Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 308/2010 vom 27.05.2010

Beratungspflicht bei Dichtheitsprüfungen

Aufgrund vermehrter Anfragen von Städten und Gemeinden weist der StGB NRW im Hinblick auf die Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen (§ 61 a Abs. 3 bis 6 LWG NRW) auf Folgendes hin:

1. Landesgesetzliche Unterrichtungs- und Beratungspflicht

Der Landesgesetzgeber hat die Gemeinden in § 61 a Abs. 5 Satz 4 LWG NRW verpflichtet, die privaten Grundstückseigentümer über die Pflicht zur Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen (§ 61 a Abs. 3 bis 7 LWG NRW) zu unterrichten und zu beraten. Es besteht also eine landesgesetzliche Pflicht der Städte und Gemeinden zur Beratung.

2. Finanzierung der Kosten

Die Kosten für diese Unterrichtungs- und Beratungspflicht (z.B. zusätzliches Personal, Informationsblätter usw.) können über die Schmutzwassergebühr abgerechnet werden (§ 53 c Satz 2 Nr. 1 LWG NRW), so dass allgemeine Haushaltsmittel zur Erfüllung der Unterrichtungs- und Beratungspflicht nicht eingesetzt werden müssen. Die Kosten können vielmehr über die Schmutzwassergebühr zu 100 % refinanziert werden. Dieses gilt auch für Personalkosten. Kostenträger ist in diesem Zusammenhang die Schmutzwasser-Gebühr, weil der Landesgesetzgeber eine Dichtheitsprüfung für solche privaten Abwasserleitungen vorgegeben hat, die Schmutzwasser führen und private Abwasserleitungen, die der getrennten Beseitigung von Niederschlagswasser dienen, von der Pflicht zur Dichtheitsprüfung ausgenommen sind (§ 61 a Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 LWG NRW). Vor diesem Hintergrund spielt es auch keine Rolle, ob sich eine Gemeinde in einem Haushaltssicherungskonzept befindet, weil der allgemeine Haushalt einerseits durch die Unterrichtungs- und Beratungskosten nicht zusätzlich belastet wird und zum anderen die landesgesetzliche Unterrichtungs- und Beratungspflicht (§ 61 a Abs. 5 Satz 4 LWG NRW) als Bestandteil der Abwasserbeseitigungspflicht (§ 53 Abs. 1 LWG NRW) anzusehen ist und damit als pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheit durch die Stadt/Gemeinde zu erfüllen ist.

3. Betrügerische Machenschaften und Schutz der Bürger 

In Anbetracht der in der Praxis festgestellten betrügerischen Machenschaften, empfiehlt es sich, die Grundstückseigentümer seitens der Gemeinde möglichst umfassend zu informieren, damit Betrüger keine Plattform mehr finden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass der Grundstückseigentümer in Fragen der Abwasserbeseitigung regelmäßig absoluter Laie ist und er Angebote von dubiosen Firmen im Zweifelsfall nicht richtig einordnen kann. In der Praxis ist es vorgekommen, dass einem Grundstückseigentümer eine kostengünstige Dichtheitsprüfung z.B. für 29,90 € an der Haustür angeboten wurde. Dann wurde dem Grundstückeigentümer eine gefälschte Video-Aufzeichnung von einer kaputten Abwasserleitung gezeigt und ihm vorgegaukelt, dass morgen der Staatsanwalt bzw. die Polizei vor der Tür steht (Straftatbestand der Gewässerverunreinigung - § 324 Strafgesetzbuch), wenn nicht sofort ein kostenträchtiger Sanierungsauftrag unterschrieben wird, der sogleich ausgeführt wird. Eine fachgerechte Dichtheitsprüfung kostet mindestens 250,00 €, was ein Grundstückseigentümer aber auch durch eine Information der Stadt/Gemeinde wissen sollte. Selbst die Anforderungen an Sachkundige, werden es aber nicht vollständig unterbinden können, dass Betrüger auch weiterhin ihr Unwesen treiben. Deshalb ist eine Unterrichtung und Beratung durch die Stadt/Gemeinde außerordentlich wichtig, damit Betrüger keinen Ansatzpunkt mehr finden.

Nach diesseitiger Einschätzung wird sich eine Stadt/Gemeinde den Vorwurf der Untätigkeit aussetzen, wenn Bürger betrogen worden sind und die Gemeinde dieses nicht durch rechtzeitige Unterrichtung und Beratung verhindert hat. Damit hätte die Stadt/Gemeinde zugleich die Chance vertan, ihren Bürgern durch  Unterrichtung und Beratung einen besonderen Kundenservice zu bieten. Gerade im Zeitalter der Finanzkrise und der großen Verunsicherung der Bürger, erwartet eine Vielzahl der Bürger klare und helfende Aktivitäten, gewissermaßen eine Richtschnur. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass die Unterrichtung und Beratung in den Städten und Gemeinden außerordentlich positiv durch die Bürger aufgenommen worden ist, weil die Gemeinde sich als „jemand“ darstellt, der sich kümmert und niemanden den sog. „Kanalhaien“ (Betrügern) überlässt.

