Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 697/2007 vom 08.10.2007

Bundesverwaltungsgericht zum Feinstaub-Problem

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 27.09.2007 (7 C 36.07) entschieden, dass die Landeshauptstadt München Maßnahmen zur Verringerung gesundheitsschädlicher Feinstaubpartikel-Immissionen nicht mit der Begründung ablehnen darf, dass der Freistaat Bayern bisher keinen entsprechenden Aktionsplan aufgestellt hat.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu grunde: Der Kläger wohnt in München an der Landshuter Allee (Innerer Ring / Stadtautobahn), die täglich von rund 140 000 Kraftfahrzeugen befahren wird. Im Jahr 2005 wurde an der Messstation am Streckenabschnitt Landshuter Allee in der Nähe der Wohnung des Klägers bereits im März die 35ste Überschreitung des Tagesgrenzwertes für Feinstaub festgestellt. Nach dem EU-Recht darf der Tagesgrenzwert von 50 µg Feinstaub pro m³ Luft jedoch nicht öfter als an 35 Tagen im Jahr überschritten werden. Der Kläger verlangte die Verurteilung der Landeshauptstadt insbesondere zu straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen, mit denen die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für Feinstaubpartikel bei seiner Wohnung erreicht wird. Die beklagte Stadt lehnte solche Maßnahmen mit der Begründung ab, zunächst müsse der Freistaat Bayern einen Aktionsplan zur Luftreinhaltung aufstellen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als Vorinstanz hielt die Ablehnung für rechtmäßig. Das BVerwG hat im März 2007 zunächst die Revision des Klägers zugelassen und nun das Urteil des BayVGH aufgehoben.

Das BVerwG führt in seinem Urteil vom 27.9.2007 (Az.: 7 C 36.07 – Pressemitteilung Nr. 61/2007) aus, dass der Freistaat Bayern verpflichtet ist, einen Aktionsplan aufzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.3.2007 – Az.: 7 C 9.06 – Pressemitteilung Nr. 18/2007). Solange dieser aber seine Pflicht zur Aufstellung eines Aktionsplanes nicht nachkommen, dürfen die örtlichen Behörden nicht Einzelmaßnahmen zur Abwehr gesundheitlicher Beeinträchtigungen durch Feinstaubimmissionen unterlassen. Der betroffene Kläger könne daher verlangen, dass die örtlichen Behörden bei gesundheitsrelevanten Grenzwertüberschreitungen einschreiten. Diese müssten dann unter mehreren rechtlich möglichen – insbesondere verhältnismäßigen Maßnahmen eine Auswahl treffen. Als verhältnismäßige Maßnahme komme hier beispielsweise eine Umleitung des LKW-Durchgangsverkehrs in Betracht. Das BVerwG hat den Rechtsstreit an den BayVGH zurückverwiesen, da dieser offen gelassen hatte, ob an der Wohnung des Klägers die Gefahr einer unzulässigen Grenzwertüberschreitung besteht.

Die Geschäftsstelle weist ergänzend auf Folgendes hin:

Die wichtigsten planungsrechtlichen Grundlagen der Feinstaubbekämpfung bilden die Luftreinhalte- und Aktionspläne gemäß § 47 BImSchG. Luftreinhaltepläne sind auf mittel- bis langfristig wirkende Maßnahmen ausgerichtet, wohin gegen Aktionspläne kurzfristig angelegt sind und mit vollziehbaren Maßnahmen die Überschreitung von Grenzwerten verhindern sollen. In Nordrhein-Westfalen liegt die Zuständigkeit für die Aufstellung solcher Luftreinhalte- und Aktionspläne bei den Bezirksregierungen, die in der Vergangenheit auch tätig geworden sind. Vor diesem Hintergrund liegt der Sachverhalt, der vom BVerwG mit Urteil vom 27.9.2007 entschieden worden ist, namentlich, dass Landesbehörden nicht tätig geworden sind, in Nordrhein-Westfalen nicht vor. Gleichwohl darf nicht verkannt werden, dass die Umsetzung der Maßnahmen in Luftreinhalte- und Aktionsplänen den Städten und Gemeinde vor Ort obliegt, soweit sie für das Ergreifen entsprechender Maßnahmen zuständig sind. Unabhängig davon kann aus dem Urteil des BVerwG vom 27.9.2007 entnommen werden, dass ein durch Feinstaub-Immissionen betroffener Bürger einen Anspruch auch gegen die Stadt/Gemeinde vor Ort hat, dass verhältnismäßige, aber auch wirksame Maßnahmen ergriffen werden. Damit steht eine Stadt/Gemeinde nicht nur in der Pflicht, Maßnahmen umzusetzen, die in Luftreinhalteplänen bzw. Aktionsplänen vorgesehen worden sind, sondern auch die Wirksamkeit der Maßnahmen ist zu überprüfen.

Bereits im März dieses Jahres hat das BVerwG entschieden, dass das Bundesland Bayern als zuständige Behörde verpflichtet ist, einen Aktionsplan aufzustellen und zu der Frage, ob Betroffene ein subjektives Recht auf Planaufstellung haben, den EuGH angerufen(vgl. BVerwG, Urteil vom 29.3.2007 – Az.: 7 C 9.06 – Pressemitteilung Nr. 18/2007). Die nun erfolgte höchstrichterliche Feststellung, dass Betroffene ein subjektives Recht auf behördliches Einschreiten haben und die zuständigen Behörden sich nicht auf das Fehlen eines Aktionsplans berufen können, ist für die von Feinstaubgrenzwert-Überschreitungen betroffenen Kommunen von großer Bedeutung. Bei der im Rahmen der Prüfung von planunabhängigen Maßnahmen erforderlichen Abwägung sind jedoch alle Auswirkungen der jeweiligen Maßnahmen zu prüfen.

Nach Auffassung des DStGB und des StGB NRW unterstreicht das Urteil des BVerwG vom 27.9.2007, dass Bund und Länder weiterhin in der Pflicht sind, die Kommunen bei der Feinstaubbekämpfung zu unterstützen. Städte und Gemeinden, die kaum eine Möglichkeit zur wirksamen Bekämpfung von Emissionen an der Quelle haben, sind weitgehend auf die Bekämpfung von Symptomen beschränkt. Verkehrslenkende Maßnahmen sind letztlich eine Verteilung, nicht aber eine Bekämpfung von Luftschadstoffen. Erforderlich sind insbesondere strengere Vorgaben durch den Bundesgesetzgeber zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes von Fahrzeugen. Dass sich die Einrichtung von Umweltzonen in feinstaubbelasteten Kommunen verzögert, ist ebenfalls auf Versäumnisse des Bundesgesetzgebers bei der Kennzeichnungsverordnung zurückzuführen.

Az.: II/2 70-40 qu/ko

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search