Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr

StGB NRW-Mitteilung 403/2002 vom 05.07.2002

Bundesverfassungsgericht zur Zulässigkeit einer Mobilfunkanlage

Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hat mit Beschluss vom 28.02.2002 (Az.: 1 BvR 1676/01) die Verfassungsbeschwerde eines Grundstückeigentümers gegen eine nahe seines Grundstücks errichtete Mobilfunkanlage nicht zur Entscheidung angenommen.

Diese Anlage entsprach den festgesetzten Grenzwerten der 26. Bundes-Immissionschutzverordnung (BImSchV), die die Anforderungen an die Errichtung und Beschaffenheit von Hoch- und Niederfrequenzanlagen regelt. Über die Festsetzung dieser Grenzwerte - welche sich an nachweisbaren Gesundheitsgefahren einer durch Hochfrequenzfelder ausgelösten Erwärmung des Gewebes orientieren - hinausgehende Schutzmaßnahmen hatte der Verordnungsgeber abgelehnt, da insofern keine verlässlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse zugrunde liegen würden.

Der Beschwerdeführer rügte unter Hinweis darauf, dass ihn die durch diese Anlage verursachten elektromagnetischen Felder an der Gesundheit schädigten, eine Verletzung der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitenden staatlichen Schutzpflicht der menschlichen Gesundheit.

Das Gericht begründete die Nichtannahmeentscheidung u.a. damit, dass es sich bei der durch den Beschwerdeführer geltend gemachten Gesundheitsgefährdung um eine rein hypothetische Gefährdung handele, bei welcher eine Pflicht des Staates zur Vorsorge nicht bestehe.

Grundsätzlich stehe dem Gesetzgeber bei der Erfüllung der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 II GG stets ein weiter Einschätzung-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zu; von einer Verletzung dieser Schutzpflicht könne jedoch nur dann ausgegangen werden, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen habe oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder unzulänglich seien, das gebotene Staatsziel zu erreichen. Eine verfassungsrechtliche Beanstandung der in der 26. BImSchV festgesetzten Grenzwerte könne demnach nur dann erfolgen, wenn erkennbar sei, dass diese die menschliche Gesundheit völlig unzureichend schützen würden. Von einem solchen unzureichenden Schutz könne indes nicht ausgegangen werden, sofern sich - wie auch das OVG Koblenz ausführlich in seinem zu diesem Fall zuvor ergangenen Beschluss vom 20.08.2001 ausführt (Az.: 1 A 10382/01) - mangels derzeitiger verlässlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse die Eignung und Erforderlichkeit geringerer Grenzwerte noch gar nicht abschätzen lasse.

Das Bundesverfassungsgericht stellt klar, dass die Deckung des insofern bestehenden Forschungsbedarfes dem Verordnungsgeber und keinesfalls der staatlichen Schutzpflicht obliege; der Verordnungsgeber habe vielmehr mit allen geeigneten Mitteln den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft zu beobachten und zu bewerten, um gegebenenfalls weitergehende Schutzmaßnahmen - etwa durch Herabsenkung der Grenzwerte - zu treffen.

Das BVerfG weist letztlich darauf hin, dass die Forschungen zu den Auswirkungen elektromagnetischer Felder keinesfalls abgeschlossen seien, sondern seit längerem auf nationaler und internationaler Ebene stattfänden. Angesichts des komplexen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes sei es daher den Gerichten nicht möglich, eine kompetente eigenständige Risikobewertung zu treffen; eine solche könne vielmehr erst dann erfolgen, wenn die Forschungen so weit fortgeschritten seien, als dass sich die Beurteilungsprobleme auf bestimmte Fragestellungen verengen ließen, welche anhand fundierter wissenschaftlicher Ergebnisse gesichert seien. Solange solche Ergebnisse nicht vorlägen, entfalle die verfassungsrechtliche Pflicht der Gerichte, Beweis bezüglich der Gefährlichkeit von Mobilfunkanlagen zu erheben.

Az.: III/2 460-62

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search