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StGB NRW-Mitteilung 446/1996 vom 20.09.1996

Bürgerbegehren über die Beibehaltung der kommunalen Doppelspitze unzulässig

Das OVG Münster hat mit Beschluß vom 02.02.1996 ein Bürgerbegehren über die Beibehaltung der Doppelspitze für unzulässig erklärt. Offen gelassen hat das OVG die Frage, ob ein solches Bürgerbegehren schon gem. § 26 Abs. 5 Nr. 1 GO unzulässig ist, wonach die innere Organisation der Gemeindeverwaltung einem Bürgerbegehren nicht zugänglich ist. Tendenziell läßt sich aus der Urteilsbegründung erkennen, daß das OVG dieser Ansicht zuneigt. Letztendlich ist nach Auffassung des OVG ein Bürgerbegehren hinsichtlich der Beibehaltung der Doppelspitze jedoch gem. Art. VII Abs. 5 Satz 2 des Kommunalverfassungsänderungsgesetzes unzulässig. Die tragenden Erwägungen des Gerichts sind nachstehend abgedruckt:

"Hier ist ein Bürgerbegehren nämlich dem Überleitungsrecht in Art. VII Abs. 5 Satz 2 KVerfÄndG unzulässig. Allerdings schließt die Vorschrift nicht ausdrücklich ein Bürgerbegehren über die Beibehaltung der Doppelspitze aus. Dies folgt aber aus einer an der Systematik und dem Sinn und Zweck der Bestimmung orientierten Auslegung.

Die genannte Vorschrift weist die Entscheidung über die Beibehaltung der Doppelspitze dem Rat zu. Vor dem Zeitpunkt ihres Erlasses existierte das Institut des Bürgerbegehrens noch nicht, vielmehr wurde es erst gleichzeitig mit dieser Norm in Art. I § 17 b KVerfÄndG geschaffen. Beide Normen traten gleichzeitig am 17.10.1994 in Kraft (Art. I § 120, IX Abs. 1 KVerfÄndG).

Schon diese zeitgleiche Einführung der allgemeinen Regelung in der Gemeindeordnung und der speziellen Übergangsregelung läßt es wenig überzeugend erscheinen, daß die Festlegung der Zuständigkeit des Rates in Art. VII Abs. 5 Satz 2 KVerfÄndG ohne weiteres durch die allgemeine Regelung des Art. I § 17 b Abs. 1 KVerfÄndG, nach der anstelle des Rates auch die Bürger selbst entscheiden können, überlagert wird.

Dieses gesetzessystematische Bedenken wird verstärkt dadurch, daß es um eine Entscheidung geht, die den Eintritt einer gesetzlichen Automatik hindert, an Fristen gebunden und von einer qualifizierten Mehrheit abhängig ist. Nach Art. VII Abs. 5 Satz 4 KVerfÄndG ist nach dem Ausscheiden des Hauptverwaltungsbeamten binnen zwei Monaten ein hauptamtlicher Bürgermeister zu wählen, es sei denn, der Rat faßt den Beschluß zur Wahl eines Gemeindedirektors. Das Gesetz sieht also als Regelfall den vorzeitigen Übergang zur neuen Gemeindeverfassung vor, der nur durch einen fristgebundenen Akt des Gemeinderates aufgehalten werden kann. Diese Fristgebundenheit legt es nahe, daß der Gesetzgeber allein das hinreichend rasch zur Beschlußfassung bereite Gemeindeorgan Rat zur Unterbrechung der Automatik ermächtigen wollte, denn das Bürgerentscheidsverfahren mit seinen Verfahrensstufen des Bürgerbegehrens, der sich daran anschließenden Zulässigkeitsentscheidung und des dann binnen einer Frist von drei Monaten anzuhaltenden Bürgerentscheids ist so schwerfällig, daß mit ihm die zur Unterbrechung der Automatik einzuhaltende Frist vielfach kaum gewahrt werden kann. Schließlich hat der Gesetzgeber die formellen Anforderungen an den Ratsbeschluß dadurch heraufgesetzt, daß nicht - wie für den Regelfall gem. §§ 49 Abs. 1, 50 Abs. 1 GO NW vorgesehen - die einfache Stimmenmehrheit ausreicht, sondern die Mehrheit der gesetzlichen Anzahl der Ratsmitglieder erforderlich ist. Angesichts dieser sondergesetzlichen Erschwerung der Herbeiführung eines die Automatik des Übergangs zur neuen Gemeindeverfassung unterbrechenden Ratsbeschlusses und seiner Fristgebundenheit in Verbindung mit der zeitgleichen Einführung des Instituts des Bürgerbegehrens in die allgemeine Kommunalverfassung muß aus dem Ratsbeschluß nach Art. VII Abs. 5 Satz 2 KVerfÄndG ersetzenden Bürgerentscheids gefolgert werden, daß diese Vorschrift allein den Rat dazu ermächtigt, die vorläufige Beibehaltung der kommunalen Doppelspitze zu beschließen".

Az.: N I 020.08.26

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