Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 10/2009 vom 01.12.2008

Bundesgerichtshof zur Kontrolle des Gaspreises nach Tariferhöhung

Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07 - eine frühere Entscheidung bestätigt, nach der bei Tarifkunden ausschließlich die Erhöhung von Gaspreisen, nicht aber der gesamte Gaspreis einer gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Geklagt hatte ein Tarifkunde eines kommunalen Gasversorgungsunternehmens. Durch das Urteil werden die rechtlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Gaspreisbildung weiter konturiert. Dadurch wird mehr Rechtssicherheit sowohl für die kommunalen Gasversorgungsunternehmen als auch für die Kommunen und Bürger, die Kunden der Gasversorgung sind, geschaffen.

Maßgebliche Rechtsfrage war, ob der allgemeine Tarif eines Gasversorgungsunternehmens im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 AVBGasV insgesamt oder, soweit er erhöht worden ist, der gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB unterliegt und welche Anforderungen dabei an das Vorbringen des Gasversorgers zu stellen sind.

Der BGH lässt offen, ob der Kläger die Tarife der Beklagten insgesamt beanstandet oder ob er sich nur gegen die Tariferhöhungen gewandt hat. In beiden Fällen unterliegen nach Ansicht des Gerichts allein die Tariferhöhungen einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle gemäß § 315 BGB, weil sie von dem Versorger auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV einseitig vorgenommen werden. Für eine umfassende gerichtliche Überprüfung allgemeiner Tarife eines Gasversorgers im Sinne von § 10 EnWG 1998 (§ 36 EnWG 2005), § 4 AVBGasV sei dagegen kein Raum (Bestätigung von BGHZ 172, 315). Soweit der Kunde die Tarife bei Abschluss des Liefervertrages oder später akzeptiere, würden sie Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung. Vertragspreise könnten zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einer gerichtlichen Kontrolle in entsprechender Anwendung von § 315 BGB unterliegen, wenn der Anbieter, wie die Beklagte, eine Monopolstellung innehabe. Die Analogie zu § 315 BGB würde jedoch bei den allgemeinen Tarifen für Gas der Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen, der – anders als für die Strompreise – eine staatliche Prüfung und Genehmigung dieser Tarife wiederholt abgelehnt habe. Der Preissockel, der durch den vertraglich vereinbarten Tarif gebildet werde, sei deshalb auch einer Billigkeitskontrolle durch staatliche Gerichte entzogen.

Die nach § 315 Abs. 1 BGB dem Gasversorger obliegende Darlegung und der von ihm zu führende Beweis dafür, dass die Tariferhöhungen der Billigkeit entsprechen, bräuchten danach nicht den gesamten Tarif zu umfassen. Die Billigkeit einer Tariferhöhung sei schlüssig vorgetragen, wenn der Versorger für den maßgeblichen Zeitraum darlege, dass sich seine Bezugskosten entsprechend erhöht haben und nicht durch einen Rückgang sonstiger Kosten der Gasversorgung ganz oder teilweise ausgeglichen worden sind. Dabei müsse er nicht notwendig die absolute Höhe seiner Bezugspreise angeben und die Bezugsverträge mit seinen Lieferanten vorlegen. Es reiche aus, wenn er vortrage, dass und in welchem Umfang sich aufgrund von Preisänderungsklauseln in den Bezugsverträgen seine Bezugspreise erhöht haben; Beweis dafür könne er auch durch Zeugen anbieten.

Ferner könne für die Unbilligkeit einer Tariferhöhung von Bedeutung sein, ob der Versorger im Verhältnis zu seinem Vorlieferanten Preisanpassungsklauseln und Preissteigerungen akzeptiert habe, die er - auch unter Berücksichtigung des ihm zuzubilligenden unternehmerischen Entscheidungsspielraums - ohne die Möglichkeit einer Weitergabe durch Tariferhöhung aus betriebswirtschaftlichen Gründen vermieden habe. Dafür, dass dies bei der von der Beklagten angeführten Ölpreisbindung der Fall gewesen ist, gebe es jedoch nach dem Parteivortrag keine Anhaltspunkte. Unerheblich sei, ob der Versorger die Steigerung der Gasbezugskosten durch zurückgehende Kosten in anderen Unternehmensbereichen außerhalb der Gassparte hätte auffangen können.
Das Urteil des BGH wird im Internet unter www.bundesgerichtshof.de abrufbar sein.

Az.: II/3 811-00/1

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