Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 334/2005 vom 29.03.2005

Bundesfinanzhof zur Begrenzung des Verlustvortrages

Die zeitliche Begrenzung des Verlustvortrages, wie ihn das Steuervergünstigungsabbaugesetz aus dem Jahr 2003 vorsieht, ist hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz ernstlich zweifelhaft. Dies entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in einem jetzt veröffentlichten Beschluss. Sollte diese Rechtsprechung im Hauptsacheverfahren bestätigt werden, hätte dies negative Auswirkungen auf das Gewerbe- und Körperschaftsteueraufkommen, an dem die Gemeinden unmittelbar bzw. mittelbar beteiligt sind.

Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Antragstellerin in dem Beschwerdeverfahren vor dem BFH ist eine GmbH, die zusammen mit einer weiteren Person eine AG gründete, an der die GmbH als stille Gesellschafterin mit 50 v.H. beteiligt war. Bis zum Jahr 2004, in dem die Antragstellerin ihren Anteil an der AG wieder veräußerte, erzielte die AG Verluste. Der Antragsgegner, das Finanzamt, erließ für das Streitjahr 2003 Vorauszahlungsbescheide zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag, in denen er den Verlust der Antragstellerin aus der stillen Beteiligung nicht berücksichtigte. Der BFH hatte im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen die Entscheidung des Finanzgerichtes, das die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide des Finanzamtes ablehnte, zu entscheiden. Deshalb prüfte der BFH bloß summarisch, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide des Finanzamtes bestehen. Dies hat der BFH allerdings bejaht.

In seinem Beschluss führt der BFH insbesondere aus, dass zweifelhaft ist, ob die in § 15 Abs. 4 Satz 6 und § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 16. Mai 2003 getroffenen Regelungen mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Diese Regelungen sehen eine zeitliche Begrenzung der steuermindernden Berücksichtigung von Verlusten aus stillen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften vor. Danach sind diese Verluste nur mit späteren Gewinnen des Gesellschafters aus derselben Innengesellschaft verrechenbar, wenn der Gesellschafter eine Kapitalgesellschaft ist.

Der BFH geht davon aus, dass ernstliche Zweifel daran bestehen, ob diese Begrenzung nicht gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) folgende Rückwirkungsverbot verstößt. Zwar liegt nach den Feststellungen des BFH im vorliegenden Fall nur der Tatbestand einer so genannten unechten Rückwirkung vor, allerdings sei nach der Rechtsprechung des BFH auch dann von einer verfassungswidrigen Rückwirkung auszugehen, wenn das durch eine (Vermögens-) Disposition getätigte Vertrauen des Bürgers in den Fortbestand der geltenden Rechtslage höher zu bewerten sei als das Änderungsinteresse des Staates. In der Abwägung dieser widerstreitenden Interessen kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass zugunsten der Antragstellerin zu berücksichtigen sei, dass sie die stille Beteiligung und die damit verbundene Einzahlungsverpflichtung zu einem Zeitpunkt vereinbart hat, in dem die spätere Beschränkung des Verlustabzugs noch nicht absehbar war. Der BFH äußert in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass die Verhinderung von Ausweichgestaltungen nicht notwendigerweise eine Regelung erforderlich machte, die bereits bestehende stille Beteiligungen übergangslos in das Verlustabzugsverbot einbezog. Deshalb sei es bei summarischer Betrachtung nicht ausgeschlossen, dass in Altfällen das Interesse des Unternehmers an der Berechenbarkeit des Rechts gegenüber dem des Gesetzgebers an der Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen überwiegt.

Die Entscheidung des BFH ist von hoher Relevanz für Städte und Gemeinden. Es ist davon auszugehen, dass die zeitliche Begrenzung des Verlustvortrages durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz ein erhöhtes Aufkommen bei der Gewerbesteuer, aber auch bei der Körperschaftsteuer, an der die Kommunen über den Finanzausgleich profitieren, bewirkt. Die stille Beteiligung an Kapitalgesellschaften, die Dauerverlustbetriebe sind, mit dem Ziel der Steuervermeidung wurde durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz zur Wahrung des fiskalischen Interesses von Bund, Ländern und Gemeinden erlassen. In seiner Argumentation berücksichtigt der BFH nicht ausreichend, dass zugunsten der diese Steuervermeidungskonstruktionen anwendenden Unternehmen in der Regel gerade kein berechtigtes Vertrauen in den Fortbestand der bis dahin geltenden Rechtslage bestehen kann. Ein solcher Vertrauensschutz in den Bestand der geltenden Rechtslage ist aber Voraussetzung für die Annahme einer die Gesetzeswidrigkeit begründenden unechten Rückwirkung. Es bleibt abzuwarten, wie das Gericht in der Hauptsache urteilen wird. Zu begrüßen wäre, wenn es in diesen Fällen verlangt, dass Unternehmen im Einzelfall substantiiert darlegen müssen, dass die stille Beteiligung an solchen Dauerverlustgesellschaften nicht lediglich zum dauernden Zweck der Steuervermeidung erfolgte.

Az.: IV/1 932-00

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