Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 157/2005 vom 04.02.2005

Bundestags-Anhörung zu Steuervorschlägen von CDU/CSU und FDP

Bei einer Anhörung des Bundestags-Finanzausschusses zu den Steuervorschlägen von CDU/CSU und FDP hat sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund gegen die in den Konzepten vorgesehene Abschaffung der Gewerbesteuer ausgesprochen. Gegenüber den Mitgliedern des Ausschusses, den geladenen wissenschaftlichen Sachverständigen und den Vertretern anderer Verbände betonte der DStGB, dass durch die in dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion sowie in dem Gesetzentwurf der FDP-Fraktion enthaltenen Reformvorschläge Steuerausfälle für die Kommunen in Milliardenhöhe zu befürchten seien, deren Kompensation völlig ungeklärt sei. Der DStGB erhob deshalb die Forderung, dass sämtliche Reformvorschläge zunächst hinsichtlich ihrer Umverteilungswirkungen quantifiziert und auf ihre Administrierbarkeit untersucht werden müssten, bevor sie als ernsthafte Diskussionsgrundlage für eine grundsätzliche Reform des Steuerrechts dienen könnten. Diese Auffassung wurde auch von den Vertretern der Länder geteilt. Diese betonten zudem, dass angesichts der finanziellen Probleme der öffentlichen Haushalte weitere Steuermindereinnahmen nicht akzeptabel seien.

Grundlage für die Diskussion im BT-Finanzausschuss waren der Antrag der CDU/CSU „Ein modernes Steuerrecht für Deutschland – Konzept 21“ (BT-Drucksache 15/2745) sowie der Gesetzentwurf der FDP-BT-Fraktion „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer neuen Einkommensteuer und zur Abschaffung der Gewerbesteuer“ (BT-Drucksache 15/2349). Beide Konzepte sehen die Abschaffung der Gewerbesteuer vor. Im Konzept der CDU/CSU soll diese durch kommunale Zuschläge auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer ersetzt werden. Der Gesetzentwurf der FDP sieht ebenfalls ein kommunales Zuschlagsrecht auf die Einkommensteuer vor, daneben eine nicht näher konkretisierte Beteiligung an der Körperschaftsteuer sowie eine Anhebung des Umsatzsteueranteils von jetzt 2,2 auf dann 11,5 %. Daneben beinhaltet der Vorschlag der FDP insbesondere eine Gleichbehandlung aller Einkommensarten. Beide Konzepte beinhalten überdies eine deutliche Senkung der Einkommensteuer und Subventionsstreichungen. Gleich zu Beginn der Anhörung räumte die FDP-Fraktion allerdings ein, dass ihr Gesetzentwurf hinsichtlich der Änderung der Körperschaftsbesteuerung noch unvollständig sei und deshalb überarbeitet werden müsse.

Die kritisierten Steuerausfälle, die durch beide Konzepte hervorgerufen würden, wurden vom DIW und vom Finanzministerium NRW bestätigt. Nach Quantifizierungen des nordrhein-westfälischen Finanzministeriums ist bei einer Umsetzung des FDP-Modells mit Steuerausfällen von insgesamt 15 Mrd. € zu rechnen, wobei die Gemeinden 2,25 Mrd. € verlieren würden. Beim CDU/CSU-Modell entstünden insgesamt Verluste in Höhe von -10, 4 Mrd. €, an denen die Gemeinden mit 1,5 Mrd. € beteiligt wären. Nach Quantifizierungen des DIW betragen die Steuerausfälle des FDP-Modells -27,8 Mrd. € und die beim Modell der Unionsparteien -13,2 Mrd. €. Insofern waren beide Vertreter der Ansicht, dass in den Haushalten keine Spielräume für Entlastungen vorhanden seien.

