Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 814/2004 vom 21.10.2004

Bundesrat zu Hochwasserschutzgebiet

Der Bundesrat hat in 2./3. Lesung Ende September 2004 das Artikelgesetz zum vorbeugenden Hochwasserschutz mehrheitlich abgelehnt. Zugleich hat er den Vermittlungsausschuss mit dem Ziel angerufen, das Gesetz grundlegend zu überarbeiten.
Der Bundesrat hält den Gesetzentwurf zum Artikelgesetz zum vorbeugenden Hochwasserschutz (Bundesrats-Drucksache 645-04/Beschluss) für insgesamt nicht zielführend und für fachlich nicht begründet. Darüber hinaus rügt er die teilweise Verfassungswidrigkeit des Gesetzentwurfs. So sei die im Gesetzentwurf vorgesehene Frist von fünf Jahren zur flächendeckenden Ausweisung der Überschwemmungsgebiete durch die Länder völlig unzureichend; vielmehr würde eine solche Ausweisung der Überschwemmungsgebiete in einigen Bundesländern (beispielsweise Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz) Jahrzehnte dauern. Da diese Regelung folglich auf etwas Unmögliches gerichtet sei, sei sie verfassungswidrig, so der Bundesrat. Darüber hinaus rügen die Bundesländer die zu engen Vorgaben für das Gesetzgebungsverfahren der Länder, weil kein eigener landesgesetzgeberischer Spielraum verbleibe. Dem ablehnenden Beschluss des Bundesrates sind mehrere Ausschussberatungen vorausgegangen. Die im Rahmen dieser Beratungen geäußerte Kritik deckt sich in den wesentlichen Punkten mit den von Seiten des DStGB und des StGB NRW geäußerten Bedenken. Die – aus kommunaler Sicht – wesentlichen Punkte stellen sich wie folgt dar:

1. Verbot des Ackerbaus in erosionsgefährdeten Gebieten

Der Gesetzentwurf sah ursprünglich vor, den Ackerbau in Überschwemmungsgebieten vollständig zu verbieten. Nunmehr gilt dieses absolute Verbot nur noch für erosionsgefährdete Abflussbereiche. In diesen Gebieten ist der Ackerbau bis 2012 einzustellen. Außerhalb dieser Gebiete bleibt Ackerbau grundsätzlich zulässig, wenn keine Erosionen oder Gewässerschäden und keine Schadstoffeinträge zu erwarten sind.
Mit dieser Regelung wurde einer Forderung des DStGB entsprochen, der die ursprüngliche Regelung eines absoluten Verbotes des Ackerbaus als unverhältnismäßig angesehen hat. Doch auch der Beschränkung auf „erosionsgefährdete Gebiete“ ist nicht uneingeschränkt zuzustimmen. So dürfte mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand zu rechnen sein, da die Bundesländer zunächst förmliche Überschwemmungsgebiete festzulegen hätten, dann die Abflussbereiche definieren müssten und schließlich innerhalb eines jeden Abflussbereichs die erosionsgefährdeten Gebiete ausweisen müssten. Zugleich sind Ausgleichszahlungen gegenüber den betroffenen Landwirten in derzeit nicht abschätzbarer Höhe zu befürchten. Dieser Einschätzung haben sich die Ausschüsse des Bundesrates angeschlossen.

2. Verbot der Neuausweisung von Baugebieten in Überschwemmungsgebieten

Der Gesetzentwurf sieht in § 31 b Abs. 4 S. 1 ein absolutes Planungsverbot für neue Baugebiete in Überschwemmungsgebieten vor. Zulässig sind hingegen die bestandssichernde Überplanung innerstädtischer Baugebiete sowie die Umplanung aufgegebener Hafengebiete und Industriebrachen zum Zwecke der Umnutzung dieser Flächen.

Ein absolutes Planungsverbot ohne die Möglichkeit der Ausnahmeregelung ist aus kommunaler Sicht zu weitgehend und daher nicht akzeptabel. Es wird dazu führen, dass selbst in besonderen Konstellationen keine Baufläche ausgewiesen oder erweitert werden könnte. Zahlreiche Anliegergemeinden haben jedoch keine andere Möglichkeit der Neuausweisung von Flächen und damit der Stadtentwicklung. Demgegenüber könnte die Ausweisung neuer Baugebiete, mit der erstmals eine zusammenhängende Bebauung für diese Flächen ermöglicht werden soll, mit entsprechenden hochwasserschützenden Maßnahmen verbunden werden.

Dieser Einschätzung hat sich der Bundesrat angeschlossen und die Aufnahme einer Ausnahmeregelung für die Fälle gefordert, in denen
- keine andere Siedlungsentwicklung möglich ist,
- der Hochwasserabfluss nicht nachteilig beeinflusst wird,
- keine nachteiligen Auswirkungen auf Ober- und Unterlieger zu erwarten sind sowie
- die Belange des Hochwasserschutzes berücksichtigt werden.

3. Definition „Überschwemmungsgefährdete Gebiete“

Das Gesetz sieht in § 31 c als neue Kategorie die Einführung so genannter „überschwemmungsgefährdeter Gebiete“ vor, die unter Schutz zu stellen sind. Dazu gehören beispielsweise Flächen, die bei Deichbrüchen überflutet werden. Die Festlegung dieser Gebiete erfolgt durch die Länder durch „Darstellung in Kartenform“ ohne förmliches Verfahren und ohne Beteiligung der Öffentlichkeit (und der betroffenen Kommune).
Aus kommunaler Sicht beinhaltet der Gesetzentwurf keine ausreichende Definition dieser Gebiete. Eine Festlegung dieser Gebiete soll ausschließlich durch Ausweisung in Karten durch die Länder ohne weiteren förmlichen gesetzgeberischen Akt und insbesondere ohne Beteiligung der Öffentlichkeit und der betroffenen Kommune erfolgen. Dieses ist aus kommunaler Sicht nicht akzeptabel. Der Bundesrat hält die Definition der „überschwemmungsgefährdeten Gebiete“ ebenfalls für zu ungenau, da hierunter theoretische alle von Überschwemmung potenziell betroffenen Gebiete fallen könnten. Der Bundesrat fordert hier zur Abgrenzung dieser Gebiete weitere Kriterien.

Az.: II/2 20-00 qu/g

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