Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 754/2003 vom 29.08.2003

Bundesverwaltungsgericht zu Abfallbesitz und wildem Müll

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 08.05.2003 (Az.: 7 C 15.02, DVBl 2003, S. 1076 ff.) zu der Frage entschieden, ob die Bundesrepublik Deutschland Besitzerin von Abfällen ist, die auf dem Gelände ihrer Schifffahrtsanlagen an den Bundeswasserstraßen abgelegt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht führt aus, dass nach seiner ständigen Rechtsprechung, an welcher auch die gesetzliche Definition des Abfallbesitzers in § 3 Abs. 6 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz inzwischen anknüpfe, für den Abfallbesitz ein Mindestmaß an tatsächlicher Sachherrschaft erforderlich sei. Dieses Mindestmaß sei bei dem Eigentümer eines Grundstückes, auf dem sich Abfälle befinden, nur dann ausgeschlossen, wenn er die Fläche nicht dem Zugriff oder Zutritt Dritter entziehen könne, d.h. wenn er mit seinem Grundstück durch Betretungsrechte von der Allgemeinheit in die Pflicht genommen wird. In diesem Fall würde die Bejahung des Abfallbesitzes beim Grundstückseigentümer aufgrund des Mindestmaß an Sachherrschaft über die dort abgelagerten beweglichen Sachen die Opfergrenze überschreiten. Denn die Kehrseite der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG, welche zur Hinnahme solcher Betretungsrechte zwinge, sei notwendigerweise die Pflicht der Allgemeinheit, die Folgen damit einhergehender rechtswidriger Übergriffe (verbotswidrige Ablagerung von Abfällen) auf sich zu nehmen. Aus diesem Grunde habe das Bundesverwaltungsgericht auch entschieden, dass das Zusammentragen von Abfällen, die in Wald und Flur fortgeworfen werden, wegen der gesetzlich gewährleisteten freien Zugänglichkeit dieser Grundstücke nicht Sache der Land- und Forstwirte sei, sondern zur Abfallentsorgungspflicht der öffentlichen-rechtlichen Körperschaften gehöre (vgl. Urt. v. 11.02.1983 – Az.: 7 C 45.80 -, DVBl 1983, S. 637).

Ein vergleichbares allgemeines Betretungsrecht sei im Fall der Bundesrepublik Deutschland mit Blick auf die Abfälle, die auf ihrem Gelände der Schifffahrtsanlagen an der Bundeswasserstraße abgelegt worden seien, nicht gegeben. Zwar begründe § 5 Satz 1 Wasserstraßengesetz für jedermann das Recht, Bundeswasserstraßen mit Wasserfahrzeugen zu befahren und diese Befugnis schließe das Recht ein, zu diesem Zweck die Ufergrundstücke einschließlich der nach § 1 Abs. 4 Wasserstraßengesetz als Bestandteil der Bundeswasserstraße geltenden Grundstücke zu betreten. Dieses gesetzliche Betretungsrecht sei jedoch gerade kein allgemeines Betretungsrecht, sondern ein am gesetzlichen Widmungszweck (Schifffahrt) orientiertes Betretungsrecht. Auch der landeswasserrechtliche Gemeingebrauch lasse das für den Abfallbesitz erforderliche Mindestmaß an tatsächlicher Sachherrschaft nicht entfallen. Auch wenn dieser Gemeingebrauch das zulassungsfreie Recht umfassen dürfte, Gewässerufer zum Naturgenuß oder gänzlich zweckfrei zu betreten, führe dieses in diesem Zusammenhang nicht weiter. Denn im konkreten Fall gehe es nicht um dem Uferzugang in freier Natur, sondern um das Betreten bundeseigener Schifffahrtsanlagen, nämlich eines Schleusen- und eines Hafengeländes, zu denen die betroffenen Schiffsanlegestellen gehören. Dieses seien öffentliche Einrichtungen, die schon zur Aufrechterhaltung ihrer Zweckbestimmung keinem allgemeinen Betretungsrecht unterliegen könnten, sondern einem Betriebsreglement gehorchten. Solche am Betriebszweck orientierten Regelungen begründeten einen Anspruch auf Benutzung und damit auf Betreten allenfalls im Rahmen des Zwecks der Einrichtung. Darüber hinausgehende eigenständige Betretungsrechte gebe es nicht.

Insoweit handele es sich um freiwillige Gewährungen des Trägers der Einrichtung. Bestehe somit kein allgemeines, gesetzliches Betretungsrecht an den betroffenen Grundstücken, sondern liege nur eine an dem vorrangigen Zweck der Schifffahrtseinrichtung untergeordnete freiwillige Gewährung des Zutritts für Fußgänger und Radfahrer vor, gebe es auch kein Sonderopfer des Grundstückseigentümers, dem durch die Verneinung des Abfallbesitzes Rechnung getragen werden müsse. Gerade weil die klagende Bundesrepublik Deutschland den Zutritt zu den Grundstücken reglementieren könne, habe sie die für den Abfallbesitz erforderliche Sachherrschaft. Nur dieses Ergebnis sei im Hinblick auf den Umstand sachgerecht, dass auf den Grundstücken auch, wenn nicht sogar vornehmlich, Abfälle von Benutzern der Schifffahrtsanlagen abgelegt würden, also von Personen, deren Zutritt durch die Widmung der Anlage gezielt herbeigeführt wird. Vor diesem Hintergrund sei es schwerlich vertretbar, dem Träger der Einrichtung durch die Verneinung des Abfallbesitzes aus sämtlichen abfallrechtlichen Verpflichtungen zu entlassen.

Az.: II/2 31-02 qu/g

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