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StGB NRW-Mitteilung 93/2006 vom 24.01.2006

Bundesgerichtshof zum kommunalen Bestattungsdienst

Der BGH hat sich mit Urteil vom 21. Juli 2005 (Az.: I ZR 170/02) zu wettbewerbsrechtlichen und kartellrechtlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit einem privatwirtschaftlich betriebenen städtischen Bestattungsdienst geäußert. Im wesentlichen lag der Entscheidung folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Beklagte ist Friedhofsträgerin. In einem Gebäude am Rand des Friedhofs befinden sich Aufbewahrungsräume und die Aussegnungshalle. An die Aussegnungshalle schließt ein Gebäudeteil mit drei Büroräumen an. In einem dieser Räume ist das Büro der Friedhofsverwaltung der Beklagten; hier werden die Grabstellen vergeben und die Bestattungszeiten festgelegt. Der zweite Raum wurde für den Betrieb des privatwirtschaftlich betriebenen städtischen Bestattungsdienstes genutzt. Der dritte Raum diente der Beklagten und zwei Sargherstellern bis zu einer von der Beklagten im Rechtsstreit abgegebenen Unterlassungserklärung als Ausstellungsraum für Särge und Überurnen. Der städtische Bestattungsdienst wird personell getrennt von der Friedhofsverwaltung geführt und übernimmt gewerbliche Leistungen im Zusammenhang mit Bestattungen. Das Sterbefall-Standesamt und das Friedhofsamt sind im Rathaus in der Stadtmitte. Die Klägerin zu 1, ein Bestattungsunternehmen, und die Klägerin zu 2, ein Verband, wenden sich insbesondere gegen den privatwirtschaftlich betriebenen städtischen Bestattungsdienst.

Der BGH ist zu dem Ergebnis gekommen, den Klägern stehe gegen die Beklagte wegen des beanstandeten Wettbewerbsverhaltens kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zu (§§ 3, 8 UWG). Die für diese Beurteilung maßgebliche Rechtslage habe sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 nicht gegenüber dem zuvor geltenden Rechtszustand verändert. Es sei für sich genommen wettbewerbsrechtlich unbedenklich, wenn sich die Beklagte als Gemeinde mit ihrem als Eigenbetrieb geführten Bestattungsdienst am Wettbewerb beteilige. Eine Teilnahme der öffentlichen Hand am Wettbewerb sei weder allgemein noch im Bereich des Bestattungswesens unzulässig. Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung könne sich deshalb nur auf die Art und Weise der Beteiligung der öffentlichen Hand am Wettbewerb beziehen.

Der öffentlichen Hand sei, wenn sie sich erwerbswirtschaftlich betätige, nicht anders als private Unternehmen unlauteres Wettbewerbsverhalten verboten. Die Unlauterkeit einer erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit einer Gemeinde könne sich zudem gerade aus ihrer Eigenschaft aus öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft und der damit verbundenen besonderen Stellung gegenüber den anderen Marktteilnehmern, insbesondere den Verbrauchern, ergeben. Die Beklagte handele allerdings nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG, wenn sie das Büro ihres Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude unterbringe. Die Beklagte sei allerdings, wenn sie erwerbswirtschaftlich tätig sei, auch an ihre eigenen kommunalen Satzungen gebunden. Diese seien gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG, die auch dazu bestimmt seien, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß die Beklagte nicht gegen ihre eigene Friedhofssatzung verstoße, wenn sie das Büro ihres erwerbswirtschaftlichen Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude unterbringe, werde von der Revision jedoch ohne Erfolg beanstandet.

Die Beklagte handele auch nicht unlauter im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG, wenn sie im Friedhofsgebäude das Büro ihres erwerbswirtschaftlichen Bestattungsdienstes neben dem Büro ihrer Friedhofsverwaltung unterbringe. Hinterbliebene könnten zwischen den verschiedenen Angeboten gewerblicher Bestattungsunternehmen frei wählen. Die Beklagte nehme dadurch, daß sie das Büro ihres Bestattungsdienstes auf dem Friedhofsgelände unterhalte, keinen unangemessenen unsachlichen Einfluß auf mögliche Kunden. Die Räume, die für die hoheitliche Friedhofsverwaltung genutzt würden, und die Räume für den Bestattungsdienst seien hinreichend voneinander getrennt.

Mit der Unterbringung ihres Bestattungsdienstes im Friedhofsgebäude nutze die Beklagte auch nicht in wettbewerbsrechtlich unlauterer Weise ihre öffentlich-rechtliche Stellung aus. Die Beklagte sei grundsätzlich nicht gehindert, für ihre erwerbswirtschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Bestattungswesens Mittel einzusetzen, die ihr aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Stellung zur Verfügung stünden. Es liege zudem im öffentlichen Interesse, daß die Mittel, die der öffentlichen Hand zur Verfügung stünden, wirtschaftlich eingesetzt werden. Standortvorteile, die mit der Nutzung ihres Eigentums verbunden seien, dürfe die öffentliche Hand im Wettbewerb mit privaten Unternehmen nutzen. Von der Beklagten könne deshalb nicht verlangt werden, daß sie das ihr gehörende Friedhofsgebäude nicht für eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit nutze, die mit dem Friedhofszweck vereinbar sei.

Das Gericht kam auch zu dem Ergebnis, daß Ansprüche aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ebenfalls nicht bestehen. Die Geschäftsstelle weist darauf hin, daß die Urteilsbegründung keine kommunalverfassungsrechtlichen Ausführungen enthält. Die vollständige Entscheidung kann im Internet unter www.bundesgerichtshof.de abgerufen werden.

Az.: IV/2 873-00

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