Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 553/1996 vom 20.11.1996

Bioabfallerfassung und -verwertung: Gesundheitliche Gefährdungen

Ausgelöst durch einen Artikel in der "Welt am Sonntag" vom 01.09.1996 ist erneut eine Diskussion darüber entstanden, welche gesundheitlichen Gefährdungen durch die Bioabfallerfassung und -verwertung entstehen können. Bereits im Jahr 1995 war eine ähnliche Diskussion anläßlich eines Artikels in dem Magazin "Focus" (Heft 16, 1995, Seite 257) aufgekommen. Damals hatte die Geschäftsstelle das Bundesumweltministerium um fachliche Stellungnahme gebeten. Mit Schreiben vom 14.08.1995 und 18.08.1995 hatte das Bundesumweltministerium mitgeteilt, daß durch die getrennte Abfuhr der organischen Abfälle in der Biotonne sich nach dem damaligen Erkenntnisstand grundsätzlich keine Änderung in der Bewertung der gesundheitlichen Risiken im Vergleich zur herkömmlichen Restmülltonne ergibt. Zuletzt hatte das Umweltbundesamt mit der Pressemitteilung vom 24.05.1996 (Nr. 11/96) mitgeteilt, daß für gesunde Personen beim Umgang mit Bioabfällen kein Gesundheitsrisiko besteht (siehe Mitt. NWStGB vom 20.07.1996, lfd. Nr. 359). Rein vorsorglich hatte das Umweltbundesamt aber darauf hingewiesen, daß Personen mit gravierender Beeinträchtigung des Immunsystems den Kontakt mit sich zersetzenden, biologisch abbaubaren Abfällen vermeiden sollen. Darüber hinaus hatte des Umweltbundesamt in dieser Pressemitteilung 10 Empfehlungen für den Umgang mit der Biotonne gegeben, die als vorbeugende Maßnahmen zur Minimierung der Belastungen durch Mikroorganismen, Fliegen, Ratten sowie zur Vermeidung von Geruchsbelästigungen geeignet sind. Grundlage für die Schlußfolgerungen und Empfehlungen des Umweltbundesamtes in der o.g. Presseinformation Nr. 11/96 war ein vom Umweltbundesamt im November 1995 durchgeführtes Arbeitsgespräch mit Experten unterschiedlicher Fachdisziplinen. Im einzelnen hatte das Umweltbundesamt folgende 10 Empfehlungen bezogen auf die Biotonne ausgegeben:

1. Genügend große Behältervolumen bereitstellen.

2. Strukturmaterialien zugeben, beispielsweise Grün- und Gartenabfälle, geeignetes Altpapier (Zeitungs- aber kein Hochglanzpapier).

3. Problematische Küchenabfälle, d. h. nasse, faule, geruchsintensive Stoffe in Altpapier einwickeln.

4. Abfallgefäße an schattigen Standorten aufstellen.

5. Problematische Abfälle in dem Abfallgefäß entsorgen, daß als nächstes geleert wird.

6. Dichtschließende Abfallgefäße (möglichst ratten- und fliegensicher) verwenden.

7. Keine unkontrolliert belüfteten Abfallgefäße verwenden.

8. Verschmutzte Abfall- und Sammelgefäße reinigen.

9. Sammelgefäß im Haushalt häufiger leeren.

10. Abfallgefäße nicht in Innenräumen aufstellen.

Darüber hinaus hatte das Umweltbundesamt darauf hingewiesen, daß das Abfuhrintervall bei der Biotonne grundsätzlich 14 Tage nicht überschreiten sollte. Soweit es in den warmen Sommermonaten zu Hygieneproblemen oder verminderter Akzeptanz komme, sei es ratsam, die Biotonne alle 7 Tage abzufahren.

Unabhängig davon hat das OVG Koblenz mit Urteil vom 11.09.1996 (Az.: 8 C 12820/95 OVG) entschieden, daß eine Befreiung vom Anschluß- und Benutzungszwang an die Biotonne zu erteilen ist, wenn anderenfalls der Benutzer einer Gesundheitsgefahr ausgesetzt wird. Das OVG Koblenz weist in diesem Urteil zwar darauf hin, daß bislang die Frage, ob und in welchem Maße die Biotonne für immungeschwächte Personen zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung oder -gefahr führen kann, in der Wissenschaft nicht eindeutig beantwortet wird. Jedenfalls könne eine solche negative Folge nicht eindeutig verneint werden. Dann aber gebiete es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem Schutz der Gesundheit den Vorrang zu geben vor dem öffentlichen Interesse an der Verwertung von Abfall anstelle seiner Deponierung.

Darüber hinaus ist einer Mitgliedsstadt durch das berufsgenossenschaftliche Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin ein Anschreiben zugeleitet worden, wonach nicht nur die abstrakte, sondern die konkrete Gefahr besteht, daß durch die Tätigkeit auf der Rückseite eines Müllfahrzeugs, daß Biomüll geladen hat, eine gesundheitliche Beeinträchtigung für die Müllwerker entstehen kann.

Vor diesem Hintergrund der neuen Diskussion über etwaige gesundheitliche Gefährdungen durch die Bioabfallerfassung und -verwertung hat die Geschäftsstelle sowohl das Bundesumweltministerium als auch das Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen um fachliche Stellungnahme gebeten, ob und inwieweit gesundheitliche Gefährdungen im Rahmen der Bioabfallerfassung und -verwertung entstehen können. Die Geschäftsstelle wird über die Antwortschreiben der Ministerien berichten.

Az.: 31-70 qu/sb

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