Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 662/2008 vom 15.10.2008

Beteiligung kommunaler Einrichtungen im Vergabewettbewerb

Das Landgericht Mannheim hat mit Urteil vom 06.03.2008 (22 O 33/07 Kart) die Rechtmäßigkeit einer Auftragsvergabe festgestellt, bei der sich als Bieter eine Organgesellschaft der ausschreibenden Kommune beteiligt hatte.

1. Sachverhalt:

Die Kommune ist Trägerin verschiedener Krankenhäuser und hat die in den Krankenhäusern erforderlichen Reinigungsdienstleistungen nach einer entsprechenden Ausschreibung bislang von privaten Anbietern durchführen lassen. Zum Zwecke der Kostenreduzierung gründete sie unter Beteiligung eines privaten Anbieters von Reinigungsdienstleistungen eine Service GmbH unter mehrheitlicher Beteiligung der Kommune, welche ebenfalls Reinigungsdienstleistungen anbietet. Die Service GmbH bildet mit der Kommune eine umsatzsteuerliche Organschaft und ist daher nicht zur Erhebung der Umsatzsteuer in Höhe von 19 % verpflichtet. Nach Durchführung einer erneuten – europaweiten – Ausschreibung der Reinigungsdienstleistungen erhielt letztlich die besagte Service GmbH den Zuschlag aufgrund der Abgabe des wirtschaftlichsten Angebotes.

Ein anderes, ebenfalls am Ausschreibungsverfahren beteiligtes privates Reinigungsunternehmen wandte sich vor dem LG Mannheim nun gegen die Auftragsvergabe und klagte auf Unterlassung, da Angebote zur Grundlage einer Zuschlagsentscheidung gemacht worden seien, die die Umsatzsteuer nicht enthielten. Dies begründe eine Wettbewerbsverzerrung und käme überdies einem Missbrauch steuerrechtlicher Vorschriften zum Nachteil der anderen Anbieter gleich. Keinem anderen Wettbewerber sei es möglich gewesen, ein konkurrenzfähiges Angebot zu erstellen, da diese – im Gegensatz zu der besagten Service GmbH – nicht die Möglichkeit hätten, auf die Ausweisung der Umsatzsteuer zu verzichten.

2. Entscheidung:

Das Gericht konnte diesem Vorbringen jedoch nicht folgen, da die Unterbreitung eines Angebotes ohne Ausweisung der Umsatzsteuer aufgrund der umsatzsteuerlichen Organschaft keine rechtswidrige Umgehung steuerrechtlicher Vorschriften darstelle. Auch verstoße das Prozedere der Auftragsvergabe nicht gegen gemeinschaftsrechtliche Vorgaben, da von der Umsatzsteuerbefreiung lediglich tatsächliche Geschäftsvorgänge der Service GmbH erfasst und einer steueroptimierten Behandlung unterzogen würden, welches ausdrücklich zulässig sei. Letztlich könne auch der Umstand, dass ein Vergabeverfahren durchgeführt werde, nicht dazu führen, dass für alle Bieter die gleichen Angebotsbedingungen zu gelten hätten, und die Service GmbH daher verpflichtet gewesen wäre, in ihrem Angebot auch eine Umsatzsteuerausweisung aufzunehmen. Mehrheitlich in öffentlicher Hand befindliche Unternehmen seien nun mal von der Erhebung der Umsatzsteuer befreit und hätten dadurch einen zu Kosteneinsparungen führenden Wettbewerbsvorteil, welcher nicht allein deshalb außer Acht zu bleiben habe, weil eine Ausschreibung durchgeführt werde.

Dem Unterlassungsbegehren wurde somit nicht stattgegeben.

3. Anmerkungen:

Die vorliegende Entscheidung des LG Mannheim ist zu begrüßen.

Die Gründung mehrheitlich in kommunaler Hand befindlicher Servicegesellschaften und die Bildung einer umsatzsteuerlichen Organschaft stellt ein gebräuchliches Mittel zum Zwecke der Kostenreduzierung dar und ist in der Praxis auch dementsprechend häufig anzutreffen. Umso gravierender wäre es gewesen, wenn im vorliegenden Verfahren festgestellt worden wäre, dass der sich durch die Bildung der Umsatzsteuerorganschaft ergebende Vorteil der Steuereinsparung gerade im Ausschreibungsverfahren nicht auswirken dürfe.

Insofern ist erfreulich dass das LG Mannheim ausdrücklich gleich mehrfach darauf abstellt, dass die Nutzung der sich aus der Bildung einer Umsatzsteuerorganschaft schon per Gesetz ergebenden Steuervorteile im Rahmen eines Vergabeverfahrens gerade nicht wettbewerbswidrig ist. Vielmehr stellt die nicht bestehende Verpflichtung zur Erhebung der Umsatzsteuer einen zulässigen Vorteil dar, aus dem sich die Wirtschaftlichkeit des abgegebenen Angebots ergeben und der von dem ausschreibenden Auftraggeber genutzt werden kann.

Gegen das Urteil des LG Mannheim wurde keine Berufung eingelegt, sodass nunmehr Rechtskraft eingetreten ist. [Quelle: Rundschreiben der Deutschen Krankenhausgesellschaft, 17.09.2008]

Az.: II/1 608-00

ICON/icon_verband ICON/icon_staedtebau ICON/icon_recht ICON/icon_finanzen ICON/icon_kultur ICON/icon_datenverarbeitung ICON/icon_gesundheit ICON/icon_verkehr ICON/icon_bau ICON/icon_umwelt icon-gemeindeverzeichnis icon-languarge icon-link-arrow icon-login icon-mail icon-plus icon-search