Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 181/2012 vom 08.02.2012

Bundesverwaltungsgericht zur Abfall-Grundgebühr

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Beschluss vom 11.11.2011 (Az. 9 B 41/11) entschieden, dass die Erhebung einer Abfall-Grundgebühr nach der Nutzfläche eines Gewerbebetriebes nicht zu beanstanden ist. Der Grundsatz der Typengerechtigkeit könne nicht auf die Erhebung von Grundgebühren im Abfallrecht übertragen werden. Solche Abfall-Grundgebühren können — so das BVerwG - nur nach einem verhältnismäßig „groben“ Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen werden. Dieser große Maßstab könne der Natur der Sache nach nicht weiter einem Wirklichkeitsmaßstab angenähert werden.

Der Grundsatz der Typengerechtigkeit besage zwar, dass bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise verallgemeinert und pauschaliert werden könne, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und die dabei bestehenden Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht gelassen werden, solange nicht mehr als 10 Prozent der von der Regelung betroffenen Fälle dem „Regeltyp“ widersprechen. Dieser Grundsatz der Typengerechtigkeit passe aber nur in den Sachbereichen, in denen — wie im Wasser- und Abwassergebührenrecht — eine ausgeprägt an der Benutzungsintensität ausgerichtete Gebührengestaltung unproblematisch möglich sei, was im Abfallgebührenbereich gerade nicht der Fall sei.

Die Abfall-Grundgebühr diene — so das BVerwG - außerdem der (teilweisen) Deckung der fixen Kosten, die unabhängig von den aktuell anfallenden Abfallmengen für das Vorhalten der Abfallentsorgungseinrichtung entstünden. Insoweit könnten die Gewerbetreibenden die Abfallentsorgungseinrichtung jederzeit und grundsätzlich in Anspruch nehmen mit der Folge, dass der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Leistung seiner öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung entsprechend der Höchstmenge des gesamten in Betracht kommenden Abfalls vorhalten müsse. Daher habe sich die Grundgebühr an der für den jeweiligen Betrieb vorzuhaltenden Höchstlastkapazitäten bzw. dessen „Gesamtabfallpotenzial“ zu orientieren. Da nur schwer vorhersehbar sei, in welchem Umfang der einzelne Gewerbebetrieb die Bereitschaft der öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung in Anspruch nehmen werde, sei die in Anwendung eines einfachen und pauschalen Gebührenmaßstabs gerechtfertigt.

Die hier in Rede stehende Bemessung der Grundgebühr nach der Nutzfläche des Gewerbegrundstücks sei deshalb nicht zu beanstanden. Denn dessen Größe lasse einen gewissen Rückschluss auf den Umfang zu, in dem das Grundstück „möglicherweise“ die Leistung der öffentlichen Abfallbeseitigungseinrichtung in Anspruch nehmen werde. Der Vorteil, „Abfälle zur Beseitigung“ jederzeit und grundsätzlich im unbegrenzten Umfang dem Entsorgungsträger überlassen zu können, sei für einen Großbetrieb deutlich größer als für einen Kleinbetrieb. Eine „Verfeinerung“ des Maßstabs im Hinblick auf Betriebe, denen die Bemessung nach der Nutzfläche wegen ihres stark abweichenden „Abfallpotenzials“ nicht gerecht werde, sei nicht geboten. Soweit sich die Klägerseite auf Betriebe mit großer Nutzfläche berufen würden, deren Abfälle derzeit problemlos verwertet werden könnten, so dass nur geringe Mengen an Abfällen zur Beseitigung anfielen, sei bereits fraglich, ob hierin eine A-Typik gesehen werden könne. Denn auch in diesen Fällen müssten ausreichende Entsorgungskapazitäten vorgehalten werden. Außerdem gebe es im Satzungsgebiet auch große Betriebe mit großer Betriebsfläche und aktuell sehr hohen Abfallmengen, für die der Gebührenmaßstab möglicherweise günstig sei. Solche Ungleichheiten müssten aus Gründen der Praktikabilität hingenommen werden.

Angesichts der strukturellen Unterschiede der in Betracht kommenden Gewerbebetriebe würde es auch einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand bedeuten, dass „Abfallpotenzial“ jedes Betriebes mit Blick auf seine Material- oder Arbeitsintensität oder die jeweilige Branche zu ermitteln und unter Kontrolle zu halten. Bei einer solchen Ausdifferenzierung eines des Maßstabs könnten abfallrechtliche Grundgebühren dann letztlich nicht mehr erhoben werden. Schließlich sei die Erhebung der abfallrechtlichen Grundgebühr nur ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab, so dass - wie hier - die Nutzfläche in Betracht gezogen werden könne, der das maßgebliche Abfallpotenzial des einzelnen Gewerbebetriebs nur sehr grob erfasse.

Die Erhebung der Abfall-Grundgebühr steht nach dem BVerwG auch nicht entgegen, dass angeblich Anreize zur Verwertung von gewerblichen Siedlungsabfällen nicht mehr gegeben würden. Der Satzungsgeber habe nur insofern eine Verhaltenssteuerung bezweckt, als so genannte Scheinverwertungen eingedämmt werden sollen. Insbesondere gehe es darum, dass gewerbliche „Abfälle zur Beseitigung“ nicht unter Verstoß gegen die gesetzliche Abfallüberlassungspflicht (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KrWG-/AbfG) nicht über den zuständigen kommunalen Entsorgungsträger, sondern über private Entsorgungsunternehmen — insbesondere auf Billigdeponien mit schlechten Umweltstandards — entsorgt würden. Also gehe es dem kommunalen Satzungsgeber nicht darum, die Gewerbebetriebe durch die Erhebung einer Abfall-Grundgebühr zu veranlassen, auch „Abfälle zur Verwertung“ zu überlassen, sondern um einen Anreiz, davon abzusehen, „Abfälle zur Beseitigung“ unter Verstoß gegen die Abfallüberlassungspflicht für gewerbliche „Abfälle zur Beseitigung“ Dritten anzudienen.

Az.: II/2 33-10 qu-ko

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