Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 38/2002 vom 05.01.2002

Beseitigung einer Werbetafel

Die Straßenbaubehörde kann nach § 22 Satz 1 StrWG NRW die Beseitigung einer ohne die erforderliche Sondernutzungserlaubnis angebrachten Werbetafel grundsätzlich auch dann anordnen, wenn für diesen Werbeträger eine Baugenehmigung erteilt worden ist.

OVG NRW, Beschluß vom 23.08.2001 - 11 A 1084/96 -;

I. Instanz: VG Köln - 2 K 5106/94 -.

Die Klägerin ist ein Unternehmen der Werbewirtschaft. Sie brachte an einer Einfriedungsmauer, die ein Privatgrundstück von einem öffentlichen Gehweg trennt, zwei Werbetafeln im Euroformat an. Für diese Werbeanlagen war der Klägerin eine bauaufsichtliche Genehmigung erteilt worden. Die entsprechende Baugenehmigung enthält den Hinweis, sie werde "unbeschadet ... der aufgrund anderer Vorschriften bestehenden Verpflichtungen zum Einholen von Genehmigungen, Bewilligungen, Erlaubnissen und Zustimmungen oder zum Erstatten von Anzeigen" erteilt.

Etwa ein Jahr später gab der Beklagte der Klägerin nach entsprechender vorheriger Anhörung die Beseitigung der Werbetafeln mit der Begründung auf, es liege infolge der Inanspruchnahme öffentlichen Straßenlandes eine Sondernutzung vor.

Klage und Berufung hatten keinen Erfolg.

Aus den Gründen:

Gemäß § 22 Satz 1 StrWG NRW - in allen seit 1983 geltenden Fassungen - kann die für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Benutzung anordnen, wenn eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt wird. Die Benutzung der Straßen über den Gemeingebrauch hinaus ist nach § 18 Abs. 1 Satz 1 StrWG NRW unbeschadet des § 14 a StrWG NRW Sondernutzung. Nach Satz 2 der vorgenannten Bestimmung bedarf eine Sondernutzung der Erlaubnis der Straßenbaubehörde.

Die Werbetafeln der Klägerin ragen in den Luftraum über einer öffentlichen Straße hinein und stellen somit eine Sondernutzung dar. (wird ausgeführt)

Bei dieser Sachlage durfte der Beklagte der Klägerin die Beseitigung der Werbetafeln aufgeben. Die zwischen den Beteiligten maßgeblich streitige Frage, ob die Entfernung der Werbetafeln verfügt werden kann, obwohl sie baurechtlich genehmigt wurden, ist zu bejahen.

Die Straßenbaubehörde kann nach § 22 Satz 1 StrWG NRW grundsätzlich die Beseitigung einer ohne die erforderliche Sondernutzungserlaubnis angebrachten Werbetafel auch dann anordnen, wenn für diesen Werbeträger eine Baugenehmigung erteilt worden ist. Der Baugenehmigung kommt nach nordrhein-westfälischem Landesrecht keine Konzentrationswirkung zu, d.h. sie ersetzt nicht eine fehlende Sondernutzungserlaubnis.

Nach dem im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung geltenden 5 70 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW 1984 war die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Bestimmungen nicht entgegenstanden. Auf Grund anderer Vorschriften bestehende Verpflichtungen zum Einholen von Genehmigungen, Bewilligungen, Erlaubnissen und Zustimmungen oder zum Erstatten von Anzeigen ließ die Baugenehmigung gemäß Absatz 3 Satz 2 der vorgenannten Bestimmung unberührt. Mit diesen Regelungen wörtlich übereinstimmende Normen enthält nunmehr § 75 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 BauO NRW 1995/2000.

Prüfungsmaßstab bei Erteilung der Baugenehmigung ist das gesamte öffentliche Recht, soweit die Bauaufsichtsbehörde im Baugenehmigungsverfahren über das Vorhaben entscheiden muß. Dieser Prüfungsmaßstab steht der Bauaufsichtsbehörde allerdings nur insoweit zu, als sie überhaupt für die Entscheidung zuständig ist, soweit also im Baugenehmigungsverfahren über das Vorhaben entschieden werden darf und muß. Zwar mag die Baugenehmigungsbehörde auf Grund einer sog. "Vorprüfungskompetenz" eine Baugenehmigung versagen können, wenn sie erkennt, daß eine anderweitige Genehmigung oder Erlaubnis schlechthin nicht erteilt werden kann.

Vgl. etwa Schulte, in: Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Kommentar, Losebl.-Ausgabe (Stand: 1.1.2001), § 75 BauO NRW Rdnr. 75 m.w.N. aus der Rspr.

Ebenfalls wird die Baugenehmigungsbehörde eine Baugenehmigung wegen des Erfordernisses, daß "dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen", und infolge der durch Erteilung des Bauscheines bewirkten Baufreigabe eine Baugenehmigung (noch) nicht erteilen dürfen, wenn eine weitere Gestattung o.ä. nach dem jeweils einschlägigen Recht erforderlich ist, aber noch fehlt.

Zur sog. Schlußpunkttheorie: Schulte, a.a.O., § 75 BauO NRW Rdnr. 76 ff. (mit umfangreichen Nachweisen zum Meinungsstand).

Ob die Bauaufsichtsbehörde in dieser Situation die Baugenehmigung erteilen durfte oder die Entscheidung der für Sondernutzungsgenehmigungen zuständigen Stelle abzuwarten hatte, bedarf keiner Entscheidung. Nach § 70 Abs. 3 Satz 2 BauO NRW 1984/§ 75 Abs. 3 Satz 2 BauO NRW 1995/2000 läßt die Baugenehmigung die auf Grund anderer Vorschriften bestehende Verpflichtung zum Einholen von Genehmigungen, Bewilligungen, Erlaubnissen und Zustimmungen oder zum Erstatten von Anzeigen unberührt. Übersieht die Bauaufsichtsbehörde die für das Vorhaben erforderliche Genehmigung anderer Behörden, führt dies mit anderen Worten nicht zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung, weil die anderweitige Genehmigung weiterhin erforderlich bleibt, obwohl die Baugenehmigung erteilt worden ist.

Ständige Rechtsprechung; vgl. etwa OVG NRW, Beschluß vom 20.1.19.95 - 7 B 173/95 -, n.v., S. 2 f. des Beschlußabdrucks, und Urteile vom 27.7.1998 - 7 A 872/96 -, n.v., S. 9 des Urteilsabdrucks, sowie vom 19.2.2001 - 11 A 5502/99 -, n.v., S. 23 des Urteilsabdrucks.

Az.: II/1 660-00/1

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