Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 526/2014 vom 17.07.2014

Bundesverwaltungsgericht zum Hochwasserschutz

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 03.06.2014 (Az. 4 CN 6.12) entschieden, dass das in § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG geregelte Verbot der Ausweisung von neuen Baugebieten in Bauleitplänen oder sonstigen Satzungen nach dem BauGB (ausgenommen Bauleitpläne für Häfen und Werften) in festgesetzten Überschwemmungsgebieten nur  die erstmalige Ermöglichung einer Bebauung durch eine Bauleitplanung oder städtebauliche Satzungen meint, während die bloße Änderung der Gebietsart eines bereits bisher ausgewiesenen Baugebiets (hier: die Umplanung eines festgesetzten allgemeinen Wohngebiets in ein Mischgebiet) nicht erfasst wird. Dieses ist nach dem Bundesverwaltungsgericht der ausdrückliche Wille des Bundesgesetzgebers gewesen, der festgesetzte Überschwemmungsgebiete vor einer erstmaligen  zusammenhängenden Bebauung schützen wollte (BT-Drucksache 15/3510, S. 2ff.).

Nach dem Bundesverwaltungsgericht soll das Verbot dann nicht gelten, wenn lediglich die Gebietsart für ein Baugebiet geändert wird oder eine Überplanung bebauter Innenbereichslagen gegeben ist, weil im Gesetzeswortlaut des § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG durch das Wort „neue Baugebiete“ auf die Neuausweisung im Sinne einer erstmaligen Ermöglichung der Bebauung abgestellt wird. Wäre etwas anderes gewollt gewesen, so hätte in den Wortlaut z.B. auch der Begriff „Änderung“ mit aufgenommen werden müssen.

Der Hochwasserschutz wird — so das BVerwG — dadurch nicht verkürzt, weil im Rahmen des Bauleitplanverfahrens die Belange des Hochwasserschutzes zu § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB ausdrücklich im Rahmen der bauplanerischen Abwägung zu beachten sind und im Übrigen in festgesetzten Überschwemmungsgebieten gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG auch die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen nach den §§ 30, 33, 34 und 35 BauGB untersagt ist und bezogen darauf im Rahmen der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 78 Abs. 3 WHG die Belange des Hochwasserschutzes ebenfalls berücksichtigt werden müssen.

Die StGB NRW-Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin: Eine Stadt bzw. Gemeinde sollte sich zur Vermeidung einer Amtshaftung aus Art. 34 GG, § 839 BGB verdeutlichen, dass in festgesetzten Überschwemmungsgebieten Grundstückseigentümer nicht einfach ihrem „Hochwasser-Schicksal“ überlassen werden können (vgl. grundlegend: BGH, Urteil vom 13.06.1996 — Az.: III ZR 40/95  - NJW 1996 S. 3208; BGH, Urteil vom 27.01.1994 — Az.: III ZR 109/12, VersR 1994, S. 935; BGH, Urteil vom 11.11.2004 — Az.: III ZR 200/03 — VersR 2005, S. 1580 - ; OLG Koblenz, Urteil vom 24.3.2003 — Az.: 12 U 1984/01 — NVwZ-RR 2003, S. 617; Rotermund/Krafft, Kommunales Haftungsrecht, 5. Aufl. 2013, Rz. 979 ff.; Queitsch, StGRat 2014, S. 23 ff.).

Vielmehr muss die Stadt/Gemeinde — soweit erforderlich - zur Vermeidung einer Amtshaftung insbesondere bei bereits bebauten Grundstücken Maßnahmen des Hochwasserschutzes ergreifen (z.B. den Bau stationärer oder mobiler Hochwasser-Schutzwände). Dabei sind Hochwasserschutz-Maßnahmen gerade nach § 78 Abs. 1 Satz 2 WHG nicht den hochwasserschutzrechtlichen Verboten in § 78 Abs. 1 WHG unterworfen, weil ansonsten der Schutz einer vorhandenen Bebauung nicht möglich wäre.

Weiterhin sollte bedacht werden, dass Grundstückseigentümer in festgesetzten Überschwemmungsgebieten ihre Gebäude kaum mit einer Wohngebäudeversicherung (einschließlich einer Elementarschadensversicherung gegen Schäden durch Überflutung) versichern können und deshalb ein Hochwasserereignis den Grundstückseigentümer wirtschaftlich ruinieren kann. Insoweit kann nur empfohlen werden, dem Hochwasserschutz einen nachhaltigen Stellenwert einzuräumen.

Az.: II/2 23-20 qu-ko

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