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StGB NRW-Mitteilung 56/2016 vom 10.12.2015

Bundestag beschließt zweites Pflegestärkungsgesetz

Der Deutsche Bundestag hat am 13.11.2015 das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) beschlossen. Das Gesetz tritt am 01.01.2016 in Kraft. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff und das neue Begutachtungsverfahren werden zum 01.01.2017 wirksam. Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff soll die bisherige Benachteiligung von Personen mit kognitiven Einschränkungen beseitigt werden. Zur Finanzierung des Vorhabens wird der Beitrag zur Pflegeversicherung ab dem Jahr 2017 um 0,2 Prozentpunkte angehoben.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund NRW fordert schon lange die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes. Zu kritisieren ist jedoch, dass die Regelungen in der Pflegeversicherung ohne Abstimmung mit der Sozialhilfe eingeführt werden sollen. Damit werden leistungsrechtliche Fakten geschaffen, ohne dass die Schnittstellenprobleme zur Sozialhilfe, insbesondere der Hilfe zur Pflege und der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, gelöst werden.

Neuregelungen zum 01.01.2016:

  • Die Beratung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen soll verbessert werden. Die Pflegekassen benennen feste Ansprechpartner für die Pflegeberatung. Pflegende Angehörige erhalten einen eigenen Beratungsanspruch. Die Zusammenarbeit aller Beratungsstellen vor Ort wird gestärkt.
  • Die ärztliche Versorgung der Bewohner von Pflegeheimen wird verbessert. Durch das Hospiz- und Palliativgesetz werden stationäre Pflegeeinrichtungen verpflichtet, Kooperationsvereinbarungen mit niedergelassenen Haus-, Fach- und Zahnärzten zu schließen.
  • Der Zugang von Pflegebedürftigen zu Maßnahmen der Rehabilitation wird gestärkt, indem die Pflegekassen und Medizinischen Dienste wirksame Verfahren zur Klärung des Rehabilitationsbedarfs anwenden müssen.
  • Die Pflegekassen werden zur Erbringung von primärpräventiven Leistungen in stationären Pflegeeinrichtungen verpflichtet. Ziel ist, die gesundheitliche Situation der Pflegebedürftigen zu verbessern und gesundheitliche Ressourcen und Fähigkeiten zu stärken. Durch das Präventionsgesetz werden die Pflegekassen hierzu im Jahr 2016 insgesamt rund 21 Millionen Euro zur Verfügung stellen.
  • Die Qualitätsmessung, Qualitätssicherung und Qualitätsdarstellung in der Pflege wird weiterentwickelt. Dabei wird der sogenannte Pflege-TÜV grundsätzlich überarbeitet und vor allem der Ergebnisqualität wird größere Bedeutung gegeben. Dazu wird wissenschaftlicher Sachverstand herangezogen und die Entscheidungsfindung durch einen entscheidungsfähigen Qualitätsausschuss beschleunigt.
  • Das PSG II stellt klar, dass die zeitliche Entlastung der Pflegekräfte durch das neue Pflegedokumentationsmodell nicht zu Personalkürzungen führen darf.
  • Patientinnen und Patienten, die nicht dauerhaft pflegebedürftig sind, erhalten nach einer Krankenhausbehandlung Anspruch auf Übergangspflege (häusliche Krankenpflege, Haushaltshilfe sowie Kurzzeitpflege) als Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung durch Regelungen im Krankenhausstrukturgesetz. 

Neuregelungen zum 01.01.2017: 

  • Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff schafft eine fachlich gesicherte und individuelle Begutachtung und Einstufung in Pflegegrade. Die Pflegesituation von Menschen mit geistigen und seelischen Beeinträchtigungen etwa bei demenziellen Erkrankungen wird bei der Begutachtung künftig in gleicher Weise berücksichtigt wie die Pflegesituation der Pflegebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen. Mit dem neuen Begutachtungsinstrument können die Beeinträchtigungen und die vorhandenen Fähigkeiten von Pflegebedürftigen genauer erfasst und die individuelle Pflegesituation in den fünf neuen Pflegegraden zielgenauer abgebildet werden. Viele Menschen erhalten mit dem Pflegegrad 1 erstmals Zugang zu Leistungen der Pflegeversicherung.
  • Die spürbaren Leistungsverbesserungen zum 01.01.2015 werden durch das Zweite Pflegestärkungsgesetz weiter ausgeweitet. Insgesamt stehen ab 2017 jährlich rund fünf Milliarden Euro zusätzlich für die Pflege zur Verfügung. Die gesetzlich vorgeschriebene Dynamisierung der Leistungen wird um ein Jahr auf 2017 vorgezogen. Damit stehen weitere rund 1,2 Milliarden Euro für bessere Leistungen der Pflegeversicherung zur Verfügung.
  • Die Leistungen in der ambulanten Pflege werden ausgeweitet und an den Bedarf angepasst. Pflegerische Betreuungsmaßnahmen zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglichen Lebens im häuslichen Umfeld werden als Regelleistung der Pflegeversicherung eingeführt.
  • Ab 2017 gilt in jeder vollstationären Pflegeeinrichtung ein einheitlicher pflegebedingter Eigenanteil für die Pflegegrade 2 bis 5. Der pflegebedingte Eigenanteil steigt künftig nicht mehr mit zunehmender Pflegebedürftigkeit. Zudem erhalten alle Pflegebedürftigen einen Anspruch auf zusätzliche Betreuungsangebote in voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen. Die Finanzierung erfolgt durch die soziale Pflegeversicherung.
  • Rund 2,7 Millionen Pflegebedürftige werden zum 01.01.2017 automatisch in einen der neuen Pflegegrade übergeleitet. Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen werden automatisch von ihrer Pflegestufe in den nächst höheren Pflegegrad übergeleitet. Menschen, bei denen eine dauerhafte erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz festgestellt wurde, werden in den übernächsten Pflegegrad überführt. Alle, die bereits Pflegeleistungen erhalten, erhalten diese daher mindestens in gleichem Umfang weiter.
  • Die soziale Absicherung von pflegenden Angehörigen wird verbessert. Die Pflegeversicherung wird für deutlich mehr pflegende Angehörige Rentenbeiträge entrichten. Dabei kommt es darauf an, in welchem Umfang die Pflege durch Pflegepersonen erbracht wird und in welchen Pflegegrad der Pflegebedürftige eingestuft ist. Auch die soziale Sicherung der Pflegepersonen im Bereich der Arbeitslosen- und der Unfallversicherung wird verbessert.
  • Die regionale Zusammenarbeit in der Versorgung pflegebedürftiger Menschen vor Ort wird verbessert. Pflegekassen können sich an selbst organisierten Netzwerken für eine strukturierte Zusammenarbeit in der Versorgung beteiligen und diese mit bis zu 20.000 Euro je Kalenderjahr auf Ebene der Kreise/kreisfreien Städte fördern. Damit werden auch Ergebnisse des Forschungsprojekts „Zukunftswerkstatt Demenz“ des Bundesministeriums für Gesundheit umgesetzt.
  • Die Vereinbarungspartner (Träger der Pflegeeinrichtungen, Sozialhilfeträger und Pflegekassen) müssen bis zum 30.09.2016 neue Pflegesätze für die Pflegeheime vereinbaren. Zudem müssen sie die Personalstruktur und die Personalschlüssel mit Blick auf den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und die fünf neuen Pflegegrade prüfen und anpassen.
  • Die Selbstverwaltung wird verpflichtet, bis Mitte 2020 ein wissenschaftlich abgesichertes Verfahren zur Personalbedarfsbemessung zu entwickeln. Damit soll künftig festgestellt werden, wie viele Pflegekräfte die Einrichtungen für eine gute Pflege benötigen.
  • Der Beitragssatz der Sozialen Pflegeversicherung steigt zum 01.01.2017 um 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 beziehungsweise 2,8 Prozent für Kinderlose.

(Quelle: DStGB Aktuell v. 20.11.2015)

Az.: III/2 38.0.5.3

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