Insoweit sollte jede Stadt oder Gemeinde auch mit einem klaren Konzept und Satzungen nach § 61 a Abs. 5 LWG NRW arbeiten. Mit den Satzungen kann zum einen die gesetzliche Frist bei bestehenden Abwasserleitungen (31.12.2015) außerhalb von Wasserschutzgebieten verlängert werden (§ 61 a Abs. 5 Satz 1 LWG NRW). Mit den Satzungen ist die Gemeinde zugleich gewissermaßen der „Ansager“, wann Dichtheitsprüfungen durchzuführen sind und jeder Grundstückseigentümer weiß dann, wann er tätig werden muss. Damit ist zugleich Betrügern die Plattform entzogen, denn ergibt sich aus der Satzung der Gemeinde, dass ein Grundstückseigentümer erst bis zum 31.12.2017 die Dichtheitsprüfung bei seinen privaten Abwasserleitungen durchführen muss, so braucht er bis dahin niemanden mehr die Haustür zu öffnen, der ihm hierzu irgendetwas verkaufen möchte.

4. Inhalt und Umfang der Unterrichtungs- und Beratungspflicht

Die Unterrichtung und Beratung umfasst in erster Linie die Bürger vor Betrügern zu schützen. Mit der Satzung zur Abänderung der Fristen für die Dichtheitsprüfung wird für jeden Grundstückseigentümer der zeitliche Grundstein dafür gelegt, wann er seine Pflicht erfüllen muss. Gleichzeitig sollte die Beratung zumindest beinhalten,

-         welche Abwasserleitungen zu prüfen sind (Schmutzwasserleitungen und Leitungen die Misch-Abwasser führen; ist der Grundstücksanschluss mit zu prüfen, weil er nicht zur öffentlichen Abwasseranlage gehört und die Gemeinde sich satzungsrechtlich die Prüfung des Grundstücksanschlusses im öffentlichen Verkehrsraum nicht vorbehalten hat)

-         welche Prüfmethoden es gibt (TV, Wasser, Luft) und welche Prüfmethoden die Gemeinde in der konkreten Straße für sinnvoll ansieht,

-         wie eine aussagekräftige Dichtheitsprüfungs-Bescheinigung aussehen sollte, die von der Gemeinde anerkannt wird und die zugleich eine verlässliche Plattform für Sanierungs-Maßnahmen sein kann

-         wann die Dichtheitsprüfungs-Bescheinigung bei der Gemeinde vorzulegen ist

-         wie der Grundstückseigentümer an Sachkundige als Prüfer kommt (Landes-Liste NRW beim LANUV NRW)

-         welche kostengünstige Sanierungs-Verfahren es im Einzelfall geben kann (z.B. Neubau einer neuen Leitung auf kürzestem Weg zum öffentlichen Kanal, wenn der genaue Leitungsverlauf der alten Leitung nicht bekannt ist oder diese unter der Keller-Bodenplatte liegt).

Auch eine Hilfestellung durch Hinweise auf kostengünstige Sanierungsverfahren sind wichtig, weil der Grundstückseigentümer durchgängig eine gewaltige Kostenlawine fürchtet, aber als absoluter Laie z.B. „Inliner-Sanierungsverfahren“ nicht kennen kann. Die Gefahr, dass ein allein gelassener Grundstückseigentümer bei der Sanierung deshalb buchstäblich Geld verbrennt, ist deshalb außerordentlich hoch und in der Praxis oftmals bereits zu beobachten gewesen. Nicht Gegenstand der Unterrichtungs- und Beratungspflicht ist allerdings die Ausarbeitung von konkreten Sanierungsplänen für das einzelne Grundstück. Die Unterrichtungs- und Beratungspflicht beschränkt sich damit auf eine „Hilfestellungs-Funktion (Ratgeber-Funktion)“. Eine sachgerechte Information erfordert aber auch Personal der Gemeinde, damit der Bürger „nicht in der Warteschleife hängt“. Erfreulich ist deshalb, dass inzwischen Städte und Gemeinden (z.B. Ahlen, Dinslaken, Erkrath, Geldern, Lüdenscheid, Overath) zusätzliches Personal eingestellt haben. Insgesamt empfiehlt es sich deshalb, das Thema mit einem klaren Konzept und entsprechenden Satzungen anzugehen (vgl. auch die Kurzabhandlung in der Zeitschrift Städte- und Gemeinderat 2010/Mai-Heft S. 24 f.).

 

Az.: II/2 24-30 qu-ko

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