Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 554/2006 vom 18.07.2006

Bundesgerichtshof zur Haftung für Regenrückhaltebecken

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einem Urteil vom 19.01.2006 (Az.: III ZR 121/05) erneut mit der Frage beschäftigt, ob eine Gemeinde bei dem Überlauf eines offenen Regenrückhaltebeckens infolge eines Katastrophenregens einer Haftung aus enteignendem Eingriff ausgesetzt ist (vgl. hierzu bereits: BGH, Urt. v. 11.03.2004 – Az.: III ZR 274/03). Der BGH stellt in seinem Urteil vom 19.01.2006 nunmehr erstmals heraus, dass sich eine Gemeinde beim Überlauf eines offenen Regenrückhaltebeckens infolge eines Katastrophenregens gegenüber der Haftung aus enteignendem Eingriff grundsätzlich auf höhere Gewalt berufen kann. Dieses setzt allerdings voraus, dass die Gemeinde alle technisch möglichen und mit wirtschaftlich zumutbarem Aufwand realisierbaren Sicherungsmaßnahmen ergriffen hat, um eine Überschwemmung der Nachbargrundstücke zu verhindern, oder dass sich der Schaden auch bei solchen Maßnahmen ereignet hätte.

Grundsätzlich kann sich nach dem BGH eine Haftung der Gemeinde aus enteignendem Eingriff auch dann, wenn an sich rechtmäßige hoheitliche Maßnahmen bei einem Betroffenen zu – meist atypischen und unvorhergesehenen – Nachteilen führen, die er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen muss, die aber dennoch die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren übersteigen. Der BGH hatte bereits in seinem Urteil vom 11.03.2004 (Az.: III ZR 274/03) eine solche Haftung aus enteignendem Eingriff auch für Schäden aus dem Überlauf eines in das Kanalsystem der Gemeinde eingegliederten Regenrückhaltebeckens angenommen, ungeachtet dessen, dass es dazu erst aufgrund starker Regenfälle gekommen war. Der BGH schließt in seinem Urteil vom 19.01.2006 diese Haftung jedoch dann aus, wenn der Überstau bzw. Überlauf des Regenrückhaltebeckens durch einen ganz ungewöhnlichen und seltenen Starkregen (Katastrophenregen) verursacht worden ist. Eine Gemeinde kann sich danach grundsätzlich auch gegenüber der Haftung aus enteignendem Eingriff auf eine in einem Katastrophenregen zum Ausdruck kommende höhere Gewalt berufen. In einem solchen Fall verwirklicht sich zwar – so der BGH – ebenso die ständige latente Gefährdung der Anliegergrundstücke. Die auf der Verantwortung für die Herrschaft über bestimmte Gefahrenquellen, insbesondere für den Betrieb gefährlicher Anlagen, beruhende Haftung des Inhabers, wie sie auch hier trotz der abweichenden Rechtsgrundlage des Entschädigungsanspruchs in Rede steht, findet jedoch nach dem BGH nach den gesetzlichen Bestimmungen und der ihnen zugrunde liegenden Bewertung des Gesetzgebers fast durchweg ihre Grenze an den Wirkungen höherer Gewalt (vgl. für die Anlagenhaftung: § 2 Abs. 3 Nr. 3 Haftpflichtgesetz). Das Schadensereignis ist dann – so der BGH – letztlich nicht mehr den Risiken der Anlage, sondern dem von außen kommenden „Drittereignis“ (hier: Naturkatastrophe) zuzurechnen. Ein Haftungsausschluss wegen der Wirkungen elementarer Naturkräfte setzt aber voraus, dass das Schadensereignis mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch äußerste, nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden konnte. Dieser Gesichtspunkt lasse sich in gleicher Weise auf die Ersatzpflicht aus enteignendem Eingriff infolge der Überflutung eines Regenrückhaltebeckens übertragen. Es reiche deswegen – so der BGH - in solchen Fällen nicht aus, dass die Gemeinde einen ganz außergewöhnlichen Starkregen vortrage. Die Gemeinde muss darüber hinaus darlegen und notfalls beweisen, dass sie alle technisch möglichen und mit wirtschaftlich zumutbarem Aufwand realisierbaren Sicherungsmaßnahmen ergriffen hat, um einen Überstau bzw. Überlauf des Regenrückhaltebeckens und eine Überschwemmung der Nachbargrundstücke zu verhindern, oder dass sich der Schaden auch bei derartig ergriffenen Sicherungs- Maßnahmen ereignet hätte. Als eine solche Gegenmaßnahme kam nach dem BGH in dem zu entscheidenen Fall zumindest der bereits in der wasserrechtlichen Genehmigung verlangte, eine Überflutung ausschließende Wall in Betracht.

Das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 19.01.2006 (III ZR 121/05) geht damit in die gleiche Richtung wie das Urteil des OLG Hamm vom 02.04.2005 (Az.: 11 U 50/03). Das OLG Hamm hatte in diesem Urteil entschieden, dass die Haftung einer Gemeinde aus Amtshaftung für eine Überschwemmung entfällt, wenn sich nicht feststellen lässt, dass ein Schaden ursächlich dadurch entstanden ist, dass ein Regenrückhaltebecken fehlt.

Az.: II/2 22-50

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