Der DStGB betonte, dass eine voreilige Abschaffung der Gewerbesteuer gerade in Anbetracht des erstmalig wieder ansteigenden Aufkommens im Jahr 2004 abzulehnen sei. Nach bisheriger Datenlage war die Gewerbesteuer im letzten Jahr nach den starken Rückgängen seit dem Jahr 2004 erstmalig wieder die aufkommensstärkste Steuerquelle der Kommunen. Vorher war sie unter das Aufkommen des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer gefallen. Der DStGB wies weiter darauf hin, dass gerade die Erfahrungen aus der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen im Jahre 2003 gezeigt hätten, dass sämtliche Konzepte zur Reform der Gewerbesteuer bzw. deren Ersetzung durch Zuschlagsrechte zunächst auf ihre Umverteilungswirkungen und ihre Administrierbarkeit hin überprüft werden müssten. Denn Ergebnis der Arbeit in der Kommission war, dass die Modelle der Wirtschaft, wie sie jetzt zum Teil wieder in den Konzepten von CDU/CSU und FDP aufgenommen wurden, zu erheblichen interkommunalen Umverteilungswirkungen und insgesamt zu Steuerausfällen führen würden. Auch wurde in der Kommission festgestellt, dass die in diesen Reformvorschlägen vorgesehene Übertragung der Steueradministrierung auf die Finanzverwaltung der Länder diese überfordern würde. Vor diesem Hintergrund betonte der DStGB, dass alle Reformkonzepte zunächst genau hinsichtlich ihrer Umverteilungswirkung quantifiziert werden müssten, bevor sie eine geeignete Diskussionsgrundlage darstellen können. Bei der Quantifizierung muss insbesondere nach Gemeindetypen differenziert werden, um die Umverteilungswirkungen zu erkennen. Den Vorschlag der FDP, die Gewerbesteuer u. a. durch eine höhere Beteiligung an der Umsatzsteuer zu ersetzen, lehnen wir ab. Zwar bedeutet eine höhere Beteiligung an der Umsatzsteuer auf den ersten Blick eine stetige Einnahmebasis, die relativ unabhängig von Aufkommensschwankungen ist, allerdings lässt sie eine regionale Zuordnung bei der Verteilung nicht zu. Insofern lehnen wir eine Substitution der Gewerbesteuer durch die Erhöhung des Anteils an der Umsatzsteuer ab. Diese hat nur neben einem Fortbestehen der Gewerbesteuer Platz.

In den Beiträgen der Steuerrechtsexperten aus der Wissenschaft stand nicht so sehr die Abschaffung der Gewerbesteuer, sondern eine Änderung bei der Körperschaftsbesteuerung und eine generelle Vereinfachung bei der Einkommensbesteuerung im Vordergrund. So betonte Prof. Kirchhof, dass eine fundamentale Reform des Steuerrechts im Sinne einer Vereinfachung notwendig sei. Er sprach sich für die in dem FDP-Gesetzentwurf vorgesehene Gleichbehandlung aller Einkommensarten aus. Dem stimmte auch Frau Professorin Hey bei, allerdings wies auch sie auf die Zerlegungsprobleme bei Zuschlagsrechten auf die Einkommensteuer – wie sie bei der Arbeit zur Reform der Gemeindefinanzen zutage getreten sind – hin. Prof. Jarass sprach sich ausdrücklich für den Erhalt der Gewerbesteuer, allerdings in modifizierter Form, d. h. durch eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage, aus. Er betonte zudem, dass es einen großen Unterschied zwischen der nominellen Steuerbelastung von Unternehmen in Deutschland im Vergleich zur EU und der realen Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland gebe. Bei der realen Steuerbelastung für Unternehmen liege Deutschland weit unter dem EU-Schnitt. Dem wurde allerdings von anderen Experten heftig widersprochen.

Die Vertreter der Wirtschaft sprachen sich einstimmig für eine Abschaffung der Gewerbesteuer aus. Dem wurde durch den DStGB und die anderen kommunalen Spitzenverbände widersprochen. Dieser Kritik schlossen sich auch die Vertreter der Länder an, die wiederum betonten, dass die Arbeit in der Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen gezeigt habe, dass das mit den Konzepten von Union und FDP einhergehende Problem der Zerlegungsfälle nach wie vor ungelöst sei. Auch eine Verschmelzung der verschiedenen Einkommensteuerarten würde diese Problematik nicht lösen.

Az.: IV 920-03

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