Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 437/1996 vom 05.09.1996

Benutzungsgebühren: Urteil des OVG Münster zur quartalsbezogenen Kalkulation

Mit Urteil vom 3. Juni 1996 (Az.: 9 A 2473/93) hat das OVG Münster festgestellt, daß die Städte und Gemeinden weder durch Bundes- noch durch Landesrecht auf die Ausgestaltung der Abfallbeseitigungsgebühr als Jahresgebühr festgelegt sind. Vielmehr können sie im Rahmen ihres satzungsgeberischen Ermessens unter bestimmten Voraussetzungen in ihren Gebührensatzungen auch kürzere Zeiträume als ein Jahr wählen. Zwar nimmt das Gericht aufgrund des zu entscheidenden Falles nur auf die Abfallbeseitigungsgebühren Bezug. Allerdings ist davon auszugehen, daß diese Rechtsprechung analog auch auf andere Benutzungsgebühren übertragen werden kann.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Zu Beginn des Jahres 1990 wurde der Kläger durch Grundbesitzabgabenbescheide auf der Grundlage der Satzung über Abfallbeseitigung der Stadt E. zu Abfallbeseitigungsgebühren herangezogen. Mit Änderungssatzung vom 29.08.1990 beschloß der Rat der Stadt E. u.a. erhöhte Gebührensätze für Abfallbehälter ab dem 01.09.1990. Als Grund für die Erhöhung der bisher geltenden Gebührensätze wurden in der der Änderungssatzung zugrundeliegenden Gebührenbedarfsberechnung u.a. unerwartete Kostensteigerungen in mehrfacher Hinsicht benannt. Die Änderungssatzung wurde am 31.08.1990 im Amtsblatt der Stadt E. bekanntgemacht. Entsprechend der neufestgesetzten Gebührensätze zog die Stadt E. den Kläger durch Bescheid vom 12.10.1990 zu Nachforderungen heran.

Das OVG Münster hat diese Vorgehensweise für rechtmäßig erachtet und insoweit u.a. folgendes ausgeführt:

"Die Gemeinde ist weder durch Bundes- noch durch Landesrecht auf die Ausgestaltung der Abfallbeseitigungsgebühr als Jahresgebühr festgelegt, sondern kann im Rahmen ihres satzungsgeberischen Ermessens in ihrer Gebührensatzung auch kleinere Zeiträume als ein Jahr, etwa ein Quartal, wählen. Dabei geht der Senat davon aus, daß hinsichtlich der nach wie vor notwendigen Gebührenkalkulation der Periodengerechtigkeit genügt ist, wenn die jahresbezogenen Kosten gleichmäßig auf die dann maßgebenden kürzeren Zeitintervalle aufgeteilt werden. Praktikabilitätsgesichtspunkten im Hinblick auf die gebührensatzbezogenen Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG kann in diesem Fall dadurch Rechnung getragen werden, daß in der Gebührensatzung zu Beginn des Rechnungsjahres auf der Grundlage der Gebührenkalkulation die Gebührensätze für alle in dem Rechnungsjahr vorgesehenen Zeitintervalle im voraus festgesetzt werden und damit für jeden Benutzer (zunächst) feststehen. Treten dann in einem Zeitintervall - ausnahmsweise - nicht kalkulierte, unerwartete Kostensteigerungen auf, ist es der Gemeinde bei effektiver Überwachung der Kostenentwicklung und unter Ausschöpfung der nach der Gemeindeordnung für den Erlaß von Satzungen bestehenden Handlungsspielräume (vgl. § 60 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen idF. d. Bekanntmachung v. 14. Juli 1994, GV NW, S. 666) weitgehend möglich, diese Kostensteigerungen für das Folgeintervall durch eine Änderungssatzung mit einem entsprechend erhöhten Gebührensatz aufzufangen. Vertrauensschutz zugunsten des Gebührenpflichtigen steht dieser Änderung nicht entgegen, weil die Gebühr für das Folgeintervall vor dessen Beginn noch nicht entstanden ist und das Vertrauen des Gebührenpflichtigen lediglich vom Zeitpunkt der Entstehung der Abgabe an während des laufenden Intervalls Schutz vor einer nachträglichen Erhöhung der Abgabe genießt.

Vgl. OVG NW, Urteil v. 31. August 1990, - 9 A 2736/88 -, S. 15 u. 16 d. Entscheidungsabdrucks m.w.N.

Zuzugestehen ist, daß eine vollständige Erfassung und Umlegung etwaiger unerwarteter Kostensteigerungen auch mit dem oben dargelegten "Intervallsystem" nicht gewährleistet ist, da innerhalb des Intervalls auftretende Kostensteigerungen nicht mehr aufgefangen werden können; jedoch wird schon durch die Reduzierung des Prognosezeitraums auf das gegenüber dem Rechnungsjahr wesentlich kürzere Zeitintervall, etwa das Quartal, das Prognoserisiko so weit vermindert, daß sich die finanziellen Auswirkungen der verbleibenden Unwägbarkeiten in ihrer Quantität grundsätzlich unterhalb der Schwelle der zwingenden Gründe des allgemeinen Wohls bewegen und daher von der Gemeinde zu tragen sind.

Gründe, die einer sowohl vom Verwaltungs- als auch finanziellen Aufwand her praktikablen Handhabung dieses Systems entgegenstehen, sind nicht ersichtlich.

Die Gebührenerhebung selbst kann - wie bisher - durch einen Bescheid am Jahresanfang erfolgen, in dem etwa die erste Quartalsgebühr bereits festgesetzt und auf die übrigen Quartalsgebühren nach § 6 Abs. 4 KAG Vorausleistungen oder insgesamt lediglich Vorausleistungen erhoben werden. Dabei können ggf. auch bisher quartalsweise festgelegte Zahlungstermine als solche bestehen bleiben. Erforderlich bleibt danach ein Bescheid über die endgültige Gebührenfestsetzung, der aber im Regelfall mit dem für das Folgejahr zu erlassenden Gebührenbescheid zusammengefaßt werden kann."

Az.: V/3-904-70

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