungsgeber könne je nach den Umständen des Einzelfalls eine Auswahl unter den verschiedenen Gebührenmodellen treffen, ohne daß sich aus dem Gleichheitssatz ein Vorrang für einen bestimmten Gebührenmaßstab ergebe.

Ebenso sei ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gegeben. Das Äquivalenzprinzip sei zwar - unabhängig von der landesrechtlichen Ausgestaltung - als ein auf die Gebührenerhebung bezogener Ausdruck des bundesrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit anzusehen. Das Äquivalenzprinzip besage aber nur, daß die Gebühren nicht in einem groben Mißverhältnis zu der vom Träger öffentlicher Verwaltung erbrachten Leistungen stehen dürfe. Deswegen verbleibe dem kommunalen Satzungsgeber bei der Beantwortung der Frage, wie eine sachgerechte Verknüpfung zwischen dem Wert dieser Leistung und der Gebührenhöhe herzustellen sei, ein weiter Ermessensspielraum. Bei der Müllabfuhr bestimme der regelmäßige Abholdienst entscheidend den Wert der vom Gebührenschuldner in Anspruch genommenen Leistung. Denn diese regelmäßige Abholdienst garantiere dem Gebührenschuldner, sich jederzeit in rechtmäßiger Weise seines Abfalls entledigen zu können. Um den Wert dieser Leistung in Geld zu bestimmen, könne ein auf den Nutzer entfallende Anteil der für die kommunale Abfallentsorgung anzuwendenden Kosten angesetzt werden. Eine auf Kostendeckung abzielende Gebühr sei mit dem Äquivalenzprinzip jedenfalls vereinbar, so lange der Verteilungsmaßstab dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung trage. Die nach Art. 3 Abs. 1 GG anzustrebende Belastungsgleichheit gewährleiste im Fall einer Aufwandsgebühr zugleich ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Wert der Leistung und Gebührenhöhe. Es fehle daher auch unter diesem Gesichtspunkt an einem greifbaren Anhaltspunkt, im zu entscheidenden Fall einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz anzunehmen.

Die Geschäftstelle weist ergänzend darauf hin, daß mit dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.11.2001 (Az.: 9 B 50.01, KStZ 2002, S. 75 ff.) dokumentiert wird, daß eine Gemeinde auf keinen Fall verpflichtet ist, den Gewichtsmaßstab (das sog. Wiegesystem) bei der Abrechnung der Kosten der Abfallentsorgung bzw. der Erhebung der Abfallgebühren zu praktizieren. Der Gemeinde steht vielmehr nach dem Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Gebührenmaßstäbe ein weiter Ermessensspielraum zu. Ein am Gefäßvolumen orientierter Gebührenmaßstab ist vor diesem Hintergrund ausreichend.

Az.: II/2 33-20 qu/g